Ralph Kampwirth von Lichtblick: „Der Vergleich der zahlreichen Ladesäulentarife gleicht einer Doktorarbeit für Statistiker. Für Verbraucher ist dieser Tarifdschungel nicht zu durchschauen.“ ©Bild: Lichtblick

Laut Lichtblick ist der Systemwechsel hin zu verbraucherfreundlichem Laden in Deutschland leicht zu realisieren. ©Bild: Lichtblick

Ladesäulencheck 2020: Strom tanken ist in Deutschland nach wie vor ein Abenteuer

(PM) Unterwegs Strom laden bleibt auch 2020 für die Mehrzahl der E-Auto-Fahrer in Deutschland eine Zumutung: Die Tarife sind undurchsichtig. Es gibt eine Vielzahl an Abrechnungsverfahren. Und der Zugang zu den rund 30‘000 öffentlichen Strom-Zapfsäulen im Land ist kompliziert. Das geht aus dem vierten Ladesäulencheck des Ökostromanbieters Lichtblick hervor.


„Trotz zunehmender Kritik von E-Auto-Fahrern und Politik: Verbraucherfreundlichkeit ist an Deutschlands Ladesäulen weiter Fehlanzeige. Die Zustände an den Stromtankstellen sind eines der grössten Hindernisse für eine grüne Verkehrswende. Dabei wäre ein Systemwechsel hin zu Wettbewerb und Transparenz einfach möglich“, so Ralph Kampwirth, Unternehmenssprecher von Lichtblick. Gemeinsam mit dem Datendienstleister Statista hat Lichtblick die Tarife von 14 Anbietern unter die Lupe genommen. Auch die Angebote von 2 Roaminganbietern sind Teil der Analyse. „Das Resultat ist leider ernüchternd: Gegenüber den Vorjahren sind kaum Fortschritte zu verzeichnen“, resümiert Kampwirth.

Undurchsichtiger Tarifdschungel
„Der Vergleich der zahlreichen Ladesäulentarife gleicht einer Doktorarbeit für Statistiker. Für Verbraucher ist dieser Tarifdschungel nicht zu durchschauen“, so Kampwirth. Wer unterwegs Strom laden will, erfährt meist erst später mit der Abrechnung den wirklichen Preis. Und der kann erheblich variieren, wie der Vergleich für eine 100-Kilometer-Stromladung eines BMW i3 an einer Standard-Ladesäule (AC) zeigt.

Teurer als Haushaltsstrom
Zum Haushalts-Strompreis würde die Ladung 4.73 Euro (31.5 Cent pro kWh) kosten. An der Ladesäule ist es fast immer teurer. Die untersuchten Anbieter verlangen zwischen 4.80 Euro (32 Cent/kWh, Stadtwerke Dresden) und 7.75 Euro (52 Cent/kWh, Eon). In Hamburg fallen 6.66 Euro (44 Cent/kWh, Stromnetz Hamburg) an und in Berlin 6.00 Euro (40 Cent/kwh, Allego). Bei zwei Anbietern können E-Auto-Fahrer kostenlos laden – offenbar lohnt sich der Abrechnungsaufwand noch nicht.

Hohe Preise fallen auch für den Strom an Schnellladesäulen (DC) an. Hier verlangen die Anbieter zwischen 48 Cent (EWE, ENBW) und 77 Cent (Ionity) pro Kilowattstunde. Vier der untersuchten Anbieter verlangen Pauschalpreise von 5.56 Euro (Stadtwerke Düsseldorf) bis 14.49 Euro (Comfortcharge) pro Ladevorgang. Gerade wenn man nur wenige Kilowattstunden lädt, geht das ins Geld. Zudem berechnen einige Betreiber Zusatzgebühren für jeden Ladevorgang.

Aufpreis fürs Roaming
Noch teurer ist in der Regel das Roaming, also das Laden über Drittanbieter: Lädt ein E-Auto-Fahrer an einer Eon-Ladesäule mit dem Dienstleister New Motion, zahlt er 8.69 Euro für 100 Kilometer Reichweite (statt 7.75 Euro beim Betreiber). Der Preis ist höher als die Kosten einer vergleichbaren Tankfüllung für einen Benziner, die mit 7.50 Euro zu Buche schlägt.

Komplizierte Anmeldung
Eine grosse Hürde für E-Auto-Fahrer und Fahrerinnen ist der oft komplizierte Zugang zu den Ladesäulen. Wer zwischen Flensburg nach München in unterschiedlichen Regionen sein E-Mobil laden will, muss sich eine Vielzahl von Apps oder Ladekarten besorgen und sich jeweils registrieren. Roaming-Dienstleister lösen dieses Problem, indem sie eine Karte für zehntausende Ladepunkte anbieten. Sie lassen sich diesen Service durch teils kräftige Aufschläge bezahlen. Und das Tarifchaos bleibt.

Die Lösung: Wettbewerb an der Ladesäule
Lichtblick fordert deshalb eine grundlegende Reform der Ladesäulen-Infrastruktur. Künftig sollen öffentliche Strom-Zapfsäulen allen Versorgern zur Verfügung stehen. Diese zahlen dafür ein Nutzungsentgelt an die Betreiber. Der Vorteil: Verbraucher wählen unter den wettbewerblichen Fahrstrom-Angeboten vieler Versorger – und können dann zu dem Tarif ihres Wahlanbieters an jeder öffentlichen Ladesäule tanken. „Das neue System schafft Transparenz, faire Preise und ermöglicht auch unterwegs ein einfaches Laden des Elektroautos“, erläutert Kampwirth.

Behörden machen Druck
In den letzten Monaten ist Bewegung in die Debatte gekommen. Die deutsche Bundesnetzagentur will es Versorgern technisch ermöglichen, Stromtarife an allen öffentlichen Zapfsäulen anzubieten (siehe ee-news.ch vom 23.6.2020 >>). Und das deutsche Bundeskartellamt untersucht seit Juli den Ladesäulenmarkt (siehe ee-news.ch vom 20.7.20 >>). Der Grund: Immer mehr Verbraucher beschweren sich über fehlenden Wettbewerb und hohe Preise.

Lichtblick-Hintergrundinfo zum Ladesäulencheck >>

Text: SE Lichtblick

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