V.l.n.r. Andreas Balthasar (Präsident Leitungsgruppe NFP 71), Walter Steinlin (Präsident KTI), Walter Steinmann (Direktor BFE), Tony Kaiser (Präsident CORE) und Hans-Rudolf Schalcher (Präsident Leitungsgruppe NFP 70). ©Bild: T. Rütti

Die 10. Energieforschungskonferenz wurden am 14. und 15. April 2016 in Anwesenheit von rund 240 Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Verwaltung im Luzerner KKL abgehalten. ©Bild: T. Rütti

In einer Poster-Ausstellung und anhand von Facts-Sheets zeigte das Bundesamt für Energie (BFE), wie es sich möglichst zielführende Projekte und Konzepte der Energieinnovation vorstellt. ©Bild: T. Rütti

Für Dr. Steinmann «stellt die Fähigkeit zur Entwicklung neuer Ideen und deren Umsetzung im Markt einen wesentlichen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft dar». ©Bild: T. Rütti

Energieforschung: Im aktuellen Kontext zur Energiewelt von morgen

(©TR) «Von der Invention zur Innovation»: Unter dieser Parole versammelt die 10. Energieforschungskonferenz am 14. bis 15. April 2016 in Luzern rund 240 Vertretern aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Verwaltung, um Strategien, Schwerpunkte und Ergebnisse der Energieforschung zu diskutieren. Organisiert wurde dieser Jubiläumsanlass vom Bundesamt für Energie gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF, der Eidgenössischen Energieforschungskommission CORE und der Kommission für Technologie und Innovation KTI.


Erste Ergebnisse der Nationalen Forschungsprogramme «Energiewende» (NFP 70) und «Steuerung des Energieverbrauchs» (NFP 71) sowie die aus der Umsetzung des Aktionsplans «Koordinierte Energieforschung Schweiz» hervorgegangenen acht «Swiss Competence Centers for Energie Research» (SCCER): Diese Hauptakzente bildeten das Programm der 10. Energieforschungskonferenz, das am vergangenen Donnerstag und Freitag in Anwesenheit von rund 240 Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Verwaltung im Luzerner KKL abgehalten wurde. Vorgestellt wurde zudem das von der Eidgenössischen Energieforschungskommission (CORE) erarbeitete Konzept «Energieforschung des Bundes für die Jahre 2017 - 2020».

Projekte und Konzepte
Walter Steinmann (Direktor BFE), Walter Steinlin (Präsident KTI), Tony Kaiser (Präsident CORE), Andreas Balthasar (Präsident Leitungsgruppe NFP 71) und Hans-Rudolf Schalcher (Präsident Leitungsgruppe NFP 70) stellten ihre Ausführungen selbstverständlich in einen aktuellen Bezug zu den geltenden Rahmenbedingungen der Energieforschung und zum Energieforschungskonzept. In einer Poster-Ausstellung und anhand von Facts-Sheets zeigte das Bundesamt für Energie (BFE), wie es sich möglichst zielführende Projekte und Konzepte der Energieinnovation vorstellt. Für Dr. Steinmann «stellt die Fähigkeit zur Entwicklung neuer Ideen und deren Umsetzung im Markt einen wesentlichen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft dar». Der Schlüssel hierzu liege in der Forschung, die am Anfang neuer Erkenntnisse und Ideen stehe, aus denen innovative und konkurrenzfähige Produkte entstünden. Müssig zu erwähnen, dass das BFE dabei die zentral wichtigen Aufgaben übernimmt. Forschungsziele und Meilensteine der Projekte sowie Markteinführungen neuer Technologien lassen sich dank Innovation Roadmaps optimal koordinieren.

Unabhängig von den politischen Diskussionen
Die beiden Nationalen Forschungsprogramme NFP 70 «Energiewende» und NFP 71 «Steuerung des Energieverbrauchs» wollen zur erfolgreichen Umsetzung der Energiestrategie 2050 einen entscheidenden Beitrag leisten. Das NFP 70 befasst sich vor allem mit den naturwissenschaftlich-technischen Aspekten der Energiewende und der Umsetzung des neuen Energiesystems im gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umfeld der Schweiz. Das NFP 71 fokussiert auf die Untersuchung der Möglichkeiten, Effizienz- und Suffizienz-Potenziale in der Energienutzung von privaten, gewerblichen und öffentlichen Energiebezügern durch Steuerungsmassnahmen auszuschöpfen. Die Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und die Leitungsgruppen der beiden NFP sind sich laut Andreas Balthasar (Uni Luzern) und Hans-Rudolf Schalcher (ETH Zürich) bewusst, «dass im Rahmen dieser zwei Forschungsprogramme trotz bedeutender finanzieller Mittel nicht alle relevanten Forschungsfragen angegangen werden können». Von den über 350 eingereichten Forschungsskizzen wurden in einem zweistufigen, internationalen Evaluationsprogramm 15 Verbundprojekte und 7 Einzelprojekte für das NFP 70 und 19 Einzelprojekte für das NFP 71 ausgewählt.

Voraussetzungen zur Bearbeitung von Forschungsfragen

Bei der Beurteilung der Projekte standen der erwartet Beitrag an die Umsetzung der Energiestrategie 2050 und die wissenschaftliche Qualität im Vordergrund. Prof. Balthasar und Prof. Schalcher sind überzeugt, «mit dieser Auswahl die Voraussetzungen zur Bearbeitung von wichtigen und ambitionierten Forschungsfragen geschaffen zu haben». In den kommenden Jahren werden nun über 300 Wissenschaftler ihr Ideen umsetzen. Wörtlich: «Dabei ist zu betonen, dass der Bedarf an neuen Erkenntnissen und innovativen Lösungen für die Weiterentwicklung unseres Energiesystems unabhängig ist von den politischen Diskussionen über den zukünftigen Energiemix sowie über die Finanzierung und den Zeitplan der unvermeidbaren Veränderungen.»

CORE: Der Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz» 

Alle vier Jahre präsentiert die Eidgenössische Energieforschungskommission CORE das aktuelle Forschungskonzept des Bundes. Tony Kaiser zufolge berät die CORE mit diesen Konzepten seit über 30 Jahren den Bundesrat für jene Energieforschung, die durch die öffentliche Hand finanziert wird. Die 15 CORE-Mitglieder, quasi die Stakeholder der angewandten Energieforschung in der Schweiz, kommen aus den verschiedensten Sparten: aus den universitären Hochschulen, von den Fachhochschulen, aus Industrie und Energiewirtschaft - Strom, fossile Energie, Maschinenindustrie - und Verwaltung. Vertreten sind auch die kantonalen Energiedirektoren. Besondere Aktualität haben die CORE und ihre Empfehlungen in den letzten 5 Jahren erhalten, als es darum ging, im Auftrag des Bundesrates einen Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz» auszuarbeiten, mit dem die Umsetzung der neuen Energiepolitik unterstützt werden soll.

Von fünf sind vier Kapitel technischer Natur

Das jeweils für eine Legislaturperiode gültige Energieforschungskonzept des Bundes definiert jeweils eine Vision für die Energieforschung und stellt dabei die Empfehlung in fünf Kapiteln dar. Die aktuelle Vision laut Dr. Kaiser: «Die Schweizer Energieforschung leistet einen Beitrag zur effizienten und emissionsarmen Umwandlung, Speicherung, Bereitstellung und Verwendung von Energie. Sie fördert dadurch eine sichere, ökonomisch und ökologisch tragbare Energieversorgung. Zudem unterstützt sie eine effektive Energiepolitik.» Von den fünf Kapiteln sind vier technischer Natur. Es sind dies die Energiesysteme der Zukunft, Wohnen & Arbeiten der Zukunft, Mobilität der Zukunft sowie Prozesse der Zukunft. Das fünfte Kapitel enthält als Querschnittsthema sozialwissenschaftliche Fragestellungen und Empfehlung. Das jährliche Budget für die angewandte Energieforschung betrug 2014 CHF 306 Mio.; die öffentlichen Mittel für die Energieforschung sind seit 2010 entsprechend der aktuellen Bedeutung von Energiefragen für Umwelt und Politik um knapp 50% gestiegen. Hauptakteure sind die beiden ETHs in Zürich und Lausanne sowie die ETH-Forschungsinstitute PSI und AMPA mit zusammen etwa 70% des Budgets. Die Fachhochschulen tragen etwa 15% zu den Energieforschungsaktivitäten bei und die kantonalen Universitäten etwa 5%.

SCCER
– ein neues Förderkonzept
KTI-Präsident Walter Steinlin zufolge wurden mit Erfolg acht SCCER geschaffen – das Kürzel steht für «Swiss Competence Centers for Energie Research». Die SCCER erforschen und entwickeln Lösungen, die skalierbar und möglichst verträglich sind und nahtlos von der Industrie übernommen werden können. Hierbei geht es um eine nachhaltige Gebäudetechnik, effiziente Industrieprozesse, die elektrische Infrastruktur, die Energiespeicherung und die Energieversorgung. Aber auch um Ökonomie, Umwelt, Recht und Verhalten sowie um Mobility und um Energie aus Biomasse. Involviert sind 25 Schulen (ETHs, Uni, Fachhochschulen) und Forschungszentren. Und so präsentiert sich das SCCER-Portfolio der Kommission für Technologie und Innovation zum heutigen Zeitpunkt. Beteiligt sind 1‘073 Forschende; 419 Stellen sind allein 2015 neu hinzugekommen. Über 500 Kooperationen (379 Firmen und 123 öffentliche Institutionen) erzeugen erste Wirkungen: 582 Projekten, 80 Prototypen, Pilotanlagen und Demonstrationen, 55 Produkte- und Prozess-Innovationen, 32 angemeldete Patente sowie 7 Spin-offs. Laut Chairman Steinlin besteht SCCER im Grunde genommen aus virtuellen Organisationen aus sehr vielen Institutionen zu einem Thema: Energie, wobei die Finanzierung durch durch die KTI geschieht. Diese Kommission versteht sich somit als die Förderagentur des Bundes für Innovationen; durch Beratung, Netzwerke und eben finanzielle Mittel stützt sie die Enstehung wirtschaftlicher Lösungen aus wissenschaftlicher Forschung.

BFE-
Leuchtturm-Projekte aus der Energieforschung

  • Das Empa-Projekt NEST ist eine modulare Forschungs- und Demonstrationsplattform des Empa-Eawag-Campus für zukunftsträchtige Bau- und Gebäudetechnologien, Energieeffizienz im Bau, Betrieb und Rückbau. Als «Zukunftslabor» zum Leben und Arbeiten erlaubt es, neuartige Materialien und Komponenten sowie innovative Systeme unter Alltagsbedingungen zu testen und weiter zu entwickeln.
  • Für das Hunziker-Areal der Zürcher «Baugenossenschaft mehr als wohnen» wird der Energieverbrauch der Siedlung und ihrer Bewohner detailliert erfasst und im Betrieb optimiert. Bei diesem Projekt wird unter anderem der Heizenergieverbrauch durch eine vorausschauende selbstoptimierende Anpassung der Heizkurve minimiert sowie die Stromeffizienz, die Raumluftqualität und die thermische Behanglichkeit systematisch gemessen, ausgewertet und fortwährend verbessert.
  • Für den Ausgleich von Strom-Angebot und –Nachfrage - so zitieren wir Regio Energie Solothurn - ist eine intelligente Vernetzung von dezentralen und zentralen Quellen und Speichern unabdingbar. Das Hybridwerk Aarmatt bei Solothurn nutzt dafür die Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärme-Netze. Herzstück der Anlage ist ein Elektrolyseur, welcher überschüssig produzierten Solarstrom in Wasserstoff umwandeln und so im Erdgasnetz speicherbar machen soll.
  • Im Walliser Reka-Feriendorf Blatten-Belalp wird  der Hochschule Luzern zufolge ein innovatives Energiekonzept umgesetzt, das neue Lösungen für die Speicherung und saisonale Verschiebung von Energie aufzeigt. Die im Sommer gewonnene Solarwärme wird im Untergrund gespeichert und kann im Winter mit Wärmepumpen wieder verfügbar gemacht werden.
  • Bei der Sanierung von zwei Wohnblocks der Wohnbaugenossenschaft «La Cigale» in Genf handelt es sich um die grösste Gebäudeerneuerung nach dem Energieeffizienzstandard Minergie-P, die in der Schweiz je realisiert wurde. Dank kondquenter Wärmedämmung und einem innovativen Heizsystem mit integriertem Eisspeicher stammt gemäss der Energie Solaire SA der grösste Anteil der Heizenergie und Brauchwasser aus solarem Ursprung.
  • TOSA ist laut Etat de Genève ein 100% elektrisch betriebener Bus, der im Netz der Genfer Verkehrsbetriebe eingesetzt werden soll, der im Vergleich zu normalen Trolleybussen ohne Oberleitungen auskommt. Bei TOSA wird mit einer sogenannten «Flash»-Ladetechnologie die Batterie innert 20 Sekunden an den Bushaltestellen sowie an den Endhaltestellen während der Wartezeit von vier bis fünf Minuten wieder vollständig geladen.

Weitere Projekte (Nicht-BFE-Leuchtturmprojekte)

  • 18 Tonnen-Elektro-LKW: Gemäss der Eforce one AG setzen zwei Detailhändler im Rahmen eines Pilotprojektes seit 2013 respektive 2014 einen Elektrolastwagen der Firma E-Force One für die Feindistribution ihrer Waren ein. Einer der eingesetzten Lastwagen ist zusätzlich mit Photovoltaik-Modulen ausgestatten, deren Ertrag für den Betrieb der Kühlaggregate genutzt wird. Das Projekt soll zeigen, wie viel Energie nd Betriebskosten im Vergleich zu einem Diesellastwagen eingespart werden können.
  • Das iHomeLab-Team erforscht wie dank intelligenten Gebäuden beispielsweise der Energieverbrauch gesenkt oder älteren Menschen ein längeres Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden kann. Die Resultate der Forschungsprojekte werden im iHomeLab präsentiert und auf verständliche Weise erklärt.
  • Swiss Inno HJT ist eine innovative Produktionsanlage für verbesserte PV-Zellen basierend auf der Silikon-Heterojunction-Technologie (HJT). Die Testanlage in Hautrive soll beweisen, dass sich HJT-Solarzellen im industriellen Massstab mit Spitzenwirkungsgraden und hohem Energieertrag fertigen lassen, so die Meyer Burger Technology AG.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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