Klimaschutzminister Habeck hat neben der Eröffnungsbilanz auch eine erste Auswahl an geplanten Projekten vorgestellt. Derzeit werde geprüft, welche weiteren Massnahmen schnell auf den Weg gebracht werden können. ©Bild: Bmwk

Deutschland: Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck legt negative Klimaschutzbilanz vor – Sofortmassnahmen-Pakete für Frühjahr und Sommer geplant

(ee-news.ch) Der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat am 11. Januar die Eröffnungsbilanz Klimaschutz vorgelegt. Sie soll aufzeigen, wo Deutschland bei den einzelnen Handlungsfeldern steht. Das gilt sowohl für die Klimaziele in den verschiedenen Sektoren als auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Netzausbau. Die Eröffnungsbilanz zeigt, wie sehr der Klimaschutz in Deutschland hinter den Erwartungen liegt.


Robert Habeck: „Die Eröffnungsbilanz Klimaschutz zeigt: Wir starten mit einem drastischen Rückstand. Die bisherigen Klimaschutzmassnahmen sind in allen Sektoren unzureichend. Es ist absehbar, dass die Klimaziele der Jahre 2022 und 2023 verfehlt werden. Aber wir unternehmen alle Anstrengungen, um den Rückstand wettzumachen. Hierzu müssen wir die Geschwindigkeit unserer Emissionsminderung verdreifachen und deutlich mehr in weniger Zeit tun.“ Habeck betonte: „Wir wollen bis 2045 klimaneutral werden und bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien auf 80 Prozent steigern. Die Arbeit dafür hat begonnen. Die prioritären Gesetze, Verordnungen und Massnahmen setzen wir jetzt aufs Gleis ein erstes Klimaschutz-Paket kommt bis Ende April, ein zweites im Sommer.“

Alle Sektoren auf den Zielpfad bringen
Ziel des Klimaschutz-Sofortprogramms sei es, alle Sektoren auf den Zielpfad zu bringen und die erforderlichen Massnahmen in die Wege zu leiten, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen könne, heisst es in der Pressemitteilung des deutschen Klimaschutzministeriums. Alle dafür notwendigen Gesetze, Verordnungen und Massnahmen sollen bis Ende 2022 abgeschlossen werden. Damit dies gelingt, will die deutsche Bundesregierung die Erstellung und Umsetzung des Programms konsequent vorantreiben. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck machte deutlich: „Das alles ist eine Mammut-Aufgabe. Und es wird einige Jahre dauern, bis wir die Erfolge sehen werden. Aber das, was wir jetzt machen, legt die Grundlage dafür, Klimaschutz und Wohlstand zusammenzubringen.“

Sofortmassnahmen
Zu den Sofortmassnahmen, die das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zeitnah vorlegen will, gehören unter anderem:

EEG-Novelle: Im EEG sollen die Weichen für 80 Prozent erneuerbare Stromerzeugung bis 2030 gestellt werden. Dafür sollen die Ausschreibungsmengen erhöht werden. Die technologiespezifischen Mengen sollen anwachsend ausgestaltet werden, von Anfang an von einem sehr ambitionierten Niveau ausgehend. Dabei wird ein Bruttostromverbrauch in der Mitte des Korridors aus dem Koalitionsvertrag (680 – 750 TWh) unterstellt, also 715 TWh. Es soll der Grundsatz verankert werden, dass der EE-Ausbau im überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient.

Solarenergie: Die Solarenergie soll mit einem Solarbeschleunigungspaket entfesselt werden. Das Solarbeschleunigungspaket soll ein breites Bündel an Einzelmassnahmen beinhalten, um die Solarenergie deutlich voranzubringen. Hierzu zählen unter anderem eine Verbesserung beim Mieterstrom, die Anhebung der Ausschreibungsschwellen und eine Öffnung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen unter Beachtung von Naturschutzkriterien. Zudem soll gesetzlich das neue Ziel umgesetzt werden, dass alle geeigneten Dachflächen künftig für die Solarenergie genutzt werden sollen. Bei gewerblichen Neubauten soll Solarenergie verpflichtend, bei privaten Neubauten die Regel werden.

Windenergie: Für Wind an Land sollen kurzfristige Flächenpotenziale erschlossen werden und mit einem Wind-an-Land- Gesetz soll der Ausbauprozess beschleunigt werden. Die Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren sollen reduziert und Massnahmen für eine bessere Vereinbarkeit des Windausbaus mit militärischen Interessen umgesetzt werden. Hier schlummern grosse Flächenpotenziale. So seien im Bereich Funknavigation und Drehfunkfeuer 4 bis 5 GW Leistung möglich. Zusätzlich gebe es ein Potenzial von 3 bis 4 GW Leistung im Bereich militärischer Belange. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz sollen zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie reserviert, der Windenergieausbau mit dem Artenschutz versöhnt und die Voraussetzungen für zügigere Planungs- und Genehmigungsverfahren geschaffen werden.

Senkung des Strompreises: Die deutsche Regierung will die Grundlage für mehr erneuerbaren Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen schaffen. Vor allem im Vergleich zu fossilen Energieträgern soll Strom günstiger werden. So sollen Wärmepumpen und E-Mobilität attraktiver und die Sektorkopplung vorangebracht werden. Deshalb soll ab 2023 die EEG-Umlage über den Bundeshaushalt finanziert und damit die Konsumentinnen und Konsumenten bei den Stromkosten entlastet werden. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage sollen die an die Besondere Ausgleichsregelung gekoppelten Umlagen (Kwkg-, Offshore-Netzumlage) in ein eigenes Gesetz überführt werden, um der Industrie bei den übrigen Umlagen eine verlässliche und planbare Rechtsgrundlage zu schaffen.

Klimaschutzverträge mit der Industrie: Es sollen die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Bereitstellung von Klimaschutzdifferenzverträgen (Carbon Contracts for Difference) als zentrales Instrument zur Unterstützung der Transformation in der Industrie geschaffen werden. Für den Einstieg in klimaneutrale Produktionsverfahren benötigt die Industrie einen verlässlichen Förder- und Investitionsrahmen. Durch dieses Instrument soll sich die Wirtschaftlichkeit klimaneutraler Produktionsverfahren früher einstellen und die Kosten für die Unternehmen planbarer werden.

Wärmestrategie: Auch in der Wärme soll ein hoher Anteil der erneuerbaren Energien angestrebt werden und werden bis 2030 sollen50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden. Energieeffizienz wird als zweite Säule angesehen, daher soll für das optimale Zusammenspiel beider Instrumente eine neue Gebäudestrategie Klimaneutralität erarbeitet werden. Der Klimaschutz im Gebäude soll entscheidend vorangebracht werden. Zudem werde sich die Regierung für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung sowie die Dekarbonisierung und den Ausbau der Wärmenetze einsetzen. Dafür soll die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (Bew) unmittelbar nach der beihilferechtlichen Genehmigung in Kraft gesetzt und ihre Finanzierung aufgestockt werden.

Gebäudestandards und -förderung: Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sollen mit einer zügigen Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes verlässliche Planungsgrundlagen für Investitionen geschaffen werden. Damit sollen Neubauten und Gebäudesanierungen auf das Ziel der Klimaneutralität 2045 sowie einen deutlich reduzierten Energiebedarf ausgerichtet werden. So soll die Vereinbarung im Koalitionsvertrag umgesetzt werden, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben wird. So sollen Fehlinvestitionen, die nicht mit den Klimazielen vereinbar sind, vermieden werden. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude soll parallel zügig angepasst werden; sie soll die neuen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes flankieren und bis 2025 den Markt durch effiziente Anreize an diese Schritte heranführen.

Wasserstoffstrategie: Die Massnahmen zum Markthochlauf der Wasserstofftechnologie sollen angepasst werden, um die Produktion an grünem Wasserstoff gegenüber den bisherigen Plänen zu verdoppeln. Hierfür soll die nationale Wasserstoffstrategie noch in diesem Jahr überarbeitet und zusätzliche Förderprogramme auf den Weg gebracht werden.

Dies sei nur eine erste Auswahl der geplanten Projekte. Derzeit werde geprüft, welche weiteren Massnahmen schnell auf den Weg gebracht werden können. Zudem sollen weitere Massnahmen aus anderen Ressorts und Sektoren in das Sofortprogramm einfliessen, das in den kommenden Monaten in engem Schulterschluss innerhalb der deutschen Bundesregierung erarbeitet werden soll.

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Text: ee-news.ch, Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Bmwk)

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