Würde man im Sommer 1 Mio. m3 Holz (entspricht knapp 20% der heute genutzten Energieholzmenge) mit überschüssigem Solarstrom trocknen, würde daraus ein Energiegewinn von rund 260'000 MWh resultieren. Bild: Holzenergie Schweiz

Doppelter Boden mit Löchern: Warme Luft wird von unten eingeblasen und trocknet die auf dem Rost gelagerten Schnitzel. Bild: Holzenergie Schweiz

Holzenergie Schweiz: Überschüssigen Solarstroms zur Trocknung von Holz nutzen und so dessen Energieinhalt signifikant erhöhen

(Holzenergie Schweiz) Im Rahmen der Energiewende wird das Speichern der im Sommer anfallenden, überschüssigen Solarenergie zur Nutzung im Winter an Bedeutung gewinnen. Über Energiespeicherung wird deshalb gerade sehr viel gesprochen. Noch kaum bekannt ist die interessante Möglichkeit, mit überschüssigem Sommerstrom Energieholz zu trocknen und so dessen Energieinhalt signifikant zu erhöhen. Mit dem Einsatz von 1 kWh Solarstrom zur Trocknung von Holz steigt dessen Energieinhalt um rund 2 kWh. (Texte en français >>)


Für eine ganzjährig vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien braucht es unter anderem sehr grosse Anlagenkapazitäten zur Produktion von Sonnen- und Windstrom. Der Anlagenpark ist auf den Spitzenbedarf im Winterhalbjahr auszurichten. Das wird im Sommerhalbjahr trotz möglicher Massnahmen zur Brechung der winterlichen Verbrauchsspitzen unvermeidlich zu Überproduktionen insbesondere von Solarstrom führen. Der überschüssige Strom ist in geeigneter Form zu speichern. Dafür eignen sich Batterien oder Wärmespeicher oder in Zukunft die Umwandlung von Strom in Wasserstoff. Eine bisher kaum erwähnte, zeitnah umsetzbare und verhältnismässig günstige Lösung mit guter Ökobilanz ist die Nutzung des überschüssigen Solarstroms zur Trocknung von Holz.

Äusserst effizient
Im Sommer unverkäufliche Energie dient der Trocknung von Holz und erhöht dadurch dessen Energiegehalt. Die Energie lässt sich dadurch sozusagen «im Holz speichern» und im Winter nutzen. Der Trocknungsprozess ist äusserst effizient, denn der Energieaufwand für die Trocknung ist deutlich kleiner als die dadurch zusätzlich nutzbare Energie. Das tönt fast unglaublich, gehorcht aber den Gesetzen der Physik. Das Phänomen ist wie folgt erklärbar. Man nehme ein Kilogramm waldfrische Holzhackschnitzel. Diese haben einen Wassergehalt von 50 Prozent. Ein Kilogramm Holzhackschnitzel besteht somit aus je 500 Gramm Wasser und Holzmasse. Zudem ist es in der vorliegenden Beispielrechnung ein Gemisch aus den beiden häufigsten Schweizer Baumarten, Buche und Fichte. Dieses Gemisch hat einen Energieinhalt von 2.21 Kilowattstunden pro Kilogramm.

350 Gramm Wasser verdunsten
Trocknet man die Holzhackschnitzel auf einen Wassergehalt von 15 Prozent, müssen 350 Gramm Wasser verdunstet werden. Das Gewicht der Holzhackschnitzel nimmt somit von einem Kilogramm auf 650 Gramm ab, wovon immer noch 500 Gramm Holzmasse, aber nur noch 150 Gramm Wasser sind. Diese 150 Gramm Wasser entsprechen 15 Prozent des ursprünglichen Gewichts der Holzhackschnitzel. Das Holz hat somit einen Wassergehalt von 15 Prozent. Der Energieinhalt von 650 Gramm Holzhackschnitzeln mit einem Wassergehalt von 15 Prozent liegt bei 2.7 Kilowattstunden. Das Holz enthält folglich 0.5 Kilowattstunden mehr Energie als vor der Trocknung. Selbstverständlich liesse sich die Rechnung auch mit einem Trocknungsprozess auf lediglich 20 oder 25 Prozent anstellen. Dies würde zwar den Energieinhalt des Holzes weniger stark erhöhen, bedingte aber auch einen geringeren Energieaufwand zur Trocknung, da weniger Wasser verdunstet werden müsste.

Wieviel Energie braucht es, um Holz zu trocknen? Die Trocknung macht nur dann Sinn, wenn sie energieeffizient vonstattengeht, d.h. wenn nicht mehr Energie eingesetzt werden muss, als gewonnen werden kann.

Mit 0.22 kWh Energie Energiegehalt um 0.5 kWh erhöhen
Es geht im vorliegenden Beispiel darum, pro Kilogramm Holzhackschnitzel 350 Gramm Wasser zu entfernen. Um 1’000 Gramm (= 1 Liter) Wasser zu verdampfen, sind 0.62 Kilowattstunden Energie erforderlich. Folglich benötigt die Verdampfung von 350 Gramm Wasser 0.22 Kilowattstunden Energie. Das führt zu einem erstaunlichen Resultat: Mit einem Energieaufwand von 0.22 Kilowattstunden lässt sich der Energieinhalt von 1 Kilogramm speicher- und damit im Winter nutzbarem Holz um 0.5 Kilowattstunden erhöhen. Einfach gesagt verdoppelt sich die nutzbare Energiemenge, wenn man den überschüssigen Sommerstrom dazu verwendet, Holz zu trocknen!

Aus 1 kWh Sommerstrom entstehen 2 kWh Winterenergie
Ob eine Idee umgesetzt werden soll, hängt von ihrer Praxisrelevanz ab, das heisst im vorliegenden Fall von der Grösse des Potentials zur Gewinnung zusätzlicher Energie durch Holztrocknung. 2021 wurden in der Schweiz 5.8 Millionen Kubikmeter Energieholz genutzt. Würde man davon knapp einen Fünftel, d.h. eine Million Kubikmeter, der heute mehr oder weniger waldfrisch in automatischen Holzfeuerungen genutzt wird, auf 15 Prozent Wassergehalt heruntertrocknen, ergäbe dies folgenden Energiegewinn.

Eine nähere Prüfung lohnt sich
1'000'000 Kubikmeter waldfrisches Holz (hälftig Buche und Fichte gemischt) mit 50 Prozent Wassergehalt haben ein Gewicht von 937'000 Tonnen. Pro Tonne Holz resultiert aus der Trocknung auf einen Wassergehalt von 15 Prozent ein Energiegewinn von 0.5 Megawattstunden. Davon ist der für die Trocknung erforderliche Aufwand von 0.22 Megawattstunden pro Tonne abzuziehen. Es resultiert somit ein Energiegewinn von netto 262'360 Megawattstunden (0.28 Megawattstunden mal 937'000). Diese Menge entspricht 26’200'000 Litern oder 22'270 Tonnen Heizöl. Das ist beachtlich und lohnt eine nähere Prüfung der Realisierung von Anlagen zur Holztrocknung mit überschüssigem Solarstrom im Sommer.


In eine lagerbare Form transformieren
Der Umbau unserer Energieversorgung auf einheimische, erneuerbare Energien wird dazu führen, dass insbesondere Photovoltaikanlagen in den Sommermonaten überschüssigen Strom produzieren. Diesen Strom zu «vernichten» ist ökonomischer und ökologischer Unsinn, vielmehr sollte er in eine lagerbare Form transformiert werden. Eine bis heute noch kaum beachtete Möglichkeit ist die Trocknung von Holz. Mit dem Einsatz von 1 Kilowattstunde Solarstrom zur Trocknung von Holz steigt dessen Energieinhalt um rund 2 Kilowattstunden. Würde man im Sommer 1 Million Kubikmeter Holz (entspricht knapp 20 Prozent der heute genutzten Energieholzmenge) mit überschüssigem Solarstrom trocknen, würde daraus ein Energiegewinn von rund 260'000 Megawattstunden resultieren. Damit lassen sich rund 22'000 Tonnen Heizöl einsparen, und die Atmosphäre wird um rund 70'000 Tonnen CO2 entlastet.


Text: Holzenergie Schweiz

show all

3 Kommentare

Georg Hodel

Der Heizwert von einem kg Holz ist bei 0% Wassergehalt bei 5 kwh und bei 88% Wassergehalt bei 0 kwh. Auf 15% zu trocknen und 4.1 kwh anstatt bei 50% 2.1 kwh zu haben ist energetisch und ökologisch (Feinstaub) sinvoll. Wieviel Energie das Trocknen kostet ist sehr Wetterabhängig. Ökonomisch relevant sind aber eher Logistik und Lagerkosten. Ein m3 Schnitzel trocknen 6.- einmal mehr aufladen und transportieren 6.- und ein halbes Jahr lagern 6.- gibt Aufwand pro kwh Zusatzenergie von 3-4 rp. Bis anhin war das Holz zu billig. Aktuell würde es sich wohl lohnen.

Martin Kiener, EnOp

Da ist leider ein kleiner Überlegungsfehler passiert: 500g Holz mit einem Wasseranteil von 150g Wasser hat einen Wassergehalt von 23%, nicht 15%. Der Energieinhalt beträgt somit 3.7kwh/kg. Für eine Holzmenge von 650g sind es somit 2.4 kwh. die Differenz zum Ursprungszustand (500g Holz+500g Wasser) beträgt damit exakt die 0.2 kWh die aufgewendet wurden um das Holz zu trocknen.

Kommentar hinzufügen

Partner

  • Agentur Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Ist Ihr Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien oder Energieeffizienz tätig? Dann senden sie ein e-Mail an info@ee-news.ch mit Name, Adresse, Tätigkeitsfeld und Mail, dann nehmen wir Sie gerne ins Firmenverzeichnis auf.

Top

Gelesen
|
Kommentiert