Der neue Pellet-Lastwagen fasst 19.5 Tonnen Pellets.

Auf dem Erlenhof werden jährlich rund 100'000 Festmeter verarbeitet, zum grössten Teil Holz aus der Region.

Das 2000-Tonnen-Pelletsilo

Prozess-Schema der Anlage

T10 - ORC Anlage „Natalie“ mit einer Leistung von 1’000 kW

Energie aus Holz: aus der Region, für die Region

(AN) Der Erlenhof in Gossau SG ist ein Vorzeigebeispiel in Sachen Holznutzung: von der Sägerei über den Wohnungs-, Industrie- und Silobau, der Pelletproduktion bis hin zum Holzkraftwerk für Strom und Wärme.


Auf dem Erlenhof steht ganz am Anfang der Wertschöpfungskette mit der Sägerei der Holzwerk Lehmann AG eines der grössten Sägewerke der Schweiz. Jährlich werden hier rund 100'000 Festmeter verarbeitet, zum grössten Teil Holz aus der Region. Direkt an die Sägerei angegliedert ist die Holzverarbeitung: Ein bedeutender Teil des selbst produzierten Schnittholzes wird vor Ort weiterverarbeitet. Um die vielfältigen Ansprüche des Marktes abzudecken, verfügt das Holzwerk Lehmann AG über ein klimatisiertes Lager mit den unterschiedlichsten Holzsorten.

In der Blumer-Lehmann AG wird das einheimische Holz in drei Bereichen weiterverarbeitet: dem Wohnungs- und Industriebau sowie dem Silobau. Damit wird vom Einfamilienhaus über die Industriehalle und Silos bis hin zum Mehrfamilienhaus alles gebaut, auf Wunsch auch im Minergie-P-Standard. Neben Mehrfamilienhäusern aus Holz werden auch besondere Bauten realisiert, so zum Beispiel die Dachkonstruktion des Yeoju Golf Resorts in Südkorea oder die Unterkonstruktion für eine 1.6 km lange Achterbahn im selben Land.

Die Beniwood AG
Und wo gehobelt wird, fliegen auch Späne und diese sollten ebenfalls genutzt werden. So dachte jedenfalls Beni Gmünder, Inhaber der Beniwood AG. Aus diesem Grund produziert er auf dem Gelände der Blumer-Lehmann AG seit 2007 Ostschweizer Pellets. Bis dahin konzentrierte sich sein Unternehmen auf die Rindenbrikett- und Tierspreuproduktion, beides Produkte aus reiner Baumrinde. Und Rinde war das Steckenpferd von Beni Gmünder: Jahrelang schälte er mit einer mobilen Entrindungsmaschine Baumstämme in den Wäldern und bei der Sägereien in der Region. Und weil Beni Gmünder keine halben Sachen mag, war der Schritt hin zur Verwertung dieser Rinde zum Brikett mehr als logisch. Genauso wie der neue Betriebszweig Holzpellets, denn schliesslich fiel auf dem Betriebsgelände der dazu notwendige Rohstoff Sägemehl und Hobelspäne in rauen Mengen an. Richard Hinrichs, Geschäftsführer der Beniwood AG: „Mit unserer vollautomatischen Pelletieranlage produzieren wir jährlich 8000 Tonnen Pellets. Mit Holz aus der Region für die ganze Ostschweiz.“ Die Produktionskapazität beträgt 15‘000 Tonnen. Sechs Mitarbeiter sind in der Produktion und Administration tätig, und neu wurde eine 50-Prozent-Stelle für die Werbung geschaffen.

2000 Tonnen-Silo
Vor dem Produktionsgebäude der Beniwood AG steht ein 2000-Tonnen-Pelletsilo. „Der Silo gibt uns die nötige Flexibilität, um alle unsere Kunden zuverlässig mit Pellets beliefern zu können.“ Und davor steht der rot leuchtende neue Pellet-Lastwagen: „Er fasst 19.5 Tonnen Pellets“, erklärt Richard Hinrichs.

Wärme und Strom
Seit vergangenem Oktober produziert ein Steinwurf von der Pelletieranlage entfernt ein Holzkraftwerk die nötige Wärme für die Trocknung der Späne und des Sägemehls für die Pelletierung, fürs Heizen aller Gebäude und Produktionshallen sowie für die Trocknungsanlagen des Holzwerks der Lehmann AG und der Blumer-Lehmann AG. Doch das Kraftwerk kann noch mehr: Mit einem Megawatt elektrischer Leistung ist es das zur Zeit grösste Holzkraftwerk mit ORC-Technologie (ORC-Organic Ranking Cycle) der Schweiz. Die Leistung der Heizung beträgt stolze 6 Megawatt. 11 Millionen hat es gekostet, 4 Millionen davon wurden alleine für den Strombereich aufgewendet. Betreiber des Kraftwerks sind die Erlenhof Energie AG, eine Tochterfirma der Holzwerk Lehmann AG, und die St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK). Die Gossauer Unternehmung ist für die Brennstoffaufbereitung und die Feuerung verantwortlich. Die SAK betreibt das ORC-Modul und sorgt für die Erzeugung der elektrischen Energie.

Und so funktioniert’s
Die für den Betrieb des Holzkraftwerks erforderliche Wärme wird ausschliesslich durch die Verbrennung von Restholz aus dem angrenzenden Holzwerk der Lehmann AG und den umliegenden Wäldern gewonnen. Es werden pro Jahr rund 55‘000 Kubikmeter Holzschnitzel benötigt.

Mittels eines Trogkettenförderers gelangen die Schnitzel in die 6-MW-Holzzentrale, wo rund 1000 Grad Celsius erreicht werden. Diese Wärme erhitzt den nachgestellten Thermoölkessel auf eine Betriebstemperatur von 312 Grad Celsius. Der Kessel gibt die Wärme ans ORC-Modul ab. Dieses Verfahren ist dem thermodynamischen Kreislauf einer Dampfturbine ähnlich; anstelle von Wasser wird jedoch Silikonöl verwendet. Diese Technologie ist im Vergleich zu einer Dampfturbine, die ein aufwändiges Dampfnetz mit Wasseraufbereitung erfordert, bedeutend günstiger.

18% Strom und 75% Wärme
Das verdampfte Silikonöl mit einer Temperatur von rund 270 Grad Celsius und einem Druck von ca. 11 bar treibt die ORC-Turbine an, die so elektrische Energie erzeugt. Ein weiterer Vorteil der ORC Technologie ist, dass die Stromproduktion dem Temperaturprofil der Wärmeproduktion gleitend angepasst werden kann. So wird die Wärme sehr effizient genutzt, werden doch etwa 18 Prozent in Strom umgewandelt. Am Ausgang des ORC-Moduls werden 75 Prozent der Wärme ins Nahwärmenetz Erlenhof eingespeist und dienen zur Wärmeerzeugung für alle Betriebe auf dem Erlenhof. Das Kraftwerk produziert jährlich 24‘000 MWh Wärme und 5‘000 MWh Strom.

Ralph Egeter, verantwortlich für Engineering & Bau bei der SAK, erklärt: „Beim Anfahren des Kraftwerks im vergangenen Oktober haben wir rund einen Monat gebraucht, um alle Prozesse optimal aufeinander abzustimmen. Im Moment sind wir an den manuellen Feinabstimmungen, die später von der Betriebssoftware zum grössten Teil automatisch ausgeführt werden. Das Kraftwerk wird pro Jahr 11 Monate in Betrieb sein und jeweils im Sommer während der Ferien der holzverarbeitenden Betriebe revidiert.“ Auf unsere Frage nach der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) antwortet der Fachmann: „Wir erhalten pro Kilowattstunde 25 Rappen aus dem KEV-Fonds.“

© Text und Bilder: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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