Daniele Ganser: „Das konventionelle Erdöl hat 2006 bei 70 Millionen Fass pro Tag das Fördermaximum Peak Oil erreicht. Schon seit mehr als sechs Jahren befinden wir uns auf diesem Plateau.“ Bild: Basile Bornand

Daniele Ganser: Peak Oil ist beim konventionellen Erdöl erreicht

(©DG) Erneut liegt ein turbulentes Jahr hinter uns. Als ich im Jahre 2006 das ASPO Präsidium übernommen habe, sprach noch kaum jemand über Peak Oil. Heute zählt die ASPO Schweiz über 400 Mitglieder. Der Begriff Peak Oil taucht in den Medien öfters auf. Nun ist für mich die Zeit gekommen als Präsident zurückzutreten. Mit dem neu gegründeten Swiss Institute for Peaceand Energy Research (SIPER) in Basel werde ich aber auch in Zukunft den globalen Kampf ums Erdöl und mögliche Alternativen genau untersuchen.


Erdöl ist endlich, die Kriege sind real

Bei immer mehr Menschen verfestigt sich die Einsicht, dass Erdöl endlich ist und dass unser täglicher Verbrauch von 88 Millionen Fass längerfristig nicht stabilisiert werden kann. Erdölkriege wie im Irak 2003 haben mehr als 100'000 Tote gefordert. Und auch der Klimawandel zeigt deutlich: Wir sollten das Erdöl verlassen, bevor es uns verlässt.

Die Weltbevölkerung wächst

Der rasante demographische Wandel wird uns zwingen, auf Effizienz und erneuerbare Energien zu setzen, denn nur diese sind unendlich vorhanden. In den letzen 200 Jahren ist die Weltbevölkerung von einer auf heute 7 Milliarden angestiegen. Das Wachstum basierte bisher auf den nicht erneuerbaren Energieträgern Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomenergie. Die Chinesen und Inder wollen, was wir schon haben: Ein Auto, einen Kühlschrank, vier beheizte Räume, fünfmal Fleisch in der Woche und einen Langstreckenflug pro Jahr. All das braucht aber Energie. Doch das Angebot ist beim konventionellen, billigen Erdöl knapp.


Peak beim konventionellen Erdöl
Als der britische Erdölgeologe Colin Campbell, der für Texaco und Amoco weltweit Erdöl gesucht und gefunden hatte und auch schon an der ASPO Tagung in Basel ein spannendes Referat hielt, im Jahre 1997 das Buch »The Coming Oil Crisis« veröffentlichte und warnte, dass das konventionelle Erdöl in wenigen Jahren das Fördermaximum Peak Oil erreichen werde, worauf Finanzkrisen und hohe Erdölpreise folgen würden, wollte ihm niemand glauben.

Doch in der Zwischenzeit ist genau dies eingetreten. Das konventionelle Erdöl hat 2006 bei 70 Millionen Fass pro Tag das Fördermaximum Peak Oil erreicht. Schon seit mehr als sechs Jahren befinden wir uns auf diesem Plateau. Die Differenz zum Tagesbedarf von 88 Millionen Fass wird mit Gaskondensaten, Tiefseeöl, Tight Oil, Teersanden und Agrotreibstoffen gefüllt. Obschon der Erdölpreis deutlich angestiegen ist und auch 2012 die für Europa mass-gebliche Sorte Brent über 100 Dollar kostete, konnte die konventionelle Förderung nicht ausgeweitet werden. Dies überrascht, hatte doch in der Vergangenheit immer die Regel gegolten: Steigt der Preis signifikant, wird die Förderung ausgeweitet. Doch das geht heute nicht mehr.

Finanzkrise und Erdölknappheit

Seit 2006 ist das konventionelle Erdöl knapp, die Preise sind hoch, und die Finanzkrise beschäftigt uns täglich in vielen verschiedenen Facetten. Im Dezember 2012 publizierte die Credit Suisse ein Research Paper mit dem Titel „War es eine Finanzkrise ... oder eine Ölkrise?“ und vernetzte explizit das knappe Erdöl-Angebot mit der grössten Rezession seit den 1930er Jahren: „Im vorliegenden Essay vertreten wir den Standpunkt, dass die Finanzkrise durch eine Energiekrise verschärft oder sogar durch eine solche verursacht wurde“, so die Autoren um Giles Keating, „zumal der Welt infolge einer steigenden Nachfrage in den Schwellenländern, einer wenig disziplinierten Energiepolitik in den OECD-Staaten und eines fehlenden Neuangebots zeitgleich das Öl auszugehen drohte.“

Und auch die Internationale Energie Agentur (IEA) in Paris, die sich lange gegen die Forschung von Colin Campbell gewehrt und während Jahren behauptet hatte, es gebe keinen Peak Oil, musste im November 2010 im World Energy Outlook (WEO) einräumen, dass beim konventionellen Erdöl der Peak erreicht ist: „Die Rohölproduktion erreicht ein welliges Plateau von 68-69 mbd im Jahr 2020, aber nie wieder den Peak Oil von 70 mbd, der im Jahr 2006 erreicht wurde.“

IEA bestätigt Peak
Im neusten World Energy Outlook, der im November 2012 publiziert wurde, bestätigte die IEA den Peak (den sie diesmal auf 2008 datierte), und räumte ein, dass das konventionelle Erdöl nicht nur schon seit Jahren stagniert, sondern in Zukunft gar zurückgehen wird: „Das Angebot an Rohöl schwankt zwischen 65 und 69 Millionen Fass pro Tag, wird nie mehr den historischen Peak von 70 Millionen Fass aus dem Jahre 2008 erreichen, und fällt zwischen 2011 und 2035 um 3 Millionen Fass pro Tag.“

Wer die IEA und Credit Suisse Studien mit den Prognosen von Campbell vergleicht, kommt zum Schluss, dass der Gründer des ASPO Netzwerkes genau diese Prognosen gemacht hat, vor nunmehr 15 Jahren, und dass es daher wichtig ist, dass die ASPO Schweiz diese Daten öffentlich bekannt macht. »Wir sind es nicht gewohnt, dass Dinge irgendwann gänzlich aufgebraucht sind, weil wir daran glauben, dass wir immer wieder in den nächsten Supermarkt fahren können, um unsere Reserven aufzustocken«, doch der globale Peak Oil werde diesen Glauben erschüttern, so Campbell in seinem Buch „The Coming Oil Crisis“. Schon damals unterschied der Erdölgeologe scharf zwischen konventionellem Erdöl und unkonventionellen Quellen wie Teersand, Tiefseeöl und Tight Oil. »Der Welt geht nicht das Erdöl aus, oder genauer, noch eine ziemlich lange Zeit nicht. Aber was ausgeht, ist das billige Erdöl, und zwar schnell«, warnte Campbell 1997, als der Preis noch bei 10 Dollar pro Fass lag. Die kommende Zeit werde »nicht einfach« sein, weil der Peak Oil fundamentale Umwälzungen erzwingen werde, doch er betonte, dass möglicherweise aus der Krise »eine bessere und nachhaltigere Welt entstehe«. Dies hänge davon ab »wie gut wir den Umbruch meistern«, so der Erdölgeologe. »Lange Zeit für die Vorbereitung haben wir nicht.«

Verwirrte Medienlandschaft

Die Arbeit der ASPO bleibt wichtig und dringend. Denn in den Medien werden mit Bezug auf Fracking von unkonventionellem Erdöl und Erdgas in den USA immer wieder Geschichten publiziert, die ohne konkretes Zahlenmaterial behaupten, es komme zu einer Erdölschwemme. Dabei wird eines völlig übersehen: Das konventionelle Erdöl geht in den USA schon seit 40 Jahren zurück, von Überfluss kann keine Rede sein. Weil seit 2006 global das konventionelle Erdöl den Peak Oil erreicht hat, ist der Erdölpreis gestiegen. Erst diese Knappheit erlaubt es, mit hohen Kosten, grossem Energieaufwand und starker Belastung für die Umwelt das unkonventionelle Erdöl abzubauen. Davon liegt reichlich in der Erde. Besser aber wäre es, wenn wir auf erneuerbare Energien und Effizienz setzen würden.

Mit besten Wünschen für das neue Jahr

Dr. phil. Daniele Ganser, Präsident ASPO Schweiz 2006-2012

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2 Kommentare

t.k.

das aktuelle Buch von Ganser zum Thema Erdöl ist nur zu empfehlen- gut gegliedert und super recherchiert!
Buchbeschrieb auf ee-news.ch: http://www.ee-news.ch/de/article/25425/europa-im-erdoelrausch-die-folgen-einer-gefaehrlichen-abhaengigkeit

interessierter

Kennt jmd. das Paper "War es eine Finanzkrise ... oder eine Ölkrise?" Finde diesbezüglich nichts im Netz...

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