Kann das Elektroauto auch später geladen werden? Flexibilität soll sich in Zukunft lohnen. ©Bild: Ckw

Enflate: Europäisches Horizon-Projekt zur Digitalisierung des Energiesystems mit Schweizer Beteiligung

(CP) Im Pariser Abkommen haben sich die unterzeichnenden Staaten verpflichtet, bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein. Das europäische Horizon-Projekt Enflate leistet dazu mit einer Plattform für den Handel mit Strom-Flexibilität einen wichtigen Beitrag. Beteiligt sind die Hochschule Luzern, die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke, die Ckw sowie die europäische Strombörse Epex Spot (Frankreich).


Es gab Zeiten, da war es über Mittag nicht möglich, die Waschmaschine anzustellen, weil dann die Schweizer Hausfrauen den Strom brauchten, um für ihre Männer das Mittagessen zu kochen. Rollenbilder, Tagesabläufe und Energiequellen mögen sich verändert haben – was es nach wie vor gibt, sind Spitzenlasten für das Stromnetz. Mit erneuerbaren Energien, die nur dann produzieren, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, spitzt sich die Situation sogar noch zu – insbesondere, weil gleichzeitig auch der Bedarf nach Strom steigt. Das europäische Horizon-Projekt Enflate will diesen Spitzen mit einer digitalen verbraucherzentrierten Handelsplattform entgegenwirken, in der Einzelpersonen ihre Flexibilität im Stromverbrauch gegen Geld anbieten können. Aus der Schweiz sind mit einem eigenen Teilprojekt unter der Leitung der Hochschule Luzern die Ckw AG sowie die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG in Zusammenarbeit mit der Epex Spot dabei.

Flexibilität erforderlich
Durch den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen verändern sich die Stromflüsse. Das Netz, das dies bewältigen muss, ist jedoch nach wie vor das gleiche und nicht darauf ausgelegt. Deshalb braucht es Flexibilität, gerade während Spitzenbelastungszeiten. Flexibilität beschreibt die Fähigkeit, je nach der Situation auf dem Netz den Stromverbrauch hoch- oder herunterzufahren. Die im Rahmen des Enflate-Projekts eingesetzte Handelsplattform soll dies möglich machen: «Wer weiss, dass er sein E-Auto nicht zu einer bestimmten Zeit aufladen muss, soll diese Flexibilität auf der Plattform Enflate verkaufen können», erklärt Christoph Imboden, Dozent an der Hochschule Luzern. Stromanbieter haben dann die Möglichkeit, das Laden zu unterbrechen und den Strom jemand anderem zur Verfügung zu stellen.

Auf Auswirkungen vorbereitet sein
«Wir wollen wissen, ob das funktionieren kann.» Deshalb soll das Angebot in einem Beispielquartier in der Ostschweiz probehalber aufgebaut werden. Für Jürg Solenthaler, Leiter Geschäftsbereich Netz Sak, birgt dieses Vorgehen grosses Potenzial: «Der grundlegende Umbau des schweizweiten Energiesystems in den kommenden Jahrzehnten wird sich auf die einzelnen Verteilnetze auswirken. Darauf müssen die Netzbetreiber vorbereitet sein – aus diesem Grund sind wir auch Mitglied des europäischen Forschungsprojekts. Wir freuen uns darauf mit diesem Teilprojekt die Auswirkungen von Flexibilitätsmärkten auf die Netzauslastung in der Praxis zu untersuchen.» Philippe Vassilopoulos, Direktor Produktentwicklung der europäischen Strombörse Epex Spot, erläutert: «Angebot und Nachfrage werden am ökonomisch sinnvollsten auf einem Markt zusammengebracht. Der neutrale und von der Strombörse transparent ermittelte Referenzpreis schafft die richtigen Anreize, um Flexibilitäten im Stromsystem optimal zu nutzen.»

Konsortium von 30 Akteuren
Das Projekt will nicht das Rad neu erfinden, sondern auf bestehenden Plattformen aufbauen. Im Rahmen des 48-monatigen Europäischen Projektes werden in verschiedenen Ländern vergleichbare Plattformen getestet. Enflate bringt ein Konsortium von 30 Organisationen zusammen: Übertragungsnetzbetreiber, Verteilernetzbetreiber, Marktbetreiber, Regulierungsbehörden, Dienstleister, Hersteller, Hochschulen und Interessengruppen. Das Ziel der Mitglieder ist, saubere Energien in Europa zu fördern, die Kosten der Energiewende zu senken und ihren wirtschaftlichen Nutzen zu steigern. Letztlich soll Enflate die Mittel für eine wirksame Kontrolle des Stromaustauschs auf regionaler, nationaler und europäischer-Ebene bereitstellen, die Kommunikation zwischen dezentralen Energiequellen verbessern und die nachhaltige Entwicklung neuer sektorübergreifender Geschäftsmodelle anregen, die die Beteiligung von Verbrauchern/Abnehmern am kostengünstigen Stromhandel nutzen.

EU-Projekt mit Schweizer Beteiligung
Die Schweiz ist seit dem Abbruch der Verhandlungen mit der Europäischen Union über ein Rahmenabkommen nicht mehr Teil des 100 Milliarden Euro schweren europäischen Forschungsrahmenprogramms «Horizon Europe». Schweizer Hochschulen erhalten somit keine EU-Gelder und können nicht mehr gleichberechtigt an grossen EU-Forschungsprojekten teilnehmen, sondern nur noch als assoziierte Partner. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI finanziert diese Beteiligungen als Ersatzmassnahme direkt. Enflate wird von der Europäischen Kommission im Rahmen ihres Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont Europa mit über 7.5 Mio € finanziert und soll mit einem Gesamtbudget von über 14 Mio € durchgeführt werden.

Text: Hochschule Luzern (Hslu)

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