Seit fast 160 Jahren in Wädenswil beheimatet: Blattmann Schweiz AG. ©Bild: EnAW

Dank dem neuen Dekanter werden jährlich 120 Megawattstunden Strom eingespart. ©Bild: EnAW

Blattmann Schweiz: Energieeffiziente Stärke

(PM) Bis 2020 wird die Blattmann Schweiz AG ihren CO2-Ausstoss gegenüber 2013 um 15 Prozent senken. Dank der Universalzielvereinbarung (UZV) der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) profitiert das Unternehmen dabei von der Befreiung von Detailvorschriften des Kantons Zürich sowie von der Rückerstattung der CO2-Abgabe und des Netzzuschlages auf Strom.


«Herr und Frau Schweizer essen täglich Blattmann-Produkte – ohne es zu wissen. Es fängt mit dem Brot an, welches Gluten von Blattmann enthält, und geht weiter mit der Konfitüre, die mit Glukose von Blattmann hergestellt wird», sagt Boris Jud-Fleet, Lebensmittelingenieur und Werksleiter der Blattmann Schweiz AG. In Wädenswil verarbeitet das Schweizer KMU mit 53 Mitarbeitenden in einem Werk täglich rund 50 bis 60 Tonnen Weizenmehl. Endprodukte sind Glukose, Gluten, Quellstärke, Tierfutter und Flüssigstärke. In einem zweiten Werk, der Noredux, werden «glutenfreie» Stärken im sogenannten Blattmann-Verfahren zu täglich circa acht Tonnen Dextrin verarbeitet. Beliefert werden, mit einem Exportanteil von 40 Prozent, Kunden aus der Nahrungsmittel-, Pharma-, Bau- und Papierindustrie. Nachhaltigkeit ist für das Unternehmen mit bald 160-jähriger Geschichte ein Kernwert in der Unternehmensphilosophie. Um sich von den Konkurrenten aus dem Ausland abzuheben, werden heute 75 Prozent der Produkte mit Bio-Label produziert. Zudem wird die Clean-Label-Produktion im Noredux-Werk forciert. Die Clean-Label Produkte werden statt mit Säure mit Wasserdampf behandelt, was für den Kunden den Vorteil hat, dass keine E-Nummern deklariert werden müssen.

Glukose und Proteine
Die Produktion von Stärke ist energieintensiv und benötigt viel Wasser, rund 1000 Kubikmeter pro Tag. Das Werk von Blattmann Schweiz steht daher nicht von ungefähr direkt neben dem Zürichsee. In einem Dreiphasendekanter wird der Teig, bestehend aus Wasser, Mehl und Enzymen, in die Phasen A-Stärke, B-Stärke/Protein und Pentosan getrennt. Anschliessend erfolgt die Trennung von Protein (Gluten) und B-Stärke. Mit Gluten beliefert Blattmann auch Müllereien. Diese mischen es dem Mehl bei, damit das Brot eine bessere Kleberstruktur und ein gutes Volumen erhält. Die A-Stärke wird in der Raffinerie zu Glukose verarbeitet. Eine Mischung von A- und B-Stärke ist wiederum die sogenannte Quellstärke, mit der Instant-Produkte, zum Beispiel eine Suppe, kalt angerührt werden können.

Potenzial noch nicht ausgeschöpft
Bereits seit der Gründung der EnAW ist die Blattmann Schweiz AG in der Energie-Modell-Gruppe Zürichsee aktiv. Die Gruppe besteht mehrheitlich aus Unternehmen aus der Pharma-, Chemie- und Nahrungsmittelindustrie und trifft sich zweimal jährlich zu einer Sitzung, die auch dem Erfahrungsaustausch rund um Energieoptimierung dient. Alleine von 1997 bis 2012 hat die EnAW-Teilnehmerin Blattmann Schweiz AG ihre CO2-Fracht um 1000 Tonnen verringert. Die Energieeffizienz wurde innerhalb des gleichen Zeitraums durch die Umsetzung von verschiedenen Energieoptimierungsmassnahmen auf 127.7 Prozent gesteigert. Jud-Fleet hat auch für die Zielvereinbarungsperiode von 2013 bis 2020 Grosses vor: «Wir haben noch Potenzial nach oben. In den vergangenen Jahren wurde in Projekte investiert, um die vorgegeben Ziele zu übertreffen. In den nächsten acht Jahren soll der CO2-Ausstoss gegenüber 2013 um weitere 15 Prozent reduziert werden.»

Von kantonalen Vorschriften befreit
«Die Blattmann Schweiz AG hat bereits in der vergangenen Zielvereinbarungsperiode mehr gemacht als gefordert. Seit 2013 hat Blattmann dank kurzen Entscheidungswegen, schnellen Reaktionszeiten und einem Prozessingenieur in den eigenen Reihen nochmals einen Zacken zugelegt», sagt Simone Hegner, die als Co-Moderatorin den Betrieb für die EnAW betreut. Durch die UZV der EnAW wurde das Unternehmen von den Detailvorschriften des Grossverbraucherartikels des Kantons Zürich befreit und erhält zugleich die CO2-Abgabe sowie den Netzzuschlag auf Strom zurückerstattet. Da die CO2-Abgabe per 1. Januar 2016 von 60 auf 84 Franken pro Tonne CO2 erhöht wurde, fällt die Rückerstattung 2016 grösser aus.

Neue Anlagen und Prozesse
In den letzten Jahren wurden einige grössere Projekte verwirklicht. 2013 kaufte Blattmann einen neuen Dekanter, der zwei alte Modelle ersetzte und eine jährliche Stromeinsparung von 120 Megawattstunden bewirkt. 2015 folgte der Ersatz des Pentosanverdampfers durch eine Umkehrosmoseanlage. Der Dampfverbrauch im Prozess konnte erheblich reduziert werden und es resultiert eine jährliche Einsparung von 580 Megawattstunden Erdgas und 280 Megawattstunden Strom. Im vergangenen Jahr überarbeitete das Unternehmen das sekundäre Wasserkonzept. Die Folge: Heute kann anfallendes Kühlwasser auch als Prozesswasser genutzt werden. Und auch im aktuellen Jahr wird die Energieeffizienz mit wirtschaftlichen Massnahmen, wie beispielweise der Nutzung von Abwärme zur Vorwärmung der Trocknungsluft im Prozessbereich Klebermahlung und Trocknung, weiter verbessert. Das Unternehmen setzt, nicht zuletzt dank der UZV, seine Ressourcen dort ein, wo der Ertrag am grössten ist.

Grossverbraucherartikel im Kanton Zürich
Im Jahr 1997 hat der Kanton Zürich den Grossverbraucherartikel (GVA) eingeführt. Wer jährlich mehr als eine halbe Gigawattstunde Strom oder mehr als fünf Gigawattstunden Wärme braucht, gilt als Grossverbraucher. Als Richtwert wird eine durchschnittliche Steigerung der Energieeffizienz von zwei Prozent pro Jahr erwartet. Der Kanton Zürich nimmt periodische Erhebungen über Energieverbrauchsdaten vor, um neue Grossverbraucher zu erfassen. Ist ein Unternehmen im Besitz einer Universalzielvereinbarung (UZV) mit der EnAW, sind die gesetzlichen Anforderungen für Grossverbraucher erfüllt. Die UZV nimmt Rücksicht auf betriebliche Abläufe und ermöglicht es dem Unternehmen, die angestrebten Effizienzziele mit eigens für den Betrieb festgelegten Massnahmen zu erreichen.


Interview mit Boris Jud-Fleet, Werksleiter Blattmann AG
Bereits seit der Gründung der EnAW ist die Blattmann Schweiz AG in der Energie-Modell-Gruppe Zürichsee. Wie sieht der Austausch zwischen den Teilnehmern aus?
Unsere Gruppe harmoniert sehr gut. Wir treffen uns zweimal im Jahr bei einer Firma zum Austausch. Wir besichtigen jeweils das Unternehmen und begutachten die umgesetzten Massnahmen. Zudem gibt es Referate zu gemeinsamen Themenschwerpunkten wie beispielsweise Reinheit in der Pharma- und Nahrungsmittelindustrie. Ich halte aber auch neben diesem Austausch den Kontakt mit einigen Teilnehmern. So kann es durchaus mal vorkommen, dass man sich eine spezielle Maschine ausleiht.

Wie hilft Ihnen die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) bei der Erreichung Ihrer Ziele?
Vor drei Jahren haben wir einen Prozessingenieur eingestellt. Er hat auch unseren neuen Massnahmenplan erstellt. EnAW-Co-Moderatorin Simone Hegner hat diesen geprüft und schnell festgestellt, dass alles Hand und Fuss hat, was wir vorgeschlagen haben. Das Moderatorenteam unterstützt uns fortlaufend bei Fragen rund um die juristischen Prozesse und die Nutzung des Monitoring-Tools. Dank der Zielvereinbarung wurden wir zudem von kantonalen Detailvorschriften befreit und erhalten die CO2-Abgabe, ein sechsstelliger Betrag pro Jahr, zurück.

Zeigen Sie Ihre Bemühungen auch einem breiteren Publikum?
Der nachhaltige und umweltschonende Umgang mit Ressourcen ist in der Blattmann-Strategie verankert und Teil unseres Energiekonzepts. Lokal sind wir bestens bekannt und haben beispielsweise letztes Jahr die Bewohner eingeladen, unsere Produktion zu besichtigen. Wir haben aber niemanden, der täglich Marketing in dieser Sache betreibt.


Interview mit Alexander Herzog, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), Zürich
Welche Ziele verfolgt der Kanton Zürich mit dem Grossverbraucherartikel (GVA)?
Der Kanton Zürich verpflichtet die Energie-Grossverbraucher zur Steigerung der Energieeffizienz, was in der Regel auch die CO2-Emissionen reduziert. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, indem die Energiekosten gesenkt werden und eine nachhaltige Entwicklung gefördert wird.

Betrifft dies nur grössere Unternehmen oder auch KMU?
Wir reden hier von Unternehmen, deren jährliche Energierechnung mindestens 75‘000 Franken beträgt. Und genau für solche Betriebe lohnt es sich, mit eigenem technischen Personal oder einem beauftragten Berater oder einer Beraterin den Energieverbrauch zu analysieren und geeignete Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz zu ermitteln.

Wie viele Unternehmen sind aktuell im Kanton Zürich Grossverbraucher?
Aktuell haben wir mehr als 70 laufende kantonale Zielvereinbarungen, die insgesamt rund 350 Grossverbraucher-Betriebstätten beinhalten. Einige davon bestehen aus einer Gruppe von Unternehmen, die sich zu einem gemeinsamen Effizienzziel verpflichtet haben. Dazu kommen mehr als 200 von der EnAW erarbeitete Universalzielvereinbarungen (UZV), welche gegen tausend Betriebsstätten im Kanton Zürich haben.

Text: Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)

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