Übersicht des Energiewende Indexes von McKinsey. ©Grafik: McKinsey

McKinsey Energiewende-Index Deutschland: Anbindung von Offshore-Wind-Anlagen erreicht vorzeitig Planziel 2020

(PM) Zum ersten Mal seit Beginn der halbjährlichen Erhebung des Energiewende-Index für Deutschland von McKinsey & Company vor vier Jahren haben sich zehn der 15 Kennzahlen im Vergleich zur Veröffentlichung im September 2015 verschlechtert. Das gilt besonders für die Kosten- und Emissionsentwicklung. Sieben Indikatoren, darunter jetzt auch der Stromverbrauch, gelten in ihrer Zielerreichung inzwischen als unrealistisch, beim Ausbau der Transportnetze besteht nach wie vor Anpassungsbedarf. Die Anbindung der Offshore-Windparks konnte das für 2020 gesetzte Ziel bereits aktuell vollständig erreichen.


Eines der grössten Problemfelder der Energiewende ist die Kostenentwicklung. Die EEG-Umlage – 2015 erstmalig leicht auf 6.17 ct/kWh gesenkt – ist dieses Jahr auf ein Rekordhoch von 6,35 ct/kWh gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Kosten für Netzeingriffe erhöht. „Immer häufiger müssen Kraftwerke hoch- und wieder heruntergefahren werden, um die regionale Netzstabilität zu gewährleisten“, sagt McKinsey-Direktor Thomas Vahlenkamp, der den Index entwickelt hat. 2014 waren dafür 187 Mio. € Kosten für die vom Übertragungsnetzbetreiber veranlassten kurzfristigen Änderungen von Kraftwerkseinsätzen (Redispatch) und präventiv gegenläufige Handelsgeschäfte (Countertrading) angefallen. Diese Ausgaben stiegen im ersten Halbjahr 2015 bereits auf rund 250 Mio. €. Bis 2020 könnten allein diese beiden Kostenblöcke die Milliardengrenze überschreiten.

Auch die CO2e-Emissionen, weiterer Schlüsselindikator im Energiewende-Index, verschlechtern sich: Mit zuletzt 925 Mt ist der CO2e-Ausstoss von seiner 2020-Zielmarke (750 Mt) weit entfernt. Gleichzeitig stieg der Stromverbrauch, so dass die Zielerreichung von „realistisch“ auf „unrealistisch“ sank.

Die Ergebnisse im Detail

  1. Indikatoren mit realistischem Tempo in der Zielerreichung
    Anbindung Offshore-Windparks:
    Die Anbindung der bestehenden Offshore-Windparks ist abgeschlossen: Nach Fertigstellung der noch benötigten Umspannstationen konnten alle verbliebenen Windanlagen ans Netz gehen. Damit erreicht der Indikator sein Ziel zu 100 % und steigt in die Kategorie „realistisch“ auf.

    Offshore-Wind-Ausbau:
    Der Offshore Wind-Ausbau bleibt im Plan: Die installierte Kapazität stieg dank der Netzanbindung weiterer Windparks im Frühjahr 2015 auf einen Wert von 2,8 GW. Da für die zweite Jahreshälfte noch kein neuer Wert vorliegt, sinkt der Indikator von 170 % auf 143 %, bleibt aber weiter auf seinem Zielkurs von 6.5 GW bis 2020.

    Solar-PV-Ausbau:
    Die Zielerreichung sinkt auf 121 %, die installierte Kapazität beträgt jetzt 39,1 GW. Mit einem Zubau von 1,3 GW wurde der niedrigste Wert seit 2007 erreicht und der geplante Ausbaupfad von 2.4 bis 2.6 GW weit verfehlt, obgleich die Kosten kontinuierlich sinken: Mit 8 ct/kWh gehört Solar-PV mittlerweile zu den günstigsten erneuerbaren Energien in Deutschland.

    Ausfall Stromversorgung:
    Die Ausfalldauer pro Kunde betrug zuletzt nur noch 12.3 Minuten, wodurch die Zielerreichung des Indikators auf 113 % steigt und damit „realistisch“ bleibt. Insgesamt zählt das deutsche Stromnetz zu den versorgungssichersten weltweit. Grund für die neuerliche Verbesserung ist aber auch die geringere Zahl extremer Wetterereignisse im Vergleich zum Vorjahr.

    Gesicherte Reservemarge:
    Der Indikator weist eine konstant hohe Zielerreichung von aktuell 238 % aus. Die Netzbetreiber rechnen im Extremfall mit einer nutzbaren Reserve von 9.6 GW, was 11.9 % der Last entspricht – bei allerdings ungleicher Verteilung zwischen Nord- und Süddeutschland.

    Arbeitsplätze in erneuerbaren Energien:
    Die Arbeitsplätze in erneuerbaren Energien verlagern sich: Insgesamt ist die Beschäftigung von 371.400 auf 355.400 gesunken. Mit einer Zielerreichung von 110 % liegt der Indikator aber weiterhin im Zielkorridor. Allerdings verlagern sich die Arbeitsplätze weg von der Solarbranche – hier fiel jeder dritte Job weg – hin zur Windkraft, wo durch vermehrten Zubau sowohl onshore als auch offshore neue Stellen geschaffen wurden.

    Arbeitsplätze in stromintensiven Industrien:
    In den stromintensiven Industrien waren im März 2015 rund 1'616'000 Personen beschäftigt – 8000 mehr als bei der letzten Erhebung. Damit hat sich der Indikator auf einen Wert von 107 % verbessert und wird nach wie vor als stabil „realistisch“ in seiner Zielerreichung eingestuft.

  2. Indikatoren mit leichtem Anpassungsbedarf
    Ausbau Transportnetze:
    Ende 2015 waren 558 km fertiggestellt – 635 km hätten es sein müssen, um auf Zielkurs zu bleiben: Geplant sind 1.887 km bis 2020. Damit liegt die Zielerreichung nahezu unverändert bei 82 %. Der Einsatz von Erdkabeln soll nun den dringend benötigten Ausbau beschleunigen. Die Kosten erhöhen sich dadurch allerdings laut Bundeswirtschaftsministerium um bis zu 8 Mrd. €, was die Energiewende weiter verteuert.

  3. Indikatoren mit unsicherer Zielerreichung
    Aussto
    ss CO2-Äquivalent: Die Emissionen haben sich auf 925 Mt erhöht und rücken das für 2020 angepeilte Ziel von 750 Mt in immer weitere Ferne. Eine Ursache ist die nach wie vor starke Stromgewinnung aus Kohle, die 2015 zudem Rekordraten im Export erzielte. Die Zielerreichung des Indikators liegt jetzt bei 42 % und bleibt somit weiterhin „unrealistisch“. Auch die Einführung der Braunkohlereserve, die laut Bundesregierung 11 Mt CO2e einsparen soll, trägt nur einen begrenzten Teil zur Zielerreichung bei.

    EEG-Umlage:
    Nach kurzzeitiger Senkung in 2015 ist die Umlage für erneuerbare Energien 2016 auf 6,35 ct/kWh erneut angestiegen. Der Indikator verschlechtert sich dadurch auf 18 %. Wohin sich die EEG-Umlage in Zukunft entwickeln wird, ist offen. Die Bundesregierung selbst hält sich mit Prognosen mittlerweile zurück. Vom ursprünglich anvisierten Umlagefixum von 3,5 ct/kWh ist heute keine Rede mehr.

    Stromverbrauch:
    2015 hat sich der Stromverbrauch von 579 auf 597 TWh erhöht. Hauptgründe waren die im Vergleich zum Vorjahr kälteren Monate während der Heizperiode und die Hitzewellen im Sommer, die einen vermehrten Einsatz von Klimaanlagen zur Folge hatten. Der Indikator sinkt dadurch in seiner Zielerreichung von 118 % auf 50 % und fällt gegenüber der letzten Veröffentlichung in die Kategorie „unrealistisch“.

    Primärenergieverbrauch:
    Zwar ist der witterungsbereinigte Verbrauch primärer Energien wie Öl oder Erdgas mit -1,8 % erneut leicht rückläufig. Dennoch sinkt er langsamer als notwendig und verbleibt in seiner Zielerreichung „unrealistisch“.

    Haushaltsstrompreise:
    Noch immer liegen Deutschlands Haushaltsstrompreise mit 29.5 ct/kWh 41.1 % über dem EU-Durchschnitt, der Indikatorwert sinkt leicht auf 37 %. Die Zielerreichung ist damit weiterhin „unrealistisch“.

    Industriestrompreise:
    Im Vergleich zur letzten Veröffentlichung verbesserten sich die Preise für Industriekunden nochmals von -29 % auf -24 %. Mit 11.1 ct/kWh liegen sie zwar nach wie vor 19 % über dem EU-Schnitt, tendieren aber nach unten. Grund sind die niedrigen Börsenstrompreise, die stellenweise unter 28 €/MWh gefallen sind.

    Kosten Netzeingriffe:
    Allein im ersten Halbjahr 2015 sind die Ausgaben für Redispatch und Countertrading auf eine Viertelmilliarde Euro angewachsen – gegenüber 187 Mio. € im gesamten Jahr davor. Trotz Rekordstromerzeugung aus Wind und Solar ergeben sich dadurch Kosten von 2 € pro MWh. Der Indikator rutscht auf 2 % ab und ist in seiner Zielerreichung unrealistischer denn je, da 1.00 Euro/MWh als Ziel zu erreichen gewesen wäre.

Hintergrund und Methodik
Der Energiewende-Index von McKinsey bietet alle sechs Monate einen Überblick über den Status der Energiewende in Deutschland. Feedback und Rückmeldung dazu sind ausdrücklich erwünscht und werden bei der Aktualisierung des Index berücksichtigt, sofern es um öffentlich zugängliche Fakten geht.

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Text: McKinsey

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