Der 22-stöckige „Schwarze Peter“ von Basel, im Vordergrund der sechsstöckige Gebäudesockel, in dem sich ein Hotel befindet. Bild: Adriano Biondo

Claudius Bösiger von Planeco, einer der klugen Köpfe hinter der smarten Fassade links im Bild. Bild: Anita Niederhäusern

Die Gebäudehülle erscheint in den unteren Geschossen noch als Lochfassade; mit steigender Gebäudehöhe löst sich diese zugunsten grösserer Fassadenöffnungen auf und wird oben im Turm zur leichten Pfosten-Riegel-Konstruktion. Bild: Adriano Biondo

Nicht nur bei der Photovoltaikfassade, auch bei der Aussicht gibt’s nichts zu meckern. Bild: Adriano Biondo

Der DC-Sammelschrank im Keller. Von hier wird der Strom auf den 300-kW-Wechselrichter geführt. Bild: Anita Niederhäusern

Grosspeter Tower: Niemand hat Angst vor dem schwarzen Photovoltaik-Mann!

(©AN) Erst noch grad verschrien bei den Architekten, stehen sie plötzlich im Rampenlicht: Photovoltaikfassaden, wie die des Grosspeter Towers in Basel. Jedes Fassadenelement wurde mittels Siebdruck mit einem Rahmen versehen, so dass die Modulstruktur erst auf den zweiten Blick sichtbar ist. Mit 5000 m2 aktiver Fläche gehört der Grosspeter Tower zu den grössten Photovoltaikfassaden Europas.


Die Angst vieler Architekten vor Photovoltaik an der Fassade erinnert an das Spiel: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Nur ganz wenige sprachen sich bis anhin öffentlich für die Photovoltaik aus – auch wenn es sie heute in fast allen erdenklichen Farben, Schattierungen und Mustern gibt. Das Thema wurde immer wieder sehr kontrovers diskutiert. Wer sich in der Branche trotzdem dazu bekannte, wurde oft ziemlich schräg angeschaut, wenn nicht geschnitten. Neue technische Entwicklungen einerseits, und andererseits der Wille und das Kalkül, die Fassade als Energielieferanten zu nutzen, haben die Photovoltaikfassaden über Nacht salonfähig gemacht.

Jüngstes Beispiel ist der „schwarze Mann“ Grosspeter Tower unweit des Basler SBB-Bahnhofs. „Ach, das ist Photovoltaik?, hören wir ab und zu, wenn wir nach unserem jüngsten Projekt gefragt werden und den Grosspeter Tower nennen“, erklärt Roman Brunner von Planeco bei unserem ersten Anruf bezüglich des neusten Stars der Photovoltaikarchitektur. Denn der Grosspeter Tower ist ein Leuchtturmprojekt der gebäudeintegrierten Photovoltaik und gehört mit seinen 5000 m2 aktiver Fassadenfläche zu den grössten Photovoltaikfassaden Europas.

450 verschiedene CIGS-Dünnschichtelementtypen
Die gesamten Fassadenflächen wurden mit 450 verschiedenen CIGS-Dünnschichtelementtypen bestückt. Für eine geordnete und ausgewogene Wirkung in der Gesamtfassade haben die Architekten Burkhardt+ Partner jeden einzelnen Modultyp zusammen mit energiebüro aus Zürich designt. Produziert wurden die Fassadenmodule im Auftrag von STO Fassaden von der deutschen Firma Manz. „Wir von Planeco waren für die technische Umsetzung zuständig und werden die Anlage auch überwachen“, erklärte Claudius Bösiger von Planeco. „Die gesamte Anlage ging letzten Frühling ans Netz und wir arbeiten nun an einem Monitoring, das neben der Überwachung der Produktion der verschiedenen Fassaden auch die Überwachung der ganzen Anlage umfasst.“

Photovoltaik als Beweis für die ökologischen Bestrebungen
Mehr in den Klimaschutz zu investieren, ist ein Hauptbestreben des Bauherren PSP Real Estate Zürich. Von Anfang an setzte er klare Vorgaben für den Bau des Hochhauses Grosspeter Tower in Basel, der Büroflächen und ein Hotel aufnimmt. Eine wichtige Prämisse war, die transparenten Fassadenteile auf 50 % der Fassadenfläche zu limitieren und die andere Hälfte als gedämmte Fassadenkonstruktion auszubilden. Mit weniger Wärmelasten muss weniger Kälte produziert werden und der Komfort wird verbessert. Auch im Winter steigt die Behaglichkeit, weil weniger Glasflächen weniger Kälteabfall bedeuten. Mit dem Anteil von 50 % an transparenten Fassadenteilen wird somit eine gute Balance zwischen Tageslichtnutzung und gutem Raumklima geschaffen. Als sichtbarer Beweis für die ökologischen Bestrebungen dient die Photovoltaik-Fassade, deren Module in die geschlossenen Fassadenflächen integriert sind.

Vom kleinen und grossen Peter
Nur vom Grosspeter Tower zu sprechen, wird dem Gebäude indes nicht ganz gerecht. Denn der wurde auf einen sechsgeschossigen Gebäudesockel gestellt, so zu sagen der „kleine Peter“. Dieser umfasst Büroflächen und das Hotel mit grosszügigen, gemeinsam genutzten Lobby-, Empfangs- und Konferenzräumen. Im fast quadratischen Turm, dem „grossen Peter“ mit 22 Stockwerken, sind bereits fast alle Büroflächen vermietet. Was beide Gebäude gemeinsam haben, ist, dass sie von Kopf bis Fuss mit Photovoltaik eingefasst sind. Wobei auch das nicht ganz stimmt: „Die Fassade des Erdgeschosses wurde mit Blindmodulen versehen, da die Glasfassade direkt an der Strasse auch mal Schaden nehmen könnte.“

Die Vorderseite der horizontalen Module wurde von Manz per Siebdruck mit einem „Rahmen“ versehen, so dass es bei näherem Hinsehen so aussieht, als seien die CIGS-Module kleiner, als sie in Wirklichkeit sind. Die Zellen verfügen übrigens über einen Wirkungsgrad von 14%. „Die Fläche ist aber über alle Stockwerke mit Photovoltaik bestückt“, weiss Claudius Bösiger zu berichten. „Der Entwurfsprozess für die Fassade war deshalb nicht wesentlich anders als bei anderen Projekten“, betont Andreas Kaufmann, Projektarchitekt des Neubaus bei Burkhardt+ Partner.


Grosspeter Tower – eine Übersicht

  • Auftraggeber: PSP Real Estate AG
  • Fassadenfläche: ca. 5000 m2
  • Leistung Fassade: 450 kW
  • Leistung Dächer: 100 kW
  • Baujahr: 2016/2017
  • Prognostizierte Jahresproduktion Fassade: jährlich ca. 275‘000 kWh
  • Wärme-und Kälteproduktion: 52 Erdsonden in 250 Meter Tiefe

Keine Angst vor Kabelsalat
Doch ist das nicht ein furchtbarer Kabelsalat über die 21 Stockwerke, fragt man sich als Laie. „Eigentlich nicht“, erklärt Claudius Bösiger, „das konnte bei der Planung gut gelöst werden: Die Kabel der Strings werden pro Etage in der Steigzone zusammengeführt. Die String-Optimierer werden pro Etage ebenfalls in der Steigzone im Gebäudekern untergebracht. Die DC-Kabel von jeweils drei Etagen werden dann gebündelt direkt über die Steigzone in den Keller zum DC-Schrank und dann zum 350-Kilowatt-Wechselrichter geführt.“ Pro Etage ist ebenfalls ein Sicherheitsschalter für den Brandfall angebracht, der zentral über das Feuerwehrtalbeau im Erdgeschoss ausgelöst werden kann.

Und wenn ein Modul defekt ist? „Das ist bei Hochhäusern wie dem Grosspeter Tower absolut kein Problem, denn diese verfügen über eine sogenannte Fassadenbefahranlage, die zum Beispiel für den Unterhalt der Storen oder die Fensterreinigung gebraucht wird. Die steht uns auch für den Unterhalt der Photovoltaikanlage zur Verfügung“, erklärt Photovoltaikspezialist Claudius Bösiger.

Wärme und Kälte aus dem
Erdsondenfeld
Bei der Wärmeerzeugung entschied sich der Bauherr für Erdsonden, weil über das Fernwärmenetz keine Kälte bezogen werden kann und die Kühlung von Bürogebäuden hinsichtlich Leistung und Energieverbrauch gegenüber der Heizung immer bedeutender wird. Ein Erdwärmesondenfeld mit 52 Sonden versorgt die Wärmepumpe mit geothermischer Energie, die gleichermassen zur Wärme-wie auch zur Kälteerzeugung dient. Mit diesem bivalenten System kann die im Erdreich gespeicherte Abwärme des Sommers für die Heizung im Winter und umgekehrt für die Kühlung im Sommer genutzt werden.


Planeco Fassadenportfolio

Neben dem Grosspeter Tower hat Planeco weitere Photovoltaikfassaden realisiert, die bereits Strom produzieren.

Universität Zürich Neubau GLL
Leistung: 120 kW
Baujahr: 2017
Mittels Siebdruckverfahren wurde ein weisses Punktraster auf Ebene 2 des Frontglases aufgebracht, was die Zellen unsichtbar macht und der Fassade die graue Optik verleiht.

Merian
Iselin Klink, Basel
Leistung: 68 kW
Baujahr: 2017/2018
Voll schwarze PV-Elemente mit abgedeckten Busbars zur Integration in die Fassaden der Technikaufbauten.

Metrohm
Schweiz AG, Zofingen
PV-Leistung: 62 kW
Baujahr: 2017
Die Brüstungsbänder wurden umlaufend mit PV-Elementen bestückt. Mit Strukturglas und keramischem Digitaldruck wurde die Optik der Elemente angepasst.


Noch mehr!
In einem Projektbeschrieb ist zu lesen: „Mit der Photovoltaik-Fassade wird nicht nur die Bestrebung sichtbar, ein nachhaltiges Gebäude zu entwickeln, sondern sie erfüllt auch Marketingzwecke. Indem die PV-Fassade einen Grossteil des Stroms für den Grundausbau liefert, trägt sie zu einem nahezu CO2-freien Grundbetrieb des Gebäudes bei. … Die Architekten von Burckhardt+Partner AG haben die hochgesetzten Ziele des Bauherren erreicht, indem sie die Solarmodule in der Fassade integrierten, ohne die Technik vor die Architektur zu stellen. Die Fassade überzeugt in der Gestaltung, weil die Solarmodule kaum als solche wahrgenommen werden. Hervorzuheben ist vor allem das Gesamtkonzept aus Solartechnik, Architektur und Tragwerk.“ Nicht, dass wir in der Branche das nicht schon gewusst hätten. Umso schöner also, dass die Solarfassaden endlich zum Fliegen kommen. Wir wollen definitiv noch mehr davon!

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist eine Wiederholung, er wurde am 25.5.18 bereits auf ee-news.ch veröffentlicht.

©Text: Anita Niederhäusern, Herausgeberin und leitende Redaktorin ee-news.ch

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1 Kommentare

Max Blatter

"Jedes Fassadenelement wurde mittels Siebdruck mit einem Rahmen versehen, so dass die Modulstruktur erst auf den zweiten Blick sichtbar ist." Weshalb denn das??? Architekten sind wirklich unverbesserlich (ich lasse hier bewusst die weibliche Form weg, denn ich glaube und hoffe, dass Architektinnen vernünftiger sind). Weshalb müsst ihr es kaschieren, wenn ihr etwas Sinnvolles tut? Steht doch dazu, dass eure Fassade aus PV-Modulen besteht; die sind doch weiß Gott nicht hässlich!

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