Patrick Graichen zum deutschen Klimapaket: „Insbesondere die vorgeschlagene CO2-Bepreisung ist ein schlechter Scherz: Die 10 Euro pro Tonne CO2 entfalten keinerlei Lenkungswirkung, und die jährliche Anhebung ist … homöopathisch.“

Nach der Entscheidung des Klimakabinetts: Mutlose deutsche Bundesregierung torpediert Ausbau erneuerbarer Energien weiter

(PM) Von einem grossen Wurf für mehr Klimaschutz, für den hunderttausende Menschen in Deutschland am 20. September auf die Strasse gegangen sind, sei das Paket der deutschen Bundesregierung meilenweit entfernt, kritisiert Simone Peter, Präsidentin des deutschen Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). „Die vielen kleinteiligen Ansätze reichen bei weitem nicht aus, um die deutschen Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ziele zu erreichen. Ein Einstiegspreis von lediglich 10 Euro für CO2 ist ein Offenbarungseid für die Mutlosigkeit der Bundesregierung“, fährt Peter fort.


So könne die CO2-Bepreisung keine ökologische Lenkungswirkung entfalten, stattdessen zementiere sie die Subventionen für fossile Energieträger und werde den tatsächlichen Kosten, die CO2 verursacht, nicht im Ansatz gerecht. „Damit blieben saubere Technologien weit unter ihren Möglichkeiten“, erklärt die BEE-Präsidentin.

Wettbewerbsvorteile für Fossile und drohende Ökostromlücke
Das Klimakabinett kann nicht schlüssig darlegen, wie die Energieversorgung künftig aufgestellt und die Versorgungssicherheit gewährleistet sein soll. Die Annahmen gehen von einem deutlich zu niedrigen Stromverbrauch aus, da der Bedarf an sauberem Strom durch Power-to-X, Elektromobilität und Erneuerbarer Wärme steigen wird. „Mit den heutigen Ankündigungen wird das 65-%-Ausbauziel zur Makulatur“, so die BEE-Präsidentin. Im Stromsektor sieht die deutsche Bundesregierung gar keine CO2-Bepreisung jenseits des Europäischen Emissionshandels vor. Da dieser nur einen kleinen Bruchteil der CO2-Kosten abdeckt, bleiben die Wettbewerbsvorteile für fossile Energieträger bestehen – allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz. „Es droht eine Ökostromlücke, die den Industriestandort Deutschland bedroht“, befürchtet Peter.

Zwar sei es erfreulich, dass der 52GW-Deckel für Photovoltaik endlich gestrichen wird. Unklar bleibe jedoch, in welchem Umfang Photovoltaik ausgebaut werden soll. Völlig offen sei auch, ob mit dem Massnahmenpaket die ebenfalls gewaltigen Potenziale der Solarthermie für die Raum- und Prozesswärme gehoben werden.

Pauschale Abstandsregelungen schränkt Ausbau der Windenergie ein
Unter dem Vorwand fehlender Akzeptanz habe das Klimakabinett pauschale Abstandsregelungen für die Windenergie an Land festgelegt, die die Flächenkulisse massiv beschneiden. Das werde den Ausbau der Windenergie weiter einschränken. Die Anhebung der Offshore-Ziele von 15 GW auf 20 GW könne den drohenden Einbruch der Onshore Windenergie, bei der die vorgesehenen Ausbauziele im Konzept überhaupt keine Erwähnung fänden, in keiner Weise abfedern. „Eine wichtige Stütze der Energiewende wird so entgegen aller Beteuerungen in Gefahr gebracht. Das gefährdet nicht nur die Klimaziele 2030, sondern auch einen innovativen Industriestandort.“

Aus Sicht der Bioenergie sei zwar die Ausweitung der Güllevergärung in Biogasanlagen zu begrüssen, allerdings biete die Bioenergie noch deutlich mehr Potenziale. Um deren Klimaschutzbeitrag zu stabilisieren, fehle es an zentralen Massnahmen, besonders in Bezug auf das 65-Prozent-Ziel im Stromsektor. Ebenso werde die Chance versäumt, durch eine ambitionierte Anhebung der Treibhausgasminderungsquote mit Biokraftstoffen und E-Mobilität die Verkehrswende endlich auf die Strasse zu bringen.

Impulse für Wärmesektor fehlen
Für den Wärmesektor fehlten im Konzept wirksame Impulse, um den Umstieg auf Erneuerbare Energien anzureizen. „Dass es bis 2025 möglich bleiben soll, neue klimaschädliche Ölheizungen zu installieren, steht in direktem Widerspruch zu der Ankündigung, fossile Energieträger zu verteuern“, so Peter. „Auf keinen Fall dürfen rein fossile Heizungen weiterhin staatlich gefördert werden. Mit modernen Holzfeuerungen, Wärmepumpen und Solarthermieanlagen stehen seit Jahren bereits erneuerbare Technologien für Heizungstausch und Neubau bereit.“

Auch im Verkehrsbereich reichten Förderprogramme und eine minimale CO2-Bepreisung nicht aus, um eine Mobilitätswende einzuleiten. Der geplante CO2-Preis für Diesel und Benzin liege unterhalb der täglichen Preisschwankung an Tankstellen, gleichzeitige soll die Pendlerpauschale erhöht werden. „So wird der Umstieg auf saubere Treibstoffe und Antriebe weiter verzögert“ so Peter.

Rückschritt für die Energiewende
„Anstatt eines neuen Aufbruchs ist dieser kleinteilige Kompromiss ein deutlicher Rückschritt für die Energiewende und eine herbe Enttäuschung für alle, die seit Monaten für mehr Klimaschutz auf die Strasse gehen. Und auch für die Unternehmen, die endlich Planungssicherheit für den Ausbaupfad bis 2030 brauchen, ist das vorgelegte Klimapaket völlig unzureichend. Eine lange Nacht ohne Schlaf bringt noch längst kein gutes Ergebnis für Klima und Standort", so Peter abschliessend.

Patrick Graichen: CO2-Bepreisung ist ein schlechter Scherz
Auch für Patrick Graichen, Direktor Agora Energiewende, ist das Klimapaket ist erschreckend kraft- und mutlos. Er erklärt: „Insbesondere die vorgeschlagene CO2-Bepreisung ist ein schlechter Scherz: Die 10 Euro pro Tonne CO2 entfalten keinerlei Lenkungswirkung, und die jährliche Anhebung ist so homöopathisch, dass das kaum mehr als die Inflationsentwicklung ist. Auch bei dem Ausbau der Erneuerbaren gibt es keinerlei Fortschritte – im Gegenteil werden die Bedingungen für Windkraftanlagen verschlechtert. So werden die 2030-Klimaschutzziele definitiv nicht erreicht.“

Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 (Fassung nach Klimakabinettt) >>

Text: Deutscher Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. (BEE), Agora Energiewende

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