Bäuerinnen in Mulanthuruthy (Kerala/Indien) vor der neu installierten solaren Wasserpumpe. Solarpanel-Herstellung in Bangalore. ©Foto: BFH-TI.

Ernesto Moeri: «Die Plattform REPIC generiert Projekte und schlägt sie Investoren vor. So lautet meine ‹Gurten-These›.» ©Foto: T. Rütti

Alex Arter (entec) präsentierte einen ganzen Katalog von Stolpersteinen, die sich vermeiden liessen. ©Foto: T. Rütti

Anjali Shanker (IED) warnte davor, bei der Projektrealisierung immer wieder die gleichen Fehler zu machen. ©Foto: T. Rütti

Zum Erreichen der Vorgaben von SECO, DEZA, BAFU und BFE wurde ein Netzwerk geschaffen, das unablässig weiter ausgebaut wird. ©Bild: T. Rütti

REPIC: Erfolgsfaktoren für Projekte in Entwicklungsländern

(©TR) REPIC, ein marktorientiertes Dienstleistungszentrum, realisiert in Entwicklungs- und Transitionsländern Projekten unter Mitwirkung und Anleitung von Schweizer Unternehmen und Organisationen. Die Ende September auf dem Berner Gurten abgehaltene Fachveranstaltung trug den Titel «Erfolgsfaktoren für wirkungsvolle Projekte».


«Die Plattform REPIC generiert Projekte und schlägt diese Investoren vor. So jedenfalls lautet meine ‹Gurten-These›.» Diese simpel klingende Schlussfolgerung formulierte am Ende der Fachveranstaltung der aus Brasilien angereiste Gastreferent und Direktor des Unternehmens Ecogeo, Ernesto Moeri. Er kann auf eine jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit in Brasilien zurückblicken. Laut seiner Prognose lässt sich der Energiebedarf Brasiliens bis 2050 zu 100 Prozent aus allen erdenklichen erneuerbaren Energieressourcen abdecken, wie Biomasse, Geothermie, Kleinwasserkraft, Photovoltaik, Solarthermie und Wind. Die Schweiz wird dabei ihr Expertenwissen weiterhin auch in Südamerika zur Geltung bringen.

Erfolgreiche oder zum Teil auch redimensionierte oder gar gestrichene Projekte
Die Präsentation von erfolgreich realisierten oder zum Teil wieder redimensionierten, wenn nicht gar fallen gelassenen Projekten sowie die Ausformulierung von hoffnungsvollen Ansätzen: Dies waren denn auch die hauptsächlichsten Programmpunkte der Tagung; Referate, Erfahrungsaustausch, eine kleine Posterausstellung sowie vor allem Networking. Die Workshops wurden geleitet von Angela Mastronardi (REPIC Sekretariat), François Vuille (Managing Consultant e4tech) und Guillaume Taylor (Managing Director Quadia). Durch die Veranstaltung führte REPIC-Koordinator Stefan Nowak.

 

Die bereits vierte Phase wird 2014 gestartet
REPIC ist eine interdepartementale Plattform der Bundesämter SECO, DEZA, BAFU und BFE zur Förderung von erneuerbarer Energie und Energieeffizenz in Entwicklungs- und Transitionsländern (REPIC = Renewable Energy & Energy Efficiency Promotion in International Cooperation). 2004 gestartet, ist das Programm gerade dabei, die dritte Projektphase abzuschliessen; mehr über die bisherigen Projekte ist auf der REPIC-Hompage zu erfahren. Hier stellvertretend für x andere erfolgreich realisierte Projekte, ein Beispiel: Von der Berner Fachhochschule (Departement Technik und Informatik BFH TI) wurde in Biel von Prof. Dr. Andrea Vezzini eine solare Wasserpumpe entwickelt, die er von einer Firma in Indien produzieren liess. In einem von REPIC mitfinanzierten Projekt (Leitung: PD Dr. Eva Schüpbach) wurden 20 Pumpen bei Bäuerinnen in Indien installiert, um während der Trockenzeit die Felder bewässern zu können. «Im Projekt werden die entsprechenden Daten – Fördermenge, bewässertes Gebiet, Ertrag sowie Marktpreis der angebauten Nahrungsmittel – gesammelt. Mit den Resultaten wird ein Modell zur Markteinführung der solaren Wasserpumpe in Indien evaluiert», so Eva Schüpbach.

Lokale
Rahmenbedingungen und Gepflogenheiten
Wie wichtig es ist, die lokalen Rahmenbedingungen, Gepflogenheiten und mentalitätsbedingten Eigenheiten beziehungsweise die Unterschiede zwischen uns Schweizern und irgendeinem Entwicklungsland zu kennen und zu respektieren, ging aus den Referaten und Inputs der Projektverantwortlichen hervor. Etwa aus dem Report von Anjali Shanker, Directrice Générale IED Innovation Energie Développement. Sie warnte davor, in der Entwicklungszusammenarbeit und bei der Projektrealisierung auch aus einer gewissen Betriebsblindheit immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Daran zweifelt sicherlich niemand: Die Effizienz von Förderprogrammen liesse sich deutlich steigern, wenn häufig auftretende Fehler ein für allemal ausgemerzt würden.

Fehlende Geduld – bei den Schweizern sowie den lokalen Behörden, Unternehmen und Organisationen
Das löst Kopfschütteln aus: Das Scheitern eines Projektes muss nicht selten auf an sich banale Ursachen zurückgeführt werden, Missverständnisse etwa, falsche Erwartungen oder geschürte Hoffnungen; fehlende Geduld auf beiden Seiten – bei den Schweizer Projektverantwortlichen und bei den lokalen Behörden, Unternehmen und Organisationen. Aber auch bei der Bevölkerung: Für sie sind Ideen schweizerischen Zuschnitts Neuland. Den Betroffenen wird anscheinend nicht in jedem Fall genügend Zeit gelassen, sich mit unseren Vorgaben und Anweisungen anzufreunden. So zielstrebig wie mancher Projektverantwortliche zu Werke geht, vielfach macht er die Rechnung eben ohne den Wirt beziehungsweise die Direktbetroffenen. Was es braucht – so der Tenor der Referate –, ist Aufklärungsarbeit und viel Einfühlungsvermögen. Wer in einem Entwicklungsland mit der Türe ins Haus platzt, der ruiniert womöglich das Projekt – und im Nebeneffekt vielleicht auch noch seine Nerven, ganz zu schweigen von den vertanen Geldern.

Den Vertragspartnern die Möglichkeit bieten, aus Fehlern oder Versäumnissen zu lernen
Alex Arter (Gschäftsführer entec Schweiz entec Consulting & Engineering) präsentierte aufgrund seiner auch persönlich gemachten Erfahrungen einen ganzen Katalog von Stolpersteinen, die sich, bei Lichte betrachte, vermeiden liessen, zum Beispiel:

  • Unrealistische Zielsetzungen beeinträchtigen die Erfolgsaussichten von Förderprogrammen massgeblich
  • mit rein technologiefokussierten Programmen lässt sich der optimale Wirkungsgrad kaum erreichen
  • die Subvention von Sachgütern verfehlt meistens den erhofften Zweck
  • viele Projekte kranken an der nichtadäquaten Zuteilung von Projektmitteln
  • die Umsetzungszeit der meisten Programme ist viel zu knapp bemessen; Zeitüberschreitungen sind an der Tagesordnung.
  • lokalen Vertragspartner wird vielfach die Möglichkeit nicht geboten, aus ihren Fehlern und Versäumnissen zu lernen; lieber schaut man sich nach neuen (ebenfalls unerfahrenen) Partnern um
  • fehlendes Monitoring stellt den langfristigen Erfolg von Projekten in Frage
  • fehlende Transparenz bezüglich der Kostenstruktur von Projekten verteuert diese unnötig.

Mit weiteren Erfahrungs- und Erlebnisberichten sowie Ratschlägen aus der Praxis warteten auch Simon Genther und Stefan Schneeberger (Projektverantwortliche NEK Umwelttechnik AG) auf. Desgleichen Daniel Schneider (Directeur CEAS Centre Ecologique Albert Schweizer) und Martin Hiller (Generaldirektor REEEP Renewable Energy and Energy Efficiency Partnership). Er und seine Vorredner plädierten für eine Multiplizierung der erfolgreich abgeschlossenen Projekte, statt zu grosse Risiken mit zu gewagten und eher aussichtslosen Experimenten einzugehen.

Nachhaltige Entwicklung auf internationaler Ebene
Die Stärkung und Koordination der entsprechenden Bundesaktivitäten in Entwicklungsländern wird auch bei der vierten, 2014 anlaufenden Phase als übergeordneter Leitgedanke hochgehalten, namentlich

  • die Umsetzung einer kohärenten Politik und Strategie der Schweiz zur Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz in der internationalen Zusammenarbeit
  • die Umsetzung der globalen Klimaschutzvereinbarungen.
  • die Förderung einer nachhaltigen Energieversorgung in Entwicklungs- und Transitionsländern ebenso wie in der Schweiz.
  • die Umsetzung der schweizerischen Politik einer nachhaltigen Entwicklung auf internationaler Ebene.

Zum Erreichen der Vorgaben von SECO, DEZA, BAFU und BFE wurde ein Netzwerk geschaffen, das der Informationsvermittlung und Sensibilisierung interessierter Kreise dienen soll. Es wird unablässig weiter ausgebaut. Denn es geht um einen Erfahrungsaustausch unter möglichst vielen erfolgreich wirkenden Akteuren; 110 von ihnen waren auf dem Gurten in der Kulturscheune UPtown vor Ort. 

Zum Interview Dr. Stefan Nowak >>

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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