Laut Martin Schachinger ist die im Oktober-Index dargestellte Preiskorrektur nur der zaghafte Beginn eines Anstiegs um nicht weniger als 15 bis 20 Prozent gegenüber dem Preisniveau von Ende des dritten Quartals. ©Bild: pvXchange.com

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Oktober 2021 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 14.10.2021). ©Bild: pvXchange.com

Pvxchange.com: Modulpreise werden auf das Niveau von 2019 zurückkatapultiert - Besserung ist nicht in Sicht

(MS) Zu Anfang gleich die erste schlechte Nachricht: Auch die Modulpreise tragen zum weltweiten Anstieg der Inflationsrate bei. Nach einer sehr kurzen Verschnaufpause ziehen die Preise bei fast allen Modultechnologien wieder an. Allerdings spiegeln die für Anfang Oktober erfassten Veränderungen noch lange nicht die noch zu erwartenden Preissteigerungen wider. Zum Zeitpunkt der Preiserhebung wurden von einigen Herstellern für kommende Lieferungen bereits noch deutlichere Korrekturen nach oben angekündigt.


Die im Oktober-Index dargestellte Preiskorrektur ist also nur der zaghafte Beginn eines Anstiegs um nicht weniger als 15 bis 20 Prozent gegenüber dem Preisniveau, welches noch vor wenigen Wochen gegen Ende des dritten Quartals Bestand hatte. Dies wird dann aber wohl die letzte Preiskorrektur sein, mit der auf Herstellerebene bis zum Ende des Jahres zu rechnen ist. Natürlich kann es im Spotmarkt auf Basis von Angebot und Nachfrage nochmals Ausschläge nach oben oder unten geben. An den Abgabepreisen der Produzenten an Projektgesellschaften und Distributoren wird sich nach dieser satten Preiserhöhung in der zweiten Oktoberhälfte wohl nichts mehr ändern.

Höhere Gewalt
Fünf der grössten chinesischen Modulhersteller, nämlich Longi, Jinko, Trina, JA Solar und Risen entschuldigten sich kürzlich in einem gemeinsamen Schreiben für die Störungen der Lieferketten und die damit verbundenen Verzögerungen und sonstigen Nachteile, die sich für ihre Kunden dadurch ergeben. Dabei berufen sie sich unter anderem auf die „Force Majeure“, zu Deutsch „höhere Gewalt“, also äussere Umstände wie staatliche Vorgaben oder Naturkatastrophen, deren Vermeidung sich ihrem Einflussbereich entzieht. Dies geschah wohl auch schon vorsorglich, um die jetzt schrittweise vorzunehmenden Anpassungen in bestehenden Lieferverträgen vorzubereiten und zu rechtfertigen. Leider kann sich davon kein EPC oder Distributor etwas kaufen. An ihnen hängt ja wiederum der Rest der Wertschöpfungskette – vom Planer über den Verarbeiter bis hin zum Endkunden. Auch hier wurden in der Regel Verpflichtungen eingegangen, die nicht einfach so in den Wind geschossen werden können.

Keine Besserung in Sicht
Gerade bei grösseren Projekten gibt es einen engen Zeitplan, mühsam erkämpfte, termingebundene Zulassungen und Zertifikate, sowie eine enge Kalkulation, die kaum Preisabweichungen nach oben duldet. Wenn jetzt sicher geglaubte Liefertermine und Einkaufskonditionen wanken, steht so manches Photovoltaikprojekt auf der Kippe. Bei einer Absage einen Umsatzverlust oder schlimmstenfalls eine Konventionalstrafe in Kauf zu nehmen oder den Installationstermin auf unbestimmte Zeit zu verschieben und unter Umständen später den Netzzugang und das Anlagenzertifikat neu beantragen müssen, das sind die unschönen Alternativen, zwischen denen der Errichter nun wählen kann. Denn eine Nachkalkulation und Nachverhandlung mit dem Auftraggeber ist nicht immer möglich oder sinnvoll. Doch wie lange kann und will er warten und auf eine Besserung der Marktsituation hoffen? Diese ist zumindest in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten.

Gründe für horrende Preissteigerung
Was sind aber nun die Gründe für diese horrende Preissteigerung und wie gehen die Modulhersteller damit um? Zunächst einmal werden von den Herstellern in dem oben erwähnten Schreiben die Massnahmen der Zentralregierung in Bezug auf die im Winter drohende Energieknappheit in China aufgeführt, die zu einer Drosselung der Produktion je nach Fertigungsbereich um bis zu 90 Prozent führen sollen. Bei manchen Zulieferern könnte also die Produktion aufgrund dieser Vorgaben, bei Modulproduzenten wegen fehlender oder überteuerter Rohstoffe bald ganz stillstehen, was zusätzlichen grossen Druck auf die insgesamt noch zur Verfügung stehenden Kapazitäten ausübt. Bei solchen Aussichten schlagen natürlich die Gesetze des Marktes bezüglich Angebot und Nachfrage unmittelbar zu. Nur wer bereit ist, entsprechende Aufschläge zu zahlen, wird noch beliefert, wer nicht, hat das Nachsehen. Darüber hinaus haben wir es noch immer mit horrende Transportpreisen im Weltmarkt zu tun. Dieses Problem lässt sich nicht so schnell lösen – im Gegenteil. Der derzeit nicht nur in Grossbritannien herrschende LKW-Fahrermangel verschärft die Lage zusätzlich. Leere, sowie eine grosse Menge voller Container stehen in Zwischenlagern und können nicht gelöscht bzw. abtransportiert werden und fehlen dann natürlich in der internationalen Logistikkette.

Verträge auf dem Prüfstand
Die Modulproduzenten versuchen in dieser prekären Situation nun mit aller Macht, ihre drohenden Verluste zu minimieren und ältere Lieferverträge nachzuverhandeln. Man will nicht in eine ähnlich missliche Lage kommen, wie zum Jahreswechsel 2020/2021. Da kam es nämlich schon einmal zu einer unerwarteten Verteuerung der Rohstoffe und einem Mangel an Frachtkapazitäten, so dass die bereits im Vorjahr ausgehandelten Konditionen in diesem Frühjahr nur noch unter Opferung der kompletten Verkaufsmarge gehalten werden konnten. In diesem Herbst stehen nun offenbar alle Verträge auf dem Prüfstand, die vor März oder April 2021 unterzeichnet wurden. Hier wird ausgelotet werden, ob und wie man zu einer für alle Parteien einvernehmliche Lösung kommt – bestenfalls. Die Abnehmer kleiner bis mittlerer Volumina sitzen hier in der Regel am kürzeren Hebel und müssen mit kleineren oder grösseren Einbussen bei den zugesagten Liefermengen rechnen, sofern sie Anfang des Jahres Konditionen verhandelt hatten, die für den Lieferanten aus heutiger Sicht unattraktiv sind. Grössere, strategisch wichtige Kunden werden vermutlich erst einmal verschont.

Guter Rat ist teuer
Was kann der von einer Preiserhöhung betroffene Käufer von Solarkomponenten jetzt tun?
Hier ist guter Rat wieder einmal teuer – im wahrsten Sinne des Wortes! Zuallererst sollte der Installateur oder EPC nochmals mit seinem Auftraggeber sprechen und klären, ob eine Preisanpassung innerhalb des laufenden Projekts möglich ist. Natürlich ist hier auch die finanzierende Bank oder der Investor miteinzubeziehen, um die Mittelfreigabe nicht zu gefährden. Manchmal ist noch etwas Spielraum in der Kalkulation, der genutzt werden kann, ohne die Wirtschaftlichkeit zu pulverisieren oder den eigenen Verdienst zu opfern. Immerhin sind die Preise an der Strombörse auch ein Stück weit in die Höhe gegangen, so dass der Wert einer solar erzeugten Kilowattstunde entsprechend gestiegen ist. Die zweite Möglichkeit, nämlich zu warten bis die Preise wieder fallen, verlangt ein gewisses Mass an Spielermentalität. Sicherlich wird es zu Ende des vierten Quartals wieder das eine oder andere Restkontingent vorproduzierter Module geben, welches zu Sonderpreisen auf den Markt geworfen werden wird. Ob dieses jedoch für das spezifische Projekt passend ist und der Interessent schnell genug, das ist weitestgehend dem Zufall überlassen. Ein stabiler Preisrückgang bei kristallinen Modulen ist leider auf absehbare Zeit nicht in Sicht.

Text: Martin Schachinger, pvXchange.com

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