Die Studie kommt deshalb zum Schluss, dass die SNB mit ihrer Anlagestrategie bis ins Jahr 2100 einer Klimaerwärmung um 4 bis 6°C Vorschub leistet. Bild: Artisans de la transition

Schweizer Nationalbank: Verschliesst weiter die Augen vor dem Risiko des Klimawandels für das Schweizer Finanzsystem und die gesamte Wirtschaft

(PM) Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hinkt mit ihrer Klimapolitik den anderen europäischen Zentralbanken hinterher. Dadurch verleitet sie den Schweizer Finanzplatz zu risikoreichen Investitionen. Basierend auf einer aktuellen Studie über die Anlagen der Nationalbank in fossile Energieträger fordern der Verein Artisans de la transition und die Klima-Allianz Schweiz dringend ein Risikomanagement, das den Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Wirtschaft besser Rechnung trägt. Die Studie kommt deshalb zum Schluss, dass die SNB mit ihrer Anlagestrategie bis ins Jahr 2100 einer Klimaerwärmung um 4 bis 6°C Vorschub leistet. (Texte en français >>)


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat nach wie vor nicht begriffen, welch enormes Risiko der Klimawandel für das Schweizer Finanzsystem und die gesamte Wirtschaft darstellt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, welche der Verein Artisans de la transition gemeinsam mit der Klima-Allianz Schweiz drei Tage vor der Generalversammlung der SNB publiziert. Es ist der dritte Bericht des Vereins, der bereits 2016 und 2018 das Investitionsverhalten der SNB untersucht hatte.

Gemäss der SNB stellt der Klimawandel für die Schweizer Wirtschaft und das Finanzsystem nur ein moderates Risiko dar: Die Schweiz liege nicht am Meer, ihre Sachwerte seien gut versichert, die Redundanz der Bankrechenzentren sei gewährleistet und sie habe kaum Schwerindustrie.

Europa setzt auf Klimastresstests
Ganz anders tönt es aus dem benachbarten Europa: So führt die Europäische Zentralbank (EZB) aktuell eine Überprüfung ihrer Strategie durch, um Klimarisiken in ihre Geldpolitik und Vermögensverwaltung zu integrieren. Die Zentralbanken mehrerer europäischer Staaten führen Klimastresstests durch, um die Folgen eines Klimaschocks oder die Auswirkungen einer ehrgeizigen Klimapolitik abschätzen zu können. Die äusserst schwache Position der SNB in dieser Frage habe zur Folge, dass der gesamte Finanzplatz Schweiz unbedacht Risiken eingehe, kritisieren die Autoren des Berichts.

Credit Suisse und UBS setzten weiter auf Fossile
So hat beispielsweise die Credit Suisse in den letzten vier Jahren das 1.7-fache ihres Eigenkapitals als Kredite an Branchen vergeben, die auf fossilen Brennstoffen basieren. Die UBS hat 2019 ihre jährlichen Investitionen in Kohle verneunfacht. Dreiviertel der sechzig grössten Schweizer Pensionskassen verfügen über keine Klimapolitik.

Fünf Empfehlungen
Dieser Mangel an Vision und Weitsicht spiegelt sich nach Ansicht der Autoren in der Verwaltung des Aktienportfolios der SNB wider. Die Zusammensetzung der Wertschriften, deren Gesamtwert am 31. Dezember 2019 CHF 101 Milliarden betrug, hat sich seit 2016 kaum verändert. Demnach ist die SNB, laut Berechnungen des Dienstleisters ISS-Ethix an Investitionen beteiligt, die Emissionen von 43,3 Millionen Tonnen CO2eq pro Jahr verursachen. Zum Vergleich: Die Gesamtemissionen der Schweiz waren im Jahr 2017 mit 47 Millionen Tonnen CO2eq nur minim höher. Die Studie kommt deshalb zum Schluss, dass die SNB mit ihrer Anlagestrategie bis ins Jahr 2100 einer Klimaerwärmung um 4 bis 6°C Vorschub leistet. Damit würde die Erde bis Ende dieses Jahrhunderts weitgehend unbewohnbar.

Basierend auf diesen Erkenntnissen formulieren die Autoren des Berichts folgende Empfehlungen:

  • Die SNB soll eine Vision und Strategie für das Management von Klimarisiken entwickeln, die auf dem aktuellen Wissensstand in Bezug auf die globale Erwärmung sowie auf die Rolle der Zentralbanken basiert.
  • Die SNB soll klar und fundiert über das Klimarisikomanagement berichten.
  • Die SNB muss die Klimarisiken in ihrem Portfolio sachgemäss handhaben.
  • Die SNB muss sicherstellen, dass sich alle Finanzakteure der Klimarisiken bewusst sind.
  • Auf Bundesebene soll die SNB Möglichkeiten für eine Koordination zwischen Klima- und Finanzpolitik abklären, um die Vereinbarungen des Pariser Abkommens einzuhalten.

SNB-Bericht trotz Corona-Krise
Die Artisans de la transition und die Klima-Allianz publizieren diesen seit langem geplanten Bericht bewusst trotz der Corona-Krise, da die SNB ihre Generalversammlung wie geplant am 24. April 2020 abhalten wird. Aus Sicht der Autoren darf die aktuelle akute Gesundheitskrise nicht dazu führen, dass die Schweizerinnen und Schweizer die schwerwiegende chronische Krise, nämlich die Folgen des Klimawandels, aus den Augen verlieren.

Der vorliegende Bericht veranschaulicht die Bedeutung der SNB für den schweizerischen sowie den globalen Finanzplatz. Er zeigt aber vor allem auch deren deutlichen Rückstand gegenüber den anderen europäischen Zentralbanken, insbesondere der EZB, in Bezug auf die Wahrnehmung der Klimarisiken sowie auf das damit verbundene Risiko für die Schweizer Wirtschaft. Schliesslich macht die Studie darauf aufmerksam, dass die SNB, würde sie ihre Haltung gegenüber den Klimarisiken ändern, einen positiven und vielleicht entscheidenden Einfluss auf die schweizerische Wirtschaftsdynamik haben könnte.

Die Studie der Artisans de la transition: 

Text: Artisans de la transition und die Klima-Allianz

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