Transportsack für Biogas in denen 1 Kubikmeter Biogas geliefert werden kann. Bild: Martin Egbert

Abdoulaye Gueye, Leiter für technische Entwicklung beim staatlichen Wasserversorger O.N.A.S (Office National de l’Assainissement du Senegal)

Papa Assane prüft den Füllstand einer (B)-Energy-Anlage. Bild: Martin Egbert

Papa Assane prüft den Füllstand einer (B)-Energy-Anlage. Bild: Martin Egbert

Der studierte Ökonom Madiare Diop will Biogas Projekte im Senegal realisieren. Bild: Martin Egbert

Baustelle einer der grössten Schmutzwasser-Biogasanlagen Afrikas vor den Toren Dakars. Bild: Martin Egbert

Maimouna Nwian und ihr Mann Mahmadou Batholy besitzen einen 18 Kubikmeter grossen Fermenter. Bild: Martin Egbert

Zeburinder unter einem knorrigen Baobab, einem der wenigen schattenspendenden Bäume in der Landschaft. Bild: Martin Egbert

Befüllen einer Biogasanlage in einem Dorf im Norden des Senegal. Bild: Martin Egbert

Die Frauengruppe von Thilene häckselt Schilfgras. Bild: Martin Egbert

Technikerschulung an der Universität Ziguinchor. Bild: Martin Egbert

Die Zuckerraffinerie Sucriere Senegalese prüft ein Angebot für ein Pilotprojekt um Melasse zu vergären. Bild: Martin Egbert

Reisspelzen helfen die Konsistenz des Düngers zu verbessern, der aus Reststoffen der Hausanlagen gewonnen wird. Bild: Martin Egbert

Omar Kata Faye, Doktorand an der Universität von Ziguinchor experimentiert mit verschiedenen Substraten. Bild: Martin Egbert

Mahmadou Batholy vor seiner Düngerabfüllanlage. Bild: Martin Egbert

Landwirtschaftlicher Anbauflächen werden mit gereinigtem Schmutzwasser bewässert. Bild: Martin Egbert

Senegal: Biogas statt Feuerholz oder Propangas aber auch für sauberes Wasser - Anlagen für Gross und Klein

(©KS) Das von vier Jahren lancierte nationale Programm für Hausanlagen kommt langsam voran im Senegal, und in Dakar geht bald eine Biogasanlage an der grössten Abwasseraufbereitung Afrikas in Betrieb. Da nicht immer genügend Substrate vorhanden sind, wird an der Universtität von Ziguinchor nach Alternativen gesucht, zum Beispiel mit Mangoresten oder den Rückständen der Produktion von Cashewsaft. Neben den Ersparnissen, weil kein Gas mehr eingekauft werden muss, helfen Gärreste und Dünger aus den Biogasanlagen, auch wenn sie noch so klein sind, diese schneller zu amortisieren.


Viel zu sehen ist nicht von den Biogasanlagen in den Dörfern rund um Richard Toll, einer Stadt im Norden des Senegal, am Ufer des gleichnamigen Flusses. Auf der anderen Seite des mächtigen Stroms liegt der Wüstenstaat Mauretanien. Aber auch rund um Richard Toll ist die Landschaft ausserhalb der bewässerten Felder trocken und karg. So fallen die gemauerten Einfüllstutzen der überwiegend unterirdischen Biogasanlagen kaum auf, zwischen den blassen Farben des staubigen Bodens und der einfachen Steinhäuser.

Abholzung und störender Rauch
Trotz ihrer Unscheinbarkeit haben sie jedoch viel bewegt in dem Leben der Menschen. „Früher mussten wir immer, wenn wir kein Geld für Propangas hatten, Feuerholz zum Kochen schlagen, das hat täglich einige Stunden in Anspruch genommen“, sagt Maimouna Nwian und zupft an ihrem bunten Kopftuch. “Manchmal musste ich sogar zwei Mal am Tag losgehen.“ Warum die Suche nach Feuerholz so lange dauerte, erklärt der Blick in die Umgebung ihres Dorfes Ariwele. Eine Herde magerer Zeburinder drängt sich um den mächtigen, grauen Stamm eines knorrigen Baobabs, einen der wenigen schattenspendenden Bäume in der Landschaft. „Früher gab es mehr Bäume, doch sehr viele wurden für Feuerholz abgehackt“, erklärt Maimouna Nwian mit zusammengekniffenen Augen. Die meisten Menschen in ihrem Dorf mussten immer wieder auf die ohnehin knappe Resource zurückgreifen, selbst nachdem das vor einigen Jahren verboten wurde. Ein weiterer Nachteil: Der Qualm der Feuer belastet die Gesundheit. „Immer hatte ich starken Husten, und meine Augen brannten.“

18 Kubikmeter grossen Fermenter
Seit sie aber vor vier Jahren über das Nationale Biogasprogramm PNB-SN eine Biogasanlage finanziert bekommen haben, hat sich das grundlegend geändert. Maimouna Nwian und ihr Mann Mahmadou Bathouly brauchen seitdem weder Propangas kaufen noch über dem Holzfeuer kochen. In dem 18 Kubikmeter grossen Fermenter unter dem staubigen Boden neben ihrem Haus gärt nun der Dung ihrer 22 Rinder, angerührt mit Reisstroh, Wasser und manchmal Küchenabfällen. Die Anlage produziert täglich mindestens fünf Kubikmeter Methan. Das genügt auch, wenn mal wieder mehr Leute ausser ihren eigenen fünf Kindern zum Essen kommen. „Wir haben viele Verwandte, da kommen schnell mal fünfzehn hungrige Mäuler zusammen.“ Mahmadou Bathouly lacht mit strahlenden Augen. Er hat aber noch viele andere Gründe zur Freude: Nach nur fünf Jahren hat die Familie die umgerechnet knapp 1400 Euro teure Anlage abbezahlt. Nun sparen sie nicht nur umgerechnet rund 10 Euro pro Monat für Propangas.

Verkauf von Gärresten
Denn die Gärreste, die sie der Anlage entnehmen können, verkaufen sich gut. „Wir verdienen damit umgerechnet rund 200 Euro im Monat“, erklärt Mahmadou Bathouly auf dem Weg zur Sammelstelle des Händlers, wo er selbst den Dünger in eine Abfüllanlage kippt und in Säcke verpackt. Mehr noch als der Anbau von Reis und Gemüse auf seinen drei Hektar grossen Feldern, ist der Verkauf des Düngers zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Abnehmer ist die Zuckerfabrik Compagnie Sucrière Sénégalaise in Richard Toll. Sie will immer mehr ihrer 11.200 Hektar grossen Zuckerrohfelder auf diesen biologischen Dünger umstellen. Die Nachfrage scheint also gesichert. „Unser Dorf ist ausserdem sehr sauber geworden, weil die Menschen die Exkremente ihrer meist frei herumlaufenden Tiere einsammeln, um sie in den eigenen Biogasanlagen zu nutzen oder sie an Anlagenbetreiber zu verkaufen“, erklärt Mahmadou Bathouly auf dem Rückweg über die staubigen Wege.

Schilfgras als Substrat
Die gemauerte Biogasanlage ist robust und einfach zu bedienen. Nach einigen Jahren Erfahrung wissen Maimouna Nwian und Mahmadou Bathouly, wie viel Reisstroh und Wasser sie zugeben können und dass sie auf dessen Salzgehalt achten müssen. Sie haben sogar schon ihre Rinder darauf trainiert, ihren Dung möglichst in der Nähe der Anlage fallen zu lassen. Das klingst lustig, ist aber gerade zur Trockenzeit entscheidend. Andere im Dorf klagen über den Mangel an Substrat, weil die Rinderherden aufgrund der Dürre einen immer grösseren Radius brauchen, um genug Futter zu finden. Entsprechend schwierig ist das Sammeln des Dungs. Auch deshalb gibt es Biogasanlagen, in denen Alternativen zum Einsatz kommen. Wie die der Frauenvereinigung von Thilene, auf dem Weg in die Küstenstadt Saint Louis. Auf dem Hof zerkleinert eine Maschine Bündel von Schilfgras zu Knäueln aus feinen, hellgrünen Fasern. „Wir mischen sie zu gleichen Teilen mit Kuhdung, das funktioniert sehr gut in der Biogasanlage“, erklärt Leiterin Khoudia Diop.

Täglich 50 Kilogramm Dünger
Seit zwei Dämme zwischen dem Meer und dem Fluss Senegal gebaut wurden, um die Versalzung der Felder zu stoppen, überwuchert Schilfgras Ufer und Äcker in der Region. Das bedroht Flora, Fauna und die Landwirtschaft. Mit Sicheln ausgerüstete Arbeitstrupps sollen das Schilfgras begrenzen. „Einen davon bezahlen wir aus den Einnahmen durch die Verkäufe des Düngers aus der Biogasanlage“, erklärt Khoudia Diop. Das Biogas nutzen die Frauen zum Kochen, Trocknen und Rösten von Reis, Hirse und Gemüse. Auch gibt es einen Biogas-Stromgenerator, der eine Verpackungsmaschine versorgen kann. „Das Biogas würde für die Herstellung von täglich 50 Kilogramm unserer Produkte ausreichen, nur fehlt uns leider noch der Markt dafür.“ Bisher gibt es erst zwei Geschäfte im nahen Saint Louis, die von den Frauen beliefert werden. So zeigt die Gasuhr neben dem gekachelten Produktionsraum gerade erst 314 Kubikmeter an. Die im Dezember 2020 installierte, zehn Kubikmeter grosse Anlage hätte das Vierfache leisten können. Auch heute befüllen die Frauen in ihren blütenweissen Kitteln die Anlage nur zu Demonstrationszwecken.

Forschung im Bereich Substrate
Die Nutzung alternativer Substrate zum Kuhdung alleine also bringt die Sache nicht voran, ist aber dennoch wichtig. Deshalb forscht Omar Kata Faye an der Universität von Ziguinchor zu diesem Thema. In einem kleinen Gebäude am Rande des Universitätsgeländes demonstriert der Doktorand seine Versuchsanordnung, bestehend aus mit Wasser gefüllten Pet-Flaschen, Plastikschläuchen und einer kleinen Kunstofftonne, die als Fermenter dient. Anhand der Wasserstände misst er die Menge Biogas, mit einem Analysegerät den Gehalt an Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff. So experimentiert er mit Mangoresten, den Rückständen der Produktion von Cashewsaft, Reisspelzen oder Kuh- und Eseldung in verschiedenen Mischungsverhältnissen. Vielversprechend sind die Ergebnisse für die Pulpe der Cashewfrucht. Im Senegal werden 25‘000 Tonnen Cashewfrüchte im Jahr zu Saft verarbeitet. Dabei entstehen 18‘000 Tonnen Pulpe. „Diese birgt ein Potential von 360‘000 Kubikmeter Biogas“, erklärt Omar Kata Faye auf dem Weg über den Campus, der an einem Seminarraum vorbei führt, in dem rund 20 Studenten in Blaumännern gerade über den Abschlussklausuren brüten. Am Nachmittag finden die praktischen Prüfungen statt.

Techniker für Erneuerbare Energien
Mit der Unterstützung der GIZ bildet die Universität von Ziguinchor jedes Jahr Techniker für Erneuerbare Energien aus. Die meisten finden Arbeit im Solarbereich. Dabei gäbe es im Bereich Biogas viel zu tun. “Viele Anlagen im Senegal funktionieren nicht gut, gerade von denen, die über das nationale Programm installiert wurden“, sagt Professor Lat Grand Ndiaye, der den Fachbereich leitet. „Die Kleinbauern mit Mikro-Biogasanlagen müssten besser geschult werden, ebenso die Handwerker, die die Anlagen installieren.“

Viele Potenziale bleiben ungenutzt
Das sieht auch Madiara Diop so. Zudem begrüsst er die Forschungen zu verschiedenen Substraten an der Universität von Ziguinchor. „Wir konzentrieren uns im Senegal viel zu sehr auf Kuhdung, ohne das Potential von Küchenabfällen aus Haushalten und Restaurants, Abfällen von Marktständen oder aus Schlachtbetrieben, Fischverarbeitern sowie andere organischen Reststoffe zu berücksichtigen.“ Madiara Diop sitzt im Boubou, dem traditionellen Männergewand, in seinem Haus in einem Vorort der Hauptstadt Dakar. Vor ihm steht sein Laptop auf einem Plastikstuhl. Um ihn herum tobt das Familienleben. Der Fernseher läuft. Die Schwiegermutter guckt die Winterolympiade in Peking. Madiaras Tochter werkelt in der Küche und sein Neffe kommt gerade aus der Schule. Draussen ruft der Muezzin.

Afrique Biogaz Environment Dakar
Ein Büro für seine junge Firma Afrique Biogaz Environment Dakar kann Madiara Diop sich noch nicht leisten. Bis vor kurzem hat er in Paris gelebt. Nun will der studierte Ökonom Biogas-Projekte im Senegal realisieren. Gerade hat er einen Vertrag mit einer Kommune im Süden des Landes geschlossen. Über mehrere Dörfer verteilt sollen 500 kleine Hausanlagen sowie vier 20 Kubikmeter-Anlagen des deutschen Herstellers (B)-Energy auf zentralen Plätzen in den Dörfern installiert und mit organischen Abfällen der Kommune gefüttert werden. Die Finanzierung soll das Nationale Biogas Programm übernehmen - das hat Madiara Diop zumindest beantragt. Doch er will einiges anders machen.

Kleine und flexible Anlagen aus China
Anstelle von fest gemauerten, relativ grossen Systemen, setzt er auf kleine und flexible Anlagen von (B)-Energy und einem chinesischen Hersteller. „Eine Familie kann schon mit zwei Kubikmetern Biogas zwei Stunden am Tag kochen, dafür braucht sie keine Anlage von zehn und mehr Kubikmetern.“ Zudem seien die festen Anlagen häufig schlecht gemauert, so dass Biogas verloren gehe und in die Athmosphäre entweicht. Flexible Systeme aus robusten Folien seien erheblich preisgünstiger, für verschiedenste Substrate geeignet, einfacher zu betreiben und zu warten. „Und die kleinen Modelle kann man einfach in die Sonne stellen, um die Gärung anzuheizen.“ Selbst die 20- Kubikmeter-Anlagen von (B)-Energy sind aus Folien und Kunststoffteilen gefertigt. Und wer soll deren Erträge verbrauchen? „Mithilfe von leichten Säcken mit einem Fassungsvermögen für ein Kubikmeter, die man sich auf den Rücken schnallt, können Haushalte, Restaurants oder Bäckereien sich das Biogas abholen oder geliefert bekommen“, erklärt Madiare Diop.

Plastiksack von 2 x 8x 1.5 Metern
Eine solche Anlage hat Papa Assane bereits realisiert. Sie steht südlich von Dakar, in dem malerischen Küstenort Popenguine und versorgt die Küche eines Bildungszentrums für Kinder. Nicht jeden Tag herrscht hier Betrieb. Andere Tage muss für 100 Kinder gekocht werden. Der lange Plastiksack von 2 x 8x 1.5 Metern im Hof des ehemaligen Hotels aber ist fast täglich prall gefüllt mit etwa vier Kubikmetern Biogas. Gut also, dass es die Transportsäcke gibt. Abnehmer für das Biogas ist ein Restaurant im Ort. „So entsteht neben der Selbstversorgung ein Geschäftsmodell“, sagt Papa Assane. Aus den Einnahmen wiederum könnte man in Zukunft auch die Beschaffung von Substrat finanzieren, zum Beispiel um die organischen Abfälle von Markständen oder Fischern einzusammeln. Davon wiederum würde die Umwelt profitieren. Eine organisierte Abfallentsorgung ist im Senegal die Ausnahme. Das meiste landet unbehandelt in der Natur, verschmutzt Strassen, Felder und Strände. Und setzt Methan frei.

160 Euro pro Jahr sparen
Für Assanes Firma Methanizer arbeiten acht Angestellte, sie hat schon über 200 Projekte realisiert, in Mali, dem Niger, in Benin, Kamerun oder der Elfenbeinküste, angefangen von einer 200 Kubikmeter grossen Installation in Tunesien, die auf einer Milchfarm mit Käserei arbeitet, bis hin zu den kleinen Hausanlagen des israelischen Anbieters Homebiogas. Woulinnata Tambedu, die in einem Haus am Stadtrand von Yenne wohnt, betreibt so eine Anlage. Prall gefüllt und von einer Staubschicht bedeckt, steht sie in der Sonne neben der Eingangstür. Sandsäcke auf der aufgeblähten Anlagen sorgen für den nötigen Druck auf der Leitung, die in die Küche des Hauses führt. Umgerechnet rund 1050 Euro hat die installierte Anlage gekostet. „Das Geld hatten wir nach rund sechs Jahren wieder drin, weil wir kein Propangas mehr kaufen müssen, obwohl ich jeden Tag für meinen Mann und unsere fünf Kinder koche“, sagt Woulinnata Tambedu. Die Familie wird auch in Zukunft viel Geld sparen, fast umgerechnet 160 Euro pro Jahr. Denn aufgrund der guten Verarbeitung der flexiblen Anlage geht Papa Assane von einer Haltbarkeit von 20 Jahren aus.

Nationale Biogasprogramm als Hemmnis
Im Senegal hat der Elektrotechnikingenieur insgesamt erst 50 Anlagen installiert. Das Nationale Biogasprogramm sieht der 37-Jährige Unternehmer eher als Hemmnis für seine Tätigkeit. Die Antragsteller müssten mit Vertragsfirmen zusammenarbeiten, die mit zu niedrigen Preisen dem freien Markt schaden. Zudem sei die Festlegung auf gemauerte Systeme, die häufig noch dazu überdimensioniert sind, ein Fehler. „Wie zum Beispiel soll man die auf felsigem Untergrund unterirdisch aufmauern?“

Nur ein Viertel geschafft
Eigentlich sollten bis 2020 durch das 2009 gestartete nationale Biogas-Programm 10‘000 Anlagen installiert worden sein. Aktuell gibt es 2300 im Senegal. Eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus. „Es gibt noch sehr viel zu tun“, gibt Malick Gaye zu. Der Koordinator des Programms sitzt in einem abgedunkelten Büro in Dakar. Hinter ihm hängt ein Bild des Präsidenten. „Wir wollen in diesem Jahr alleine 2000 Anlagen bauen, nächstes Jahr sollen es 4000 werden.“ Nur so lässt sich vielleicht noch das neu gesetzte Ziel von 50‘000 Anlagen bis 2030 erreichen.

Was lief schief?
Was ist bisher schief gelaufen? „Anfangs haben wir die Anlagen verschenkt, sie haben aber nicht funktioniert, weil die Menschen sich nicht gekümmert haben, was dem Image der Technologie sehr geschadet hat.“ Nun müssen die Betreiber die Anlagen abbezahlen, können durch den Verkauf von Dünger aber auch Geld verdienen. „Seitdem läuft es besser.“ Auch in Sachen Technolgien soll das Konzept geöffnet werden, das heisst auch flexible Systeme könnten in Zukunft über das Programm gefördert werden. Einen Schub verspricht sich der Koordinator auch durch die Kooperation mit der Schweizer Stiftung Klimaschutz und CO2 Kompensation Klick.

Industrielle Anlage muss Bauvorhaben weichen
Und was ist mit industriellen Biogas-Anlagen? Senegal gilt als stabiler Staat, der den Status eines Schwellenlandes anstrebt. Landwirtschaft, Fischerei, Lebensmittelproduktion, Schmutzwasser und organische Abfälle böten ausreichend Potential. Eine vielversprechende Anlage mit einer Kapazität von 4000 Kubikmetern stand am Schlachthof der Hauptstadt, dem grössten des Landes. Gefördert worden war sie unter anderem durch die Unido, gebaut von der senegalesischen Firma Thecogaz. Das aus Schlachtabfällen und Schmutzwasser gewonnene Methan wurde in einem BHKW in Elektrizität und Wärme umgewandelt. Letztere sorgte für ausreichend Temperatur im Fermenter. Mit der Elektrizität wurden die Kühlräume und Büros versorgt sowie die Beleuchtung der Schlachthalle. Leider musste die Anlage dem Ausbau einer Bahnstrecke weichen.

Abfälle der Compagnie Sucrière Sénégalaise
SB2-4ALL, die Nachfolgefirma von Thecogaz, baut heute überwiegend Kleinanlagen, hofft aber auf den Zuschlag über eine grössere von der Compagnie Sucrière Sénégalaise in Richard Toll. Die Raffinerie prüft zurzeit ihr Angebot für ein Pilotprojekt, um Melasse und andere organische Reste der Zuckerproduktion zu vergären. Die Anlage soll zunächst die Werkskantine des Unternehmens mit Gas zum Kochen versorgen. Das wäre ein Anfang.

Schmutzwasser-Biogasanlage
Klotzen tut dagegen der staatliche Wasserversorger L’Office National de l’Assainissement du Sénégal (O.N.A.S.). Nichts geringeres als Afrikas wohl grösste Schmutzwasser-Biogasanlage baut O.N.A.S. zurzeit in Dakar, unweit des gigantischen, neuen Stadions für Ringkämpfe. Traditionelles Ringen ist beim aktuellen Afrika Cup Meister genauso populär wie Fussball. Auch die Baustelle der Biogas-Anlage ist gigantisch. Baukräne drehen sich über fast hochhausgrossen Fermentern aus Rohbeton. 92‘000 Kubikmeter Schmutzwasser können hier so aufgereinigt werden, dass sie zur Bewässerung landwirtschaftlicher Anbauflächen geeignet sind. „Zunächst werden es 37‘000 Kubikmeter pro Tag sein, doch wir rechnen damit, dass wir schon 2035 mehr als die doppelte Kapazität brauchen“, sagt Abdoulaye Gueye, Leiter für technische Entwicklung bei O.N.A.S.. Die Metropolregion Dakar wächst rasant.

90% des Strombedarfs der Aara
Drei 610-Kilowatt-BHKW werden 90 Prozent des Eigenbedarf an elektrischer Energie der Kläranlage produzieren. Das spart dem O.N.A.S. rund umgerechnet 900‘000 Euro Stromkosten pro Jahr. Noch wichtiger aber ist: „Durch die Nutzung des Biogas vermeiden wir die Emission von 3000 Kubikmeter Methan pro Tag“, freut sich Abdoulaye Gueye und schiebt seinen weissen Bauhelm aus der Stirn. In Zukunft will O.N.A.S. an allen fünf Abwasseranlagen Dakars Biogas-Anlagen bauen.

Die Anlage beim Ringerstadion soll im September 2022 in Betrieb gehen. Zu übersehen ist sie bereits jetzt nicht. Anders als die Hausanlagen von Maimouna Nwian und Mahmadou Bathouly in Ariwele, dem Dorf im trockenen Norden des Landes. Wichtig für die Entwicklung Senegals und seiner Menschen sind sie aber beide.

©Text: Klaus Sieg, Bilder: Martin Egbert

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