Es ist bedenklich, dass der Bundesrat nicht in der Lage ist, unsere Nationalbank darauf zu behaften, dass Preis- und Finanzstabilität in direkter Abhängigkeit zur Klima- und Biodiversitäts-Doppelkrise stehen und diese Massnahmen erfordert.

Klima-Allianz Schweiz: Verwaltungsbericht enttäuscht - Nationalbank muss Klima und Biodiversität schützen

(PM) Der Bericht zu den Nachhaltigkeitszielen der SNB leugnet die klima- und umweltpolitische Verantwortung der Nationalbank. Die zivilgesellschaftliche SNB-Koalition unter dem Dcah der Klima-Allianz kritisiert, dass die SNB in Zeiten von Gas- und Ölpreisen getriebener Inflation ihren Verfassungsauftrag nicht wahrnimmt. Die Koalition fordert, dass die SNB ihre Anlage- und Geldpolitik nach dem Pariser Abkommen und den Biodiversitätszielen ausrichtet, sowie die Klima- und Biodiversitätskrise als Bedrohung für Preis- und Finanzstabilität anerkennt. (Texte en Français >>)


Die Nummern verweisen auf den entsprechenden Abschnitt im FAQ am Schluss des Textes.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in der Klima- und Biodiversitätskrise eine riesige Verantwortung (1) und soll sofort Massnahmen ergreifen. Dies nicht nur, weil diese Doppelkrise ihr Mandat der Preis- und Finanzstabilität betrifft (2), sondern auch weil die SNB diese gegenwärtig enorm verschärft (3) und gleichzeitig mit wenig Veränderung proaktiv bekämpfen könnte (4). Die SNB sowie Bundesrat und Verwaltung sehen das gegenwärtig nicht ein, das zeigt der heute erschienene Postulatsbericht zu den Nachhaltigkeitszielen der SNB deutlich (6). Darin übernehmen Bundesrat und Verwaltung fast eins zu eins die Argumentation aus Geschäftsberichten und Publikationen der SNB. Es ist höchste Zeit, dass das Parlament eingreift und die Verantwortung der SNB präzisiert (7).

Heiliges Dogma
Für Asti Roesle, Koordinatorin der zivilgesellschaftlichen SNB-Koalition, ist der Bericht enorm enttäuschend: «Während die Unabhängigkeit der SNB als heiliges Dogma hochgehalten wird, verharren Bundesrat und Verwaltung umgekehrt an der kurzen Leine der SNB.» Roesle ergänzt: «Anstatt aufzuzeigen, mit welcher proaktiven Rolle die SNB den Bund bei der Erreichung seiner Nachhaltigkeitsziele unterstützen sollte, rechtfertigt der Bericht den Status quo der Untätigkeit.»

Das Pariser Klimaabkommen gilt auch für die SNB
Auch die SNB muss sich an Spielregeln halten und mit ihrer Geschäftstätigkeit die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens unterstützen. Es ist bedenklich, dass der Bundesrat nicht in der Lage ist, unsere Nationalbank darauf zu behaften, dass Preis- und Finanzstabilität in direkter Abhängigkeit zur Klima- und Biodiversitäts-Doppelkrise stehen und diese Massnahmen erfordert.

Nun muss das Parlament einschreiten, um die Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele des Bundes zu sichern. Das Parlament ist dafür verantwortlich, den gesetzlichen Rahmen zu präzisieren, damit die SNB ihren Handlungsspielraum nutzt und proaktiv Massnahmen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität ergreift sowie alle Aktivitäten unterlässt, die nicht mit dem Pariser Klimaabkommen und den Biodiversitätszielen vereinbar sind.


FAQ

1. Wieso hat die SNB eine riesige Verantwortung?
Die Schweizerische Nationalbank ist nicht nur eine der grössten weltweiten öffentlichen Investor:innen mit einer wichtigen Vorbildfunktion, sondern ist zusammen mit der FINMA auch mit der Finanzmarktaufsicht betraut. Sie kann so durch verschiedene Regeln die Kreditvergaben der Banken beeinflussen. Die SNB sitzt im Zentrum des Finanzplatzes und hat damit einen riesigen Hebel auf den Finanzmarkt. Ohne proaktive Massnahmen seitens SNB ist es schwierig, einen nachhaltigen Schweizer Finanzsektor wie vom Bundesrat Ueli Maurer proklamiert, zu erreichen.

2. Inwiefern ist das Mandat betroffen?
Die Sicherung der Preisstabilität und der Finanzstabilität des Schweizer Finanzplatzes gehören zu den wichtigsten Aufgaben der SNB. Die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust haben grossen Einfluss auf diese. Da diese Doppelkrise durch radikale Unsicherheiten gekennzeichnet ist, sind genaue Prognosen kaum möglich. Deshalb müssen jetzt Massnahmen ergriffen werden, sowohl im Gesamtinteresse des Landes, wie auch im Interesse eines stabilen Finanzplatzes. Je länger gewartet wird, desto grösser die Gefahr einer finanziellen Instabilität und desto höher der Preis zur Schadensbehebung.

3. Inwiefern verschärft die SNB die Doppelkrise?
Die SNB investiert in Unternehmen in den grössten Weltmarktindizes. Diese bevorzugen besonders kohlenstoffintensive Unternehmen [3]. Aufgrund des passiven Investitionsverhaltens ohne Ausschlüsse von beispielsweise Fracking, kauft die SNB Aktien von Öl- und Gasunternehmen im grossen Stil mit Millionen bis Milliardenbeträgen [4]. Damit destabilisiert sie langfristig das Finanzsystem, erhält bestehende treibhausgasintensive Strukturen und leistet der schleichenden Zerstörung der Welt Vorschub anstatt die notwendige Transition zu einer treibhausgasarmen, biodiversitätsfördernden und sozial gerechten Wirtschaft zu ermöglichen.

4. Was könnte die SNB tun?
Sie könnte Geld weg von klima- und biodiversitätsschädlichen Sektoren hin zu solchen leiten, die eine nachhaltige Wirtschaft bilden. Es gibt bereits ein breites Angebot an passiven und nachhaltigen Anlagelösungen, die sowohl der Kosteneffizienz als auch der Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit gerecht werden. So meint auch EZB-Direktionsmitglied Isabel Schnabel, dass der jüngste messbare Anstieg der Inflation im Euroraum und der in naher Zukunft zu erwartende Aufwärtsdruck auf die Preise ein deutlicher Hinweis auf die Dringlichkeit sind, mit der wir den grünen Übergang beschleunigen müssen.

5. Weshalb zeigt die aktuelle Lage mit dem Ukrainekonflikt exemplarisch, wie fossile Brennstoffe die Preisstabilität bedrohen?
Thomas Jordan sagt in seinem Referat vom 11.10.2022, dass der starke Anstieg der Energiepreise auch durch den Krieg in der Ukraine angeheizt wurde. Allgemein ist das derzeitige, historisch hohe Inflationsniveau substanziell auf die Preise für fossile Brennstoffe zurückzuführen [7]. Die Anteil von fossilen Brenn- und Treibstoffen (Diesel, Benzin, Heizöl und Gas) an der Inflation vom September 2022 betrug rund 37% [8]. Ausserdem bedrohen immer häufiger weltweit auftretende Extremereignisse wie Ernteausfälle die Preisstabilität. Ein substantieller Teil der Inflation europäischer Länder hat seinen Ursprung ausserhalb Europas.

6. Was ist die Hauptaussagen des Postulatberichts?
Die SNB darf wegen ihres Mandats keine proaktive Rolle zum Schutz des Klimas und der Biodiversität einnehmen. Der gesetzliche Rahmen verbietet es ihr.

7. Wieso eine Präzisierung des Mandats Thema werden muss
Die SNB nutzt den Interpretationsspielraum, den ihr der gesetzliche Rahmen bietet, um ihre Inaktivität im Bezug auf Klima und Artenschutz zu rechtfertigen. Nun ist es am Parlament, eine Präzisierung vorzunehmen und sicherzustellen, dass internationale Abkommen der Schweiz eingehalten werden.


Text: Klima Allianz

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