Der 10-Punkte-Plan zeigt breit getragene Vorschläge auf, wie die Hemmnisse für den Windausbau an Land abgebaut und die Flächenverfügbarkeit für den weiteren Ausbau erhöht werden können. Bild: Windpark in Frankreich © Nordex SE / Francis Cormon

Deutschland: Wirtschaft und Umweltverbände formulieren 10-Punkte für weiteren Ausbau der Windenergie an Land

(PM) Die deutschen Wirtschaftsverbände BDEW, BWE, VDMA Power Systems und VKU sowie die Umweltorganisationen Greenpeace, Germanwatch, WWF und DUH legen einen 10-Punkte-Plan mit breit getragene Vorschläge zur Windenergie vor, weil der Ausbaus an Land drastisch eingebrochen ist. Der Plan soll verbindlich die Wiederbelebung des Windenergieausbaus ermöglichen, der das Last- und Zugpferd der Energiewende bleibt. Der Ausbau ist landschafts- und naturverträglich realisierbar.


In ihrem Koalitionsvertrag 2018 haben sich CDU, CSU und SPD auf eine Erhöhung des Ausbauziels für erneuerbare Energien auf 65 Prozent bis 2030 geeinigt. Das ist kein fakultatives Ziel, der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine klima- und energiepolitische Notwendigkeit. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ empfiehlt in ihrem Abschlussbericht das 65-Prozent-Ziel als notwendige Massnahme zur schrittweisen Reduktion der Kohleverstromung. Der Monitoringbericht des deutschen Bundeswirtschaftsministers zur Versorgungssicherheit sieht für den Erhalt der Versorgungssicherheit ebenfalls die 65 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 als unabdingbar. Und auch die Übertragungsnetzbetreiber haben ihre Netzausbauplanung bereits auf die Zielerhöhung ausgelegt. Die Energiewirtschaft und die Anlagenhersteller stecken in den Startlöchern, um zu investieren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist landschafts- und naturverträglich realisierbar. Dafür braucht es jetzt die richtigen Rahmenbedingungen.

Weit entfernt von 65%
Die 65 Prozent Erneuerbare Energien sind nicht ohne den forcierten Ausbau von PV-Dach-und PV-Freifläche, Windenergie auf See und Wind an Land möglich. Die Windenergie an Land bleibt weiterhin das Last- und Zugpferd der Energiewende. Doch gegenwärtig lahmt der Ausbau der Windenergie an Land. Die letzten vier Ausschreibungsrunden waren deutlich unterzeichnet. Damit bleibt der Ausbau sogar hinter dem Status quo des Ausbaupfades im EEG 2017 zurück – und weit entfernt von einem Ausbaupfad hin zu 65 Prozent Erneuerbare Energien.

Es braucht ein klares Bekenntnis der Politik
Es braucht ein klares Bekenntnis der deutschen Bundesregierung, des Deutschen Bundestages und der Bundesländer zum Klimaschutz und damit zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Diesem Bekenntnis muss die Umsetzung von konkreten Massnahmen für mehr Genehmigungen von Windenergieprojekten an Land folgen. Politische Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes-und kommunaler Ebene müssen sich gemeinsam mit der Branche Akzeptanzfragen stellen und aktiv für die Notwendigkeit der Nutzung der Windenergie an Land als Beitrag zum Klima-schutz werben. Der Austausch zwischen Bund und Ländern zur Koordination der Energiewende sollte auch auf Ministerebene intensiviert werden, um verbindliche Festlegungen zur effektiven Nutzbarmachung der benötigten Flächen zur Windenergienutzung zu erreichen.

Die Energiewende braucht einen verlässlichen Ausbaupfad für die Windenergie, sollen die oben beschriebenen energiepolitischen Ziele zur Kohlereduktion und zum Erhalt der Versorgungssicherheit in Deutschland nicht Makulatur sein.

Der vorliegende gemeinsame 10-Punkte-Plan von Energiewirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau und Umweltverbänden zeigt breit getragene Vorschläge auf, wie die Hemmnisse für den Windausbau an Land abgebaut und die Flächenverfügbarkeit für den weiteren Ausbau erhöht werden können.

Flächenverfügbarkeit gewährleisten

1. Bund-Länder-Strategie zur Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung entwickeln
Bund und Länder bekennen sich zum 65-Prozent-Ziel Erneuerbare Energien bis 2030 und sollen dieses in der Landesplanung zugrunde legen. Auf Grundlage fundierter Weissflächenanalysen unter Berücksichtigung ökologischer Kriterien sollen sie ihre Flächenpla-nung und -bereitstellung ausrichten und die Regionalplanung in der Nutzbarmachung der ausgewiesenen Flächen unterstützen. Für diese Umsetzung bedarf es eines institutionalisierten Dialogs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

2. Repowering an bestehenden Standorten ermöglichen
Sowohl im Hinblick auf die Raumplanung als auch auf die Auswirkung auf Natur und Landschaftsbild ist durch die bestehenden Windenergieanlagen eine Vorprägung erfolgt. Es müssen daher planerische Gestaltungsmöglichkeiten genutzt und zusätzlich Ansätze entwickelt werden, auf deren Grundlage über die Weiternutzung der planerisch gesicherten Windenergieanlagen-Standorte entschieden werden kann. Die erneute Prüfung sollte sich dann auf die darüberhinausgehenden Auswirkungen beziehen.

3. Keine pauschalen Abstandsregelungen
Das Erreichen des Ausbauziels sowie eine hohe Kosteneffizienz aufgrund von Wettbewerb hängt entscheidend von der Flächenverfügbarkeit ab. Pauschale Abstandsregelungen sind deshalb kontraproduktiv, da sie das Flächenangebot drastisch einschränken. Die bestehenden Vorgaben im Genehmigungsprozess (BImSchG, TA Lärm, Rücksichtnahmegebot) sind bereits in umfassender Weise dazu geeignet, den Gesundheitsschutz der Anwohner und die Vermeidung einer optisch bedrängenden Wirkung unter Berücksichtigung der konkreten Vor-Ort-Situation zu garantieren.

4. Regelungen zur Flugsicherung anpassen
Die Berechnungsmethode zur Abschätzung des Einflusses von Windenergieanlagen auf die Flugnavigation mit Drehfunkfeuern ist auf Grundlage der Ergebnisse der vom BMWi beauftragten Projekte WERAN und WERAN+ anzupassen. Der Prüfradius um Drehfunk-feuer muss dabei an internationale Standards auf maximal 10 km angepasst werden. Die Umsetzung dieser Massnahmen würde kurzfristig ein Hemmnis für viele Windenergie-Projekte beheben. Zudem sollten alle (veralteten) Drehfunkfeuer (CVOR) kurzfristig auf modernere und genauere DVOR-Technik umgerüstet werden, wenn diese trotz der Planung der Deutschen Flugsicherung zum Abbau von Drehfunkfeuern auch weiterhin benötigt werden.

Naturschutzrechtliche Vorgaben handhabbar machen

5. Naturschutzrechtliche Vorgaben standardisieren
Unternehmen und Behörden benötigen einheitliche, klare, praktikable Vorgaben zum Umgang mit den komplexen artenschutzrechtlichen Vorgaben zum gesetzlichen Vollzug. In einem ersten Schritt müssen unter Einbezug relevanter Interessenverbände und Stakeholder ein transparentes Verfahren zur Erarbeitung von Standards und anerkannte Qualitätsmassstäbe auf wissenschaftlicher Basis festgelegt werden. Die bestmögliche Umsetzung naturschutzrechtlicher Anforderungen bedarf der Akzeptanz aller Beteiligten.

6. Online-Artenschutzportal jetzt einrichten
Deutschlandweit müssen notwendige qualitätsgesicherte Rohdaten zum Vorkommenund Bestandgeschützter Arten systematisch erfasst und verfügbar gemacht werden. Ein solches Artenschutzportal kann dazu beitragen,Vorhabenträger im Genehmigungsverfahren zu entlasten und eine zügigere Entscheidungsfindung der zuständigen Behörden zu ermöglichen.

7. Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Bundesnaturschutzgesetz für kurzfristige Lösungen zielführend ausgestalten
Es bedarf einer expliziten Klarstellung im BNatSchG, dass am Ausbau von Windenergie-anlagen ein überwiegendes Interesse besteht, welches Ausnahmen vom Artenschutz unter klar definierten Voraussetzungen rechtfertigt. Für die Prüfung dieser Voraussetzungen (Alternativenprüfung, Erhaltungszustand der Population) müssen ebenfalls Massstäbe entwickelt werden. Dies sollte nach Möglichkeit auch planungsrechtlich abgesichert wer-den, damit die Windenergie in den ihr durch die Raumordnungsplanung zugewiesenen Gebieten auch tatsächlich Vorrang geniesst. Sensible Arten sollten nach naturschutzfachlichen Kriterien auf Grundlage wissenschaftlicher Massstäbe planerisch ausgewiesene Rückzugsräume erhalten. Ihr Bestand sollte dort durch bspw. geeignete öffentliche Artenhilfsprogramme gestützt und durch ein staatliches Monitoring begleitet werden.

Stärkung vor Ort

8. Wirtschaftliche Beteiligung betroffener Kommuneneinführen
Eine bundesweit einheitliche und regelmässige finanzielle Beteiligung von Standort-und Anrainerkommunen, orientiert an bestimmten einheitlichen Parametern, sollte eingeführt werden. Diese Abgabe muss transparent und einfach ausgestaltet sein und für neu errichtete Anlagen gelten.

9. Servicestellen auf Landesebene einrichten
Diese Stellen können neutrale Informationen bereitstellen und bei Bedarf die Kommunen sowie die Vorhabenträger dabei unterstützen, professionelle und zielführende Beteiligungs- und Dialogformate durchzuführen. Diese Servicestellen sollten eng an den oben erwähnten institutionalisierten Dialog zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zur Flächenbereitstellungangebunden werden.

Beteiligte Behördenmodernisieren und stärken
Das Genehmigungsverfahren muss digitalisiert bearbeitet werden. So können die Unterlagen elektronisch zügig und nachvollziehbar zwischen den zahlreichen beteiligten Behörden und dem Vorhabenträger ausgetauscht werden. Übersichtlichkeit und parallele Dokumentenbearbeitung ermöglichen eine fachbezogene und zeitnahe Bearbeitung. Hierzu müssen die Behörden entsprechend ausgestattet werden. Darüber hinaus müssen alle beteiligten Behörden sich ihrer wichtigen Rolle für die Realisierung der Projekte bewusst sein und entschlossen agieren. Neben der entsprechenden personellen Ressourcenplanung und Ausstattung der jeweiligen Behörde beinhaltet dies auch, die Ziel-stellung einer stringenten Bearbeitung von Windenergievorhaben in der gesamten Verwaltungshierarchie ausdrücklich zu verankern.

Text: BDEW, BWE, VDMA Power Systems und VKU sowie die Umweltschutzorganisationen Greenpeace, Germanwatch, WWF und DUH

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