Die Studie zeigt: Der Stilllegungsentscheid von Mühleberg war sehr besonderen Umständen geschuldet, die sich nicht so schnell wiederholen werden. Der Atomausstieg in der Schweiz bleibt weiter Ferne. ©Bild: SES

SES-Studie: Die Stilllegung des Atomkraftwerks Mühleberg ist ein Spezialfall

(SES) Am 20. Dezember hat die BKW ihr Atomkraftwerk Mühleberg vom Netz genommen (siehe ee-news.ch vom 19.12.2019 >>). Und wann gehen die weiteren Atomkraftwerke der Schweiz vom Netz? Die Schweizerische Energie-Stiftung SES ist der Frage nachgegangen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die Stilllegung eines Atomkraftwerks beschlossen wird.


Neben der langfristigen Unternehmensstrategie ist ausschlaggebend, dass die Stilllegung kostengünstiger kommt als der Weiterbetrieb.

Die Gründe für die Stilllegung Mühlebergs
Die SES hat in einer Studie die Situation der BKW im Jahr 2013 analysiert und folgende massgeblichen Faktoren für den Stilllegungsentscheid ermittelt:

– Die Investitionskosten für den Weiterbetrieb waren angesichts der Aussichten am Strommarkt zu hoch.

– Die Strompreisprognosen liessen bis mindestens 2019 kaum Gewinne erwarten.

– Die beiden Volksinitiativen «Mühleberg vom Netz» (Kanton Bern) und «Für den geordneten Atomausstieg» (national) drohten aus Sicht der BKW einen unkontrollierten Stilllegungsprozess auszulösen.

– Das Ensi akzeptierte den Vorschlag der BKW anstelle teurer Nachrüstungen provisorische und günstigere Massnahmen umzusetzen, um Mühleberg bis 2019 statt 2017 weiterzubetreiben.

– Anders als die Axpo oder die Alpiq besitzt die BKW nur das AKW Mühleberg (mit Ausnahme einer kleinen Beteiligung am AKW Leibstadt) und dies zu 100 %. Die BKW konnte dadurch schneller und eigenständig ihre Strategie ändern und den Atomausstieg beschliessen.


Wieso bleibt das noch ältere AKW Beznau am Netz?
Die Studie durchleuchtet die unterschiedliche Ausgangslage für das ungefähr gleich alte AKW Beznau:

– Die Besitzerin Axpo hatte bereits 2008 Nachrüstungen für das AKW Beznau I und II in der Höhe von 700 Millionen beschlossen, um dieses bis Mitte der 2020er-Jahre zu betreiben. 2008 lautete der Plan noch, die beiden alten Reaktoren durch ein modernes Beznau III abzulösen.

– Es ist davon auszugehen, dass die hohen Nachbetriebskosten und Abschreiber in der Bilanz für das heutige Axpo-Management grosse Anreize bilden, die Stilllegung in die Zukunft zu verschieben.

– Die Axpo ist neben dem AKW Beznau auch am AKW Gösgen und Leibstadt in grösserem Umfang beteiligt. Die Atomkraft ist deshalb fest in der Unternehmensstrategie verankert, selbst Jahre nach Fukushima und trotz niedrigen Strompreisen. Eine frühzeitige Stilllegung würde sich auch auf die anderen AKW auswirken. Die Axpo verfolgt deshalb vielmehr das Ziel, 60 Betriebsjahre zum Standard zu machen.

– Sowohl die BKW als auch die Axpo gehören mehrheitlich der öffentlichen Hand. Doch anders als die BKW, die mehrheitlich dem Kanton Bern gehört, sind die Eigentümer der Axpo verschiedene Nordostschweizer Kantone und andere kantonale Stromkonzerne, was die politische Einflussnahme in jeglicher Hinsicht deutlich erschwert.


Stilllegung oder Langzeitbetrieb
Die Stilllegung des AKW Mühleberg bleibt damit ein Spezialfall und der Atomausstieg in der Schweiz in weiter Ferne. «Nach Fukushima standen die AKW-Betreiberinnen vor der Entscheidung: Entweder die teure Stilllegung in Angriff nehmen oder trotz hohen Kosten für Nachrüstungen in den Langzeitbetrieb übergehen. Einzig die dritte Option, der Bau neuer AKW, hat die Politik verunmöglicht. Die BKW ging den einen Weg, die Axpo den anderen. Der Stilllegungsentscheid von Mühleberg war sehr besonderen Umständen geschuldet, die sich nicht so schnell wiederholen werden», sagt Simon Banholzer, Leiter Fachbereich Atomenergie und Hauptautor der Studie.

SES-Studie: Treiber für Stilllegungsentscheide in der Schweizer Atomindustrie >>

Text: Schweizerische Energie-Stiftung SES

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1 Kommentare

Max Blatter

"Wann gehen die weiteren Atomkraftwerke der Schweiz vom Netz?" Wenn die Zeit dafür gekommen ist! Das funktioniert in der Schweiz recht gut, weshalb sie in Sachen CO2-Ziele auf Kurs ist; im Gegensatz etwa zu Deutschland, wo der AKW-Ausstieg einseitig forciert wurde.

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