Obwohl die Kraftwerke unter wirtschaftlichem Druck sind, ist eine Stilllegung kurzfristig nicht zu erwarten, da sowohl Kostenstruktur, Regulierung sowie Planungsprozesse im Braunkohlebergbau vielfach langfristig angelegt sind. Bild: Agora

Derzeit gehen 46 Prozent der Treibhausgasemissionen der deutschen Stromwirtschaft auf die Braunkohle zurück. ©Grafik: Öko-Invest

Deutschland: Auch Braunkohlenwirtschaft massiv unter Druck

(ee-news.ch) Aufgrund der niedrigen Börsenstrompreise können neuere deutsche Braunkohlekraftwerke zwar die Betriebskosten des Kraftwerks und der Tagebaue decken, jedoch nicht mehr ihre ursprünglichen Investitionskosten. Auch für ältere ineffiziente Braunkohlekraftwerke reichen die Börsenstrompreise nicht, um sämtliche Erhaltungs- oder geplanten Investitionen in den liefernden Tagebauen zu finanzieren.


Eine umfassende Daten- und Faktensammlung zur deutschen Braunkohlenwirtschaft hat Agora Energiewende gemeinsam mit der European Climate Foundation jetzt vorgelegt. Auf rund 180 Seiten werden darin die spezifischen Strukturmerkmale dieses Energieträgers in historischer, politischer, wirtschaftlicher, ökologischer und regionalstruktureller Hinsicht systematisch aufgearbeitet. Rund 12 Prozent des deutschen Primarenergieverbrauchs wurde 2016 durch Braunkohle abgedeckt. Gleichzeitig ist Braunkohle die fossile Energieressource mit den höchsten CO2-Emissionen und repräsentiert aktuell knapp 19 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen, aber auch etwa 46 Prozent der gesamten CO2-Emissionen des Stromsektors. Durch die Förderung und Verstromung von Braunkohle entstehen aber auch jenseits des Eintrags von Treibhausgasen in die Erdatmosphäre erhebliche Belastungen für andere Umweltmedien, z. B. die Hälfte der deutschen Quecksilber-Emissionen,etwa ein Drittel der Schwefeldioxid-Emissionen undca. ein Zehntel der Stickoxid-Emissionen.

Reduktion Braunkohlestromerzeugung unerlässlich
„Dass sich die Klimaschutzziele Deutschlands ohne eine deutliche Reduktion der Braunkohlestromerzeugung nicht erreichen lassen, ist allgemein bekannt. Aber bislang ist fundiertes Fachwissen über die Braunkohle ausserhalb der Braunkohlenunternehmen nur in geringem Umfang vorhanden. Das wollen wir mit dem vorliegenden Band ändern“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Das Werk soll dazu dienen, eine informierte Diskussion darüber zu ermöglichen, wie der notwendige Umbau der deutschen Braunkohlenwirtschaft erfolgreich gestaltet werden kann.“

Starker ökonomischer Druck
Zugleich, so ein Kernergebnis der Untersuchung, stehen Braunkohlekraftwerke derzeit unter starkem ökonomischen Druck. Aufgrund der niedrigen Börsenstrompreise können neuere Braunkohlekraftwerke zwar die Betriebskosten des Kraftwerks und der angeschlossenen Tagebaue decken, jedoch nicht mehr ihre ursprünglichen Investitionskosten. Für ältere Braunkohlekraftwerksblöcke ist die Situation ebenso angespannt: Zwar sind diese Anlagen bereits vollständig refinanziert. Aufgrund der geringeren Effizienz der Anlagen reichen die Börsenstrompreise derzeit jedoch nicht, um sämtliche Erhaltungs- oder geplanten Erweiterungsinvestitionen in den liefernden Tagebauen zu finanzieren.

Eine Stilllegung der Kraftwerks- und Tagebauanlagen ist kurzfristig dennoch nicht zu erwarten, da sowohl Kostenstruktur, Regulierung sowie Planungsprozesse im Braunkohlebergbau vielfach langfristig angelegt sind. Ökologische und energiewirtschaftliche Anpassungen müssen daher frühzeitig und über einen Prozess vorausschauender Strukturveränderungen gestaltet werden. Die Studie liefert Grundlageninformationen über die hierfür anzusetzenden Zeiträume.

Insgesamt noch rund 19‘000 Mitarbeiter
Schliesslich widmet sich die Arbeit auch der historischen energiewirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle. Sie zeigt, dass die Braunkohlenindustrie in der Vergangenheit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war, macht jedoch auch deutlich, dass sie heute hauptsächlich regionalwirtschaftliche Relevanz besitzt. In den drei Förderrevieren im Rheinland, in Mitteldeutschland und in der Lausitz sind heute insgesamt noch rund 19‘000 Mitarbeiter direkt in der Braunkohlenwirtschaft beschäftigt.

Die Studie „Die deutsche Braunkohlenwirtschaft“, sowie die zugehörigen Daten stehen unten zum kostenfreien Download zur Verfügung. Sie wurde vom Öko-Institut im Auftrag von Agora Energiewende und der European Climate Foundation erarbeitet.

Text: ee-news.ch, Quelle: Agora

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