Die Umfrage im Kanton Neuenburg betreffend der Akzeptanz von Windenergie, einem wichtigen Standortkanton, brachte Zustimmungswerte von 93%.

Das grosse Geld mit Windenergie?

(Suisse Eole) Glaubt man den Aussagen von Windenergiegegnern, so wird die Schweizer Windenergieszene von ausländischen Konzernen, rücksichtslosen Planern und profitgierigen Strombaronen beherrscht. Wer genauer hinschaut, entdeckt jedoch weder Monster noch Gespenster, sondern ganz normale Bürgerinnen und Bürger.


Die Kantone vermessen ihre Windenergiepotenziale und scheiden Standorte in der Richtplanung aus. Die breit angelegten Verfahren beziehen Gemeindebehörden, Amtsstellen und Umweltverbände in die Ermittlung der geeigneten Standorte ein. Die kantonalen Abklärungen fördern ein erstaunliches Potenzial zutage: Im Kanton Neuenburg kann 20%, in der Waadt bis zu 25% des Stromverbrauchs mit Windenergie gedeckt werden.

Projektentwickler mit Mut, Risikobereitschaft
Damit die Standorte tatsächlich auch realisiert werden können, braucht es Projektentwickler mit Mut, Risikobereitschaft und langem Schnauf. Denn von den ersten Planungsschritten über das mehrstufige Bewilligungsverfahren bis zum Spatenstich können etliche Jahre vergehen. In St. Brais waren es sieben, bei der Erweiterung des Mont-Crosin neun, beim Projekt Crêt-Meuron sind es bereits über zehn Jahre Planung, wobei der Ausgang aufgrund erneuter Einsprachen noch immer unklar ist.


Kein schnelles Geld

Schon diese Fristen machen klar: Das schnelle Geld ist mit Windenergie nicht zu machen. Zieht man die umfangreichen Vorinvestitionen und die Projektrisiken in Betracht sind die Renditen bescheiden. Ein gewinnorientierter Investor müsste sich vernünftigerweise nach anderen Anlagemöglichkeiten umsehen. Weshalb, so fragt man sich, gibt es denn immer noch genügend Investoren?

Hinter den Windenergieprojekten steht nicht etwa Profitgier, sondern der Wunsch der Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes nach einer nachhaltigen Stromversorgung. Diese Bestrebung äussert sich einerseits in der steigenden Nachfrage nach grünen Stromprodukten, andererseits im politischen Willen. Zahlreiche Städte von Genf bis St. Gallen haben sich – oft auf Basis von Volksabstimmungen – entschieden, ihre Stromversorgung zu 100% auf erneuerbare Energien umzustellen. Die sehr bedauerlichen Ereignisse in Japan werden diese seit längerem bestehende Tendenz noch verstärken.

Stadtwerke und Kleinunternehmen
Neben einigen grossen Stromversorgern, die sich meist in den Händen der Kantone befinden (z.B. sol-E Suisse SA/BKW-FMB AG), sind es die städtischen Elektrizitätswerke, die den Ausbau der Windenergie vorantreiben: Die Genfer SIG, die Lausanner SIL, die Zürcher EWZ, die Basler IWB, um nur die grössten zu nennen. Unter den Projektentwicklern finden sich aber auch Kleinunternehmen wie die genossenschaftlich organisierte ADEV aus Liestal, die seit 25 Jahren mit viel Idealismus in erneuerbare Energien investiert und als Pionierin erhebliche Risiken in Kauf genommen hat.

KEV: Abfederung des Investitionsrisikos

Die 2008 eingeführte kostendeckende Einspeisevergütung trägt lediglich zur Abfederung des Investitionsrisikos bei. Nebenbei bemerkt fördert das System via wettbewerbliche Ausschreibungen auch die Energieeffizienz. Treiben die Elektrizitätsversorger den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht selber voran, drohen behördliche Massnahmen: Falls sich abzeichnet, dass die Zubauziele von 5400 GWh (10% des gesamtschweizerischen Stromverbrauchs im Jahr 2000) nicht erreicht werden, können sie gemäss Energiegesetz ab 2016 vom Bundesrat verpflichtet werden, die Kapazitäten auszubauen. Dem Ausbau der Windenergie in der Schweiz wurde in einem wegweisenden Bundesgerichtsurteil 2006 grosses öffentliches Interesse attestiert. Zu behaupten, bei der Windenergie gehe es vor allem ums Geld ist nicht nur unfair, sondern angesichts aller genannten Tatsachen einfach nur grotesk.

Regionaler Beitrag
Verquer ist auch das oft bemühte Bild vom Stadt-Land-Gegensatz, von städtischen Investoren, die eine Region auspressen. Investitionen in Windenergie generieren auf vielfältige Weise lokale Wertschöpfung und Steuereinnahmen. Dies nota bene in Randregionen, wo andere Einnahmequellen nicht leicht zu finden sind. Wenn sich wie bei vielen Windenergieprojekten auch die lokalen Stromversorger beteiligen, kann die Region einen Beitrag zur Nachhaltigkeit der eigenen Energieversorgung leisten.

Demokratisch legitimiert und breit abgestützt
Jedes Bauprojekt bedeutet Veränderung, und mit Veränderungen gehen die Leute unterschiedlich um. Es wird wohl kaum ein Bauvorhaben geben, mit dem 100% der Bevölkerung einverstanden sind. Das Wichtigste aber ist, dass alle Windenergieprojekte demokratisch legitimiert und breit abgestützt sind. Beispielsweise hat das kritisierte Projekt St. Brais während 7 Jahren alle Planungsschritte von der für den Kanton Jura modellhaften Richtplanung über die Nutzungsplanung (mit öffentlicher Auflage und Gemeindeabstimmung) bis zur Baubewilligung (mit nochmaliger öffentlicher Auflage und Einsprachmöglichkeiten) durchlaufen. Bei all diesen Schritten gab es keinerlei Opposition. Auch die Finanzierung verdeutlicht die Bürgernähe des Vorhabens: Das Kapital stammt von 600 engagierten Kleinaktionären.

Grosse Akzeptanz
Generell herrscht denn auch in der Schweizer Bevölkerung die Meinung vor, dass Windenergie ein zuverlässiger, kostengünstiger und umweltverträglicher Beitrag zur nachhaltigen Lösung der Energiefrage ist. Dies zeigen immer wieder Umfragen und Volksabstimmungen (z.B. Städte Zürich und Winterthur), wo Windenergie jeweils sehr hohe Akzeptanzwerte erreicht. Die Umfrage im Kanton Neuenburg, einem wichtigen Standortkanton, brachte Zustimmungswerte von 93%. Die Umfrage wurde bereits im Oktober 2010 durchgeführt. Mit der laufenden Neuorientierung in der Energiepolitik werden Akzeptanz und Nachfrage nach Windstrom noch weiter zunehmen.

Text: Newsletter Suisse Eole

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