Anteil der fünf absatzstärksten Unternehmen auf dem Stromerstabsatzmarkt in Deutschland. Quelle: Monitoringbericht 2020.

Monitoringbericht 2020: Rwe an Schwelle zur Marktbeherrschung?

(ee-news.ch) Das deutsche Bundeskartellamt und die deutsche Bundesnetzagentur haben den Monitoringbericht 2020 über die Entwicklungen auf den deutschen Elektrizitäts- und Gasmärkten veröffentlicht. Der Bericht stellt weitere Fortschritte beim Umstieg von konventioneller auf erneuerbare Stromerzeugung fest, aber auch eine Verstärkung von Marktmachttendenzen bei der Stromerzeugung. Dabei könnte Rwe die Schwelle zur Marktbeherrschung überschreiten.


Laut dem Bericht hat sich die Kohlestromversorgung in Deutschland auch im Jahr 2019 weiter reduziert. Die Erzeugung in Kohlekraftwerken ist gegenüber dem Jahr 2018 um 59 TWh gesunken (27 Prozent). Die konventionelle Erzeugung insgesamt ging wie schon in den Vorjahren um 13 Prozent zurück. Bis Ende 2023 soll sich die am Markt befindliche Kohlekapazität auf Basis des Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung (KVBG) zusätzlich um voraussichtlich 9 GW oder mehr reduzieren. Als Ergebnis des ersten Ausschreibungsverfahrens haben Kohleanlagen mit einer Leistung von knapp 5 GW ihre Kohlestromvermarktung bereits zum Jahreswechsel eingestellt. Die Betreiber können in diesen Anlagen mit anderen Brennstoffen erzeugten Strom weiterhin vermarkten oder die Anlagen stilllegen.

Bis 2023 gehen weitere 14 GW aus dem Markt
Neben diesen knapp 5 GW Kapazitäten mit Kohlestromvermarktungsverbot gehen laut dem Bericht bis Ende 2023 mit zusätzlichen Anlagen nach dem KVBG (mindestens 4 GW), den verbliebenen Atomkraftwerken (rund 8 GW) und den Braunkohlekraftwerken in der Sicherheitsbereitschaft (über 2 GW) mindestens weitere 14 GW aus dem Markt oder werden teilweise durch andere Energieträger ersetzt. Für denselben Zeitraum wurden der deutschen Bundesnetzagentur Inbetriebnahmen (im Probebetrieb oder im Bau befindliche Anlagen) mit insgesamt ca. 2 GW gemeldet.

Marktstruktur bei der Stromerzeugung
Bei insgesamt rückläufigen Marktanteilen der grössten fünf Stromerzeuger haben sich die relativen Gewichte in dieser Gruppe verschoben, schreibt die deutsche Bundesnetzagentur. Marktführer ist weiterhin Rwe mit weitem Abstand vor den anderen Unternehmen. Zusätzlich zu den im Monitoringbericht ermittelten Marktanteilen bei der Stromerzeugung bedürfe es indes weitergehender Analysen, um die Marktpositionen der grossen Stromerzeuger zu bewerten. Insbesondere sei der Tatsache Rechnung zu tragen, dass zu jedem Zeitpunkt die nachgefragte und die erzeugte Strommenge übereinstimmen müssen und Speichermöglichkeiten nur sehr begrenzt verfügbar seien.

Rwe an der Schwelle zur Marktbeherrschung
Andreas Mundt, Präsident des deutschen Bundeskartellamts: „Bereits in dem Fusionskontrollverfahren Rwe/Eon haben wir festgestellt, dass Rwe in einer nicht unerheblichen Anzahl von Stunden im Jahr unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage war. Der Ende 2020 veröffentlichte Marktmachtbericht des Bundeskartellamtes hat diese Analyse erneut bestätigt. Die weitere Entwicklung auf dem Stromerzeugungsmarkt ist entscheidend von der Energiewende geprägt. Durch den fortschreitenden Rückgang an Erzeugungskapazitäten und die damit einhergehende Marktverknappung könnte Rwe perspektivisch die Schwelle zur Marktbeherrschung überschreiten.“

Entwicklung bei erneuerbaren Energieträgern
Die Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energieträger ist in 2019 wieder etwas stärker gestiegen als im vergleichsweise schwachen Jahr 2018, dabei stieg der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 42 Prozent, heisst es in dem Monitoringbericht. Bei der installierten Erzeugungsleistung war der Zubau bei den erneuerbaren Energieträgern in 2019 mit dem Vorjahr vergleichbar. Trotz eines deutlichen Anstiegs des Volumens der Abregelung von erneuerbaren Anlagen aufgrund von Netzengpässen im Vergleich zum Vorjahr konnten im Jahr 2019 weiterhin rund 97 Prozent des erneuerbaren Stroms zum Letztverbraucher transportiert werden. Die Einspeisereduzierungen und -erhöhungen von konventionellen Kraftwerken sind 2019 leicht gesunken. Die Gesamtkosten für Massnahmen zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit sanken von 1.48 Mrd. € im Jahr 2018 auf 1.28 Mrd. € im Jahr 2019.

Strom- und Gasgrosshandel
An den Strom- und Gasgrosshandelsmärkten haben sich laut Monitoringbericht 2020 Handelsvolumen und Liquidität im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Eine solche Entwicklung wirkt sich im Allgemeinen positiv auf den Wettbewerb aus, da dies die Markteintrittsmöglichkeiten für neue Anbieter verbessert und den Marktteilnehmern Möglichkeiten eröffnet, ihre Auswahl an Handelspartnern und Produkten sowie Handelsformen und -verfahren zu diversifizieren. Zudem sind im Jahr 2019 die Strom- und die Gasgrosshandelspreise gesunken.

Endkundenmärkte
Auf den jeweiligen Endkundenmärkten ist wie auch in den vergangenen Jahren derzeit kein Anbieter marktbeherrschend. Die kumulierten Marktanteile der vier absatzstärksten Strom- und Gaslieferanten bei der Belieferung von leistungsgemessenen und Standardlastkunden lagen erneut deutlich unter den gesetzlichen Vermutungsschwellen.

Obwohl die Haushaltskunden in Deutschland mittleRweile zwischen über hundert Energielieferanten wählen können, ist die Anzahl von Haushaltskunden, die ihren Lieferanten gewechselt haben, leicht gesunken. Zudem befinden sich weiterhin 26 Prozent der Strom- und 17 Prozent der Gaskunden in der Grundversorgung. Der Wechsel des Lieferanten sei fast immer mit einer Ersparnis verbunden, dementsprechend sei der Anteil der teuren Grundversorgungsverträge immer noch zu hoch, so Jochen Homann, Präsident der deutschen Bundesnetzagentur. Der Monitoringbericht 2020 zeige, dass die jährlichen Einsparpotentiale für Haushaltskunden im dreistelligen Eurobereich liegen können, fährt Homann fort.

Strompreise für Haushaltskunden gestiegen
Für einen typischen Haushaltskunden lag der durchschnittliche Strompreis zum Stichtag 1. April 2020 bei 32,05 ct/kWh. Damit ist eine Steigerung um 1.2 ct/kWh zum Vorjahr zu verzeichnen. Mit der Senkung der EEG-Umlage ab Januar 2021 auf 6.5 ct/kWh ist ein Schritt unternommen worden um den Strompreis zu stabilisieren. Bei den Nicht-Haushaltskunden (Gewerbe- und Industriekunden) sind die Strompreise für das Jahr 2020 ebenfalls gestiegen. Der Gaspreis, der für Haushaltskunden in 2020 konstant blieb und für Gewerbe- und Industriekunden sogar gesunken ist, wird in 2021 aufgrund der CO2-Abgabe voraussichtlich leicht steigen.

Deutsche Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt: Monitoringbericht 2020 >>

Text: Deutsche Bundesnetzagentur (BNetzA)

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