Im Bild ist ein Beispiel ersichtlich, in welchem Flugtreibstoff ("Jetfuel") aus Holz, Carbon Capture und pflanzlichen Abfällen hergestellt wird. Die Breite der Balken repräsentiert die transportierte Kohlenstoffmasse in Kilotonnen pro Jahr. Bild: HSR

HSR: Auf der Spur von Energie- und Kohlenstoffströmen - CO2-Abgaben von CHF 400 bis CHF 700 pro Tonne CO2 nötig

(HSR) Das Projekt "Carbon Flows in the Energy Transition" am Institut für Energietechnik IET an der HSR untersucht gemeinsam mit der EPFL in Sion die verschiedenen Energie- und Kohlenstoffquellen in der Schweiz. Das Forschungsprojekt zeigt unter anderem, dass CO2-Abgaben zwischen CHF 400 und CHF 700 pro Tonne CO2 notwendig sind, um einen Wechsel weg von den fossilen hin zu erneuerbaren Energiequellen herbeizuführen.


Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der geplanten Energiewende wird heute häufig von Dekarbonisierung gesprochen. Dabei wird oft vergessen, dass Kohlenstoff weiterhin in Produkten wie Kunststoff, Chemikalien und Flugtreibstoffen eine wichtige Rolle spielen wird. Um diese Produkte erneuerbar herzustellen (zu defossilieren), kommen Biomasse und rückgewonnenes Kohlenstoffdioxid zum Einsatz.

Forschungsprojekt: "Carbon Flows in the Energy Transition"
Das Ziel des Projektes "Carbon Flows in the Energy Transition" war einerseits eine Gesamtübersicht über die der Schweiz zur Verfügung stehenden Kohlenstoffquellen und den Schweizer kohlenstoffbasierten Energie- und Produktebedarfs aufzustellen. Um Quellen und Bedarf sinnvoll vergleichen zu können, mussten zusätzlich Umwandlungstechnologien, die die verschiedenen Kohlenstoffquellen in die gewünschten Endprodukte umwandeln, berücksichtigt werden. Das zweite Ziel des Projekts war die Untersuchung von möglichen Zukunftsszenarien. Die Szenarien sollten aufzeigen, wie sich die Kohlenstoffflüsse in der Schweiz entwickeln, wenn politische Massnahmen wie z.B. eine CO2-Steuer oder ein Importverbot auf gewisse Produkte ergriffen werden. Im Forschungsprojekt wurden insbesondere folgende Fragen betrachtet:

  • Welche Kohlenstoffquellen gibt es in der Schweiz und welche Rolle werden diese für den Einsatz in Produkten und Energieträgern spielen? Was ist das verfügbare und nachhaltige Potential dieser Ressourcen?
  • Welche Umwandlungstechnologien für Biomasse sind verfügbar und was sind deren Parameter (Kosten, Effizienz, etc.)?

  • Welches ist die effizienteste Art und Weise, Biomasse zu verwenden um die Defossilisierungsziele zu erreichen Wege (in Bezug auf Kosten oder Umweltauswirkungen)?

  • Welche Power-to-X-Technologien sind verfügbar und was sind deren Parameter (Kosten, Effizienz, etc.)

  • Welche Rolle wird Power-to-X in der Energiewende spielen und was sind die Auswirkungen in Bezug auf CO2-Emissionen?

Projektablauf
Um diese Forschungsfragen zu beantworten, wurde eine Übersicht des vorhandenen Potentials von erneuerbaren Energien erstellt sowie der Bedarf der Schweiz in Bezug auf Wärme, Mobilität und Elektrizität quantifiziert. Diese Daten lieferten die Grundlage für ein Modell, welches die Optimierung von Energie- und Kohlenstoffflüssen in der Schweiz von der Quelle bis zum Endverbraucher ermöglicht und zusätzlich die Evaluierung von möglichen Zukunftsszenarien des Energiesystems erlaubt.

Ein Hauptergebnis des Projektes besteht aus einer Zusammenstellung der Kohlenstoffquellen, des Kohlenstoffbedarfs und der vorhandenen Umwandlungstechnologien. Dazu wurden die vorhandenen Kohlenstoffquellen auf das theoretisch verfügbare Potenzial sowie das tatsächlich nutzbare Potenzial untersucht. Der Bedarf an Kohlenstoff wurde durch verschiedene Überkategorien definiert: Mobilität (private und öffentliche) und Transport, Wärme, Elektrizität, kohlenstoffbasierte Chemikalien und Produkte. Dabei kann der Bedarf auch durch nicht kohlenstoffbasierte Technologien gedeckt werden. Zum Beispiel kann der Bedarf an privater Mobilität sowohl durch elektrifizierte als auch durch konventionelle Autos gewährleistet werden. Die Umwandlung von Kohlenstoffquellen zum Endprodukt erfolgt durch verschiedene Umwandlungstechnologien. Die wichtigsten Technologien im Bereich der Umwandlung von Biomasse und Kohlenstoffdioxid (Carbon Capture and Utilisation) wurden für das Projekt gesammelt und für die Berechnung verwendet.

Um Szenarien zu entwickeln und die Ströme zu optimieren, wurden obige Datensätze in das Modell Swiss EnergyScope integriert. Swiss EnergyScope wurde ursprünglich für die Optimierung der Energieflüsse in der Schweiz aufgebaut. Für dieses Forschungsprojekt wurde das Modell so angepasst, dass es neben Energieströmen auch Kohlenstoffströme berechnet und diese ökonomisch oder ökologisch optimiert.

Im Projekt wurde eine ausgewählte Anzahl an Szenarien berechnet und ausgewertet. Dabei wurden insbesondere Ereignisse wie der Atomkraftausstieg, die Defossilisierung und die Einführung einer CO2-Steuer betrachtet. Ziel der gewählten Szenarien war es, die Auswirkungen von politischen Massnahmen abzuschätzen.

CO2-Steuer
Um Carbon-Capture-Technologien etablieren zu können, ist die Erhebung einer CO2-Abgabe auf fossile Brenn- und Treibstoffe eine mögliche Massnahme. Wird von den aktuellen Importpreisen ausgegangen, braucht es einen Preiszuschlag von 370 Fr./t CO2 für Benzin bis 750 Fr./t CO2 für Erdgas, um Carbon-Capture-Technologien marktfähig zu machen (bei Heizöl und Flugtreibstoff ist eine Abgabe ab 560 Fr./t CO2 wirkungsvoll, bei Diesel 440 Fr./t CO2). Sobald sich die Carbon-Capture-Technologien weiterentwickelt haben und in grösseren Stückzahlen installiert werden, sinken ihre Kosten und damit könnte auch die CO2-Abgabe gesenkt werden. Für einen effektiven Wechsel braucht es jedoch zu Beginn die erwähnten Abgaben auf fossile Brennstoffe.

Zusätzlich ist ein Aus- und Umbau der einheimischen Energieinfrastruktur erforderlich. Nur mit rigorosem und schnellem Ausbau von Photovoltaik-, Wind- und Power-to-Gas-Anlagen kann die Energiewende geordnet ablaufen und die Abhängigkeit vom Ausland vermindert werden. Parallel dazu braucht es eine Reduktion im Energiebedarf – inländisch vorallem in der Mobilität und im Gebäudepark.

Projektbericht (Englisch) >>

Im April 2018 startete das Projekt "Carbon Flows in the Energy Transition" als Erweiterung des Projekts “Renewable Methane in Transport and Mobility (RMTM)”, und endete im Mai 2019. Das Projekt ist Teil des Nationalen Forschungsprogramms NFP70 und wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), das Bundesamt für Energie (BFE), das Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie durch Eigenmittel finanziert.

Text: HSR Hochschule für Technik Rapperswil, IET Institut für Energietechnik

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