Projektverantwortlicher Stefan van Velsen vor der Luft/Wasserwärmepumpe mit ihren vier Kompressoren. Bild: B. Vogel

Die Luft/Wasser-Wärmepumpe (im Hintergrund) mit der Ausseneinheit auf dem Dach der 3-Plan Haustechnik AG. Bild: B. Vogel

Für Heizen und Kühlen wird dasselbe Rohrsystem mit Vor- und Rücklauf genutzt. Bild: B. Vogel

Da Propan leicht entflammbar ist, sind spezielle Sicherheitsvorkehrungen notwendig. Bild: B. Vogel

Das Bürogebäude der 3-Plan Haustechnik AG. Bild: B. Vogel

Gekühlt wird nicht über Kühldecken, sondern über Heizkörper; das spart die Kosten für den Einbau einer Kühldecke. Bild: B. Vogel

Während die innenliegenden Flure dauerhaft beleuchtet sind, geht das Licht in den Büros nur dann an, wenn die Nutzer es einschalten. Bild: Dominique Marc Wehrli

Ist es den Nutzern zu warm, können sie die Zusatzfenster öffnen (wie im Bild). Bild: B. Vogel

Die Caféteria hat einen hohen Fensteranteil. Bild: Dominique Marc Wehrli

Raumtemperatur in einem Büroraum mit Nordausrichtung im 2. Obergeschoss, abhängig von der Aussentemperatur über 48 Stunden. Grafik: BFE-Schlussbericht

Für den Gesamtenergieverbrauch des Bürogebäudes in Oberwinterthur fällt der Allgemeinstrom deutlich stärker ins Gewicht als Heizung und Kühlen. Grafik: BFE-Schlussbericht

Wärmepumpen mit natürlichem Kältemittel Propan: Eignen sich sehr gut für gut gedämmte Neubauten ohne Zugang zu Erdwärme

(©BV) Bei den in Wärmepumpen eingesetzten Kältemitteln geht der Trend von synthetischen Fluorwasserstoffen hin zu natürlichen Fluiden wie Ammoniak, CO2 oder Propan. Ein vom Bundesamt für Energie unterstütztes Demonstrationsprojekt in Oberwinterthur nutzt nun eine reversible (also zwischen Heiz- und Kühlbetrieb umschaltbare) Luft/Wasser-Wärmepumpe auf der Basis von Propan in einem mittelgrossen Bürogebäude. In einer knapp zweijährigen Messkampagne hat die Propan-Wärmepumpe in dem nach Minergie-P-Standard errichteten Neubau ihre Funktionstüchtigkeit bewiesen. Das realisierte Heiz- und Kühlsystem eignet sich insbesondere für sehr gut gedämmte Neubauten an Standorten, wo keine geothermischen Wärmequellen (Erdsonden oder Grundwasser) zur Verfügung stehen. (Texte en français >>)


Wärmepumpen haben sich in den letzten gut zwanzig Jahren als bevorzugte Technik für eine energiesparende, CO2-arme Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser etabliert. Ein zentraler Bestandteil von Wärmepumpen ist das Kältemittel, das dazu dient, der Umwelt (Luft, Boden) bei niedrigem Druck Wärme zu entziehen und diese – durch einen Kompressor auf das gewünschte Temperaturniveau gebracht – an den Heiz- bzw. Warmwasserkreislauf abzugeben. Das Kältemittel ist ein Schlüsselelement für die gute Funktionsweise einer Wärmepumpe. Idealerweise kann ein Kältemittel viel Wärmeenergie transportieren, ist weder giftig noch umweltschädigend – und erfüllt eine Reihe weiterer Materialeigenschaften, die den Einsatz in einer Wärmepumpe ermöglichen.

Klimaschädliche Kältemittel vermeiden
Die Anforderungen an Kältemittel haben sich im Laufe der Zeit verändert. Lange wurden synthetische Kältemittel wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW, HFCKW) bevorzugt. In den 1980er Jahren wurden sie wegen ihres Beitrags zur Zerstörung der Ozonschicht verboten – und in der Folge mehr und mehr durch Fluorkohlenwasserstoffe (FKW, HFKW) ersetzt. Diese chlorfreien Kältemittel haben zwar sehr gute thermodynamische Eigenschaften für den Wärmepumpenkreislauf, weisen jedoch ein hohes Treibhausgaspotential (Global Warming Potential/GWP) auf. So hat das Kältemittel R410A, das oft in Luft/Wasser-Wärmepumpen eingesetzt wird, ein GWP von 2090. Problematisch ist das erst, wenn durch Leckagen Kältemittel entweicht. Um die Gefahr durch die weltweit stark wachsende Zahl von Wärmepumpen und Kälteanlagen zu minimieren, sind heute Kältemittel mit sehr geringem GWP gefragt.

Eine Lösung sind sogenannt natürliche Kältemittel wie Ammoniak (R-717; GWP 0), CO2 (R744; GWP 1) oder Propan (R-290; GWP 3). CO2, das bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in der Kältetechnik eingesetzt wurde, ist heute in der Gewerbekühlung erste Wahl. In Wärmepumpen kann CO2 nur dann effizient eingesetzt werden, wenn eine relativ grosse Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf gegeben ist (wie es bei der Warmwassererzeugung der Fall ist). Ammoniak wiederum kommt nur in Grossanlagen zum Einsatz, da es zwar sehr wirkungsvoll, aber giftig ist, was einen grösseren Sicherheitsaufwand erfordert. Eine interessante Alternative für kleinere und mittelgrosse Anlagen ist deshalb Propan.

«Sehr gute» Jahresarbeitszahl
Propan zeigt gute Eigenschaften bei Wärmepumpen, die eine relativ kleine Temperaturdifferenz überbrücken müssen, wie das bei Niedertemperatur-Heizungen für exzellent wärmegedämmte Gebäude der Fall ist. Es eignet sich zudem sehr gut für Kälteanlagen, wo es wegen seiner leichten Entflammbarkeit mit entsprechender Sicherheitsausrüstung in mittleren und grossen Anlagen eingesetzt wird. Ein Demonstrationsprojekt des Bundesamts für Energie hat nun aufgezeigt, dass dieser Wärmepumpen-Typ für die reversible Beheizung und Kühlung in einem mittelgrossen Bürogebäude sinnvoll eingesetzt werden kann. Eine 50 kW-Wärmepumpe der Schweizer Firma Scheco – umschaltbar zwischen Heiz- und Kühlbetrieb – wurde im November 2017 im Neubau des Ingenieur- und Planungsbüros 3-Plan Haustechnik AG in Oberwinterthur in Betrieb genommen. Unterdessen liegen die Ergebnisse der knapp zweijährigen Messkampagne vor, welche das Institut für Solartechnik (SPF) der Hochschule für Technik Rapperswil von November 2017 bis Juni 2019 durchgeführt hat, begleitet von Wissenschaftlern der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering) in Winterthur.

Ein wichtiges Ergebnis der Studie lässt sich in einer einzigen Ziffer zusammenfassen: der Jahresarbeitszahl (JAZ) 3, mit der die Wärmepumpe im Heizbetrieb arbeitet (Kühlbetrieb: 2.8). Die Wärmepumpe liefert also dreimal mehr Wärme im Vergleich zu dem Strom, den sie für Kompressoren, Sekundäraggregate (Kühlmittel-Pumpen, Ventilatoren) und das Abtauen verbraucht. «Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick nicht herausragend wirken, doch tatsächlich ist JAZ 3 ein sehr guter Wert, wenn man berücksichtigt, dass die Anlage wegen der speziellen Gebäudekonstruktion nur dann überhaupt zum Heizen bzw. Kühlen betrieben werden muss, wenn es draussen sehr kalt oder sehr warm ist, diese also ein ausgeprägtes Spitzenprofil aufweist», sagt der Projektverantwortliche Stefan van Velsen (3-Plan Haustechnik AG) und ergänzt: «Das Kältemittel Propan ist mit ein Grund für dieses gute Ergebnis, denn mit einem synthetischen Kältemittel wie R410A wären wir rund 5% schlechter.» Die Jahresarbeitszahl darf nicht mit der (auf die Maschine bezogene) Arbeitszahl verwechselt werden. Letztere liegt beim vorliegenden Projekt bei 4.6 (Heizbetrieb) bzw. 5.8 (Kühlbetrieb).

Heizungen kleiner dimensionieren
Die 3-Plan Haustechnik AG hat ihr neues Firmengebäude nach dem Minergie P-Standard geplant. Hinter der Leichtbau-Holzfassade erstrecken sich vier Bürogeschosse. Auf Übereckverglasung wurde aus klimatischen Gründen bewusst verzichtet. Die Wärmeversorgung erfolgt über Niedertemperatur-Heizkörper mit einer Vorlauftemperatur von lediglich 25 °C. Dieselben Heizkörper werden im Sommer für die Kälteverteilung genutzt. «Eigentlich müsste unser Gebäude bei Vollbelegung der 150 Arbeitsplätze gar nicht geheizt noch gekühlt werden, wenn die Nutzer 20 °C im Winter und 27 °C im Sommer tolerieren würden. Doch um dem Komfortbedürfnis der Beschäftigten zu entsprechen, ist ein Heiz- und Kühlsystem für hochwertige Arbeitsplätze, unverzichtbar», sagt van Velsen. Die Raumtemperatur der Büros soll im Winter nicht unter 22 °C (Sitzungszimmer: unter 21 °C) und im Sommer nicht über 26 °C zu liegen kommen, womit die Zieltemperatur noch etwas enger definiert wird als von der SIA-Norm 180 gefordert. Der Wärmebedarf (inkl. Lüftung) beträgt ausweislich der Messungen klimabereinigt 13.8 kWh/m2a, der Kühlbedarf 1.1 kWh/m2a, womit die Vorgaben von Minergie P (24kWh/m2a) deutlich unterboten werden. Der Wert liegt ein Mehrfaches unter dem, was in anderen Fällen sanierte Bestands- und sogar gut gedämmte Neubauten brauchen.

Der tatsächliche Energiebedarf ist so gering, dass die Wärmepumpe zu gross dimensioniert ist, wie van Velsen feststellt: «Nach SIA-Norm 384.201 hätten wir eine Wärmepumpe mit einer Leistung von 80 kW einbauen müssen. Tatsächlich haben wir uns dann für 50 kW entschieden. Heute wissen wir, dass 30 kW ausreichen würden.» Zwar weist die eingesetzte Wärmepumpe dank vier einzeln regelbaren Kompressoren ein gutes Verhalten im Teillastbetrieb auf, aber bei Einsatz einer kleineren Wärmepumpe könnte diese bei einem noch besseren Betriebspunkt betrieben werden. Im Schlussbericht gelangen die Forscher zu folgender Empfehlung: «Bei zukünftigen Projekten ist ein Fokus auf die korrekte Auslegung der Wärme- und Kälteerzeugung bei solch neuartigen Gebäudesystemen zu legen, da herkömmliche Tools und Normen dies nur ungenügend abbilden. Weiter gilt es bei geringem Wärme- und Kältebedarf besonders die Standby-Verluste von Energieerzeugern im Auge zu behalten. Allenfalls ist zu prüfen, wie mit einem kostengünstigen Zusatzsystem – zum Beispiel eine bivalente Erzeugung oder ein Backupsystem – ein optimaler Regelbetrieb der reversiblen Wärmepumpe sichergestellt werden kann.»


Alternative zu Erdsonden
Die 3-Plan Haustechnik AG hat sich für ihr neues Bürogebäude in Oberwinterthur für eine Luft/Wasser-Wärmepumpe entschieden, weil die Liegenschaft in einem Grundwassergebiet geringer Mächtigkeit liegt, wo keine Grundwassernutzung, keine Erdsonden und auch keine Erdkörbe erlaubt sind. Erdwärmesysteme wären zur Wärmegewinnung nach Auskunft von Stefan van Velsen energetisch etwas günstiger, aber auch teurer als eine Luft/Wasser-Wärmepumpe. Preissteigernd ist bei dem in Oberwinterthur gewählten Heizssystem das Kältemittel Propan. Dazu schreiben die Projektnehmer im BFE-Schlussbericht: «Propan als Kältemittel ist energieeffizient und umweltschonend. Die Investitionskosten sind jedoch höher, da es sich aktuell noch um Einzelanlagen handelt.» BV


Propan unter Kontrolle
Viele Menschen kennen Propan als Brennstoff des Campinggrills. Wegen der leichten Entflammbarkeit gelten für den Einsatz des Gases in Wärmepumpen hohe Anforderungen; eine Anwendung erfordert, insbesondere bei Innenaufstellung, aufwändige Sicherheitsmassnahmen. Für die Demonstrationsanlage in Oberwinterthur wurde die Wärmepumpe daher auf dem Dach platziert. Eine Gasüberwachungsanlage dient der Kontrolle der Kältemittelkonzentration innerhalb des schallgedämmten Gehäuses. Bei einer Leckage wird das gesamte Maschinengehäuse stromlos geschaltet. Ein Ventilator sorgt im Schadensfall für die Verteilung von auslaufendem Propan in der Umgebung, damit kein zündfähiges Gas-Luft-Gemisch entstehen kann.

Die Wissenschaftler des SPF haben im Rahmen des Forschungsvorhabens auch den Energieverbrauch des gesamten Gebäudes ausgewertet (vgl. Grafik 12). Dabei zeigte sich, dass die weit verbreitete Annahme, dass der grösste Teil des Energieverbrauchs auf das Heizen entfällt, in diesem Fall nicht mehr gilt. Lediglich 16% des gesamten Stromkonsums (inkl. Nutzerstrom und Server) gehen auf die reversible Propan-Wärmepumpe (und damit auf Beheizung und Kühlung des Gebäudes), weitere 5,5% auf die Lüftung und 1,4% auf eine zweite Wärmepumpe, die den Bedarf an Warmwasser deckt, der bei Bürogebäuden deutlich geringer ist als bei Wohngebäuden. Der Server braucht mehr Strom als Heizen und Kühlen zusammen. «Wenn wir die Energieeffizienz weiter steigern wollen, bietet die Heizung kaum mehr Spielraum. Der neue Ansatzpunkt sind Server, Computer und Beleuchtung», sagt van Velsen.


Das BFE unterstützt Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturm-Projekte
Die zweijährige Messkampagne zur Propan-Luft/Wasser-Wärmepumpe in Oberwinterthur gehört zu den Demonstrationsprojekten, mit denen das Bundesamt für Energie (BFE) die Entwicklung von sparsamen und rationellen Energietechnologien fördert und die Nutzung erneuerbarer Energien vorantreibt. Das BFE fördert Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte mit 40% der nicht amortisierbaren, anrechenbaren Kosten. Gesuche können jederzeit eingereicht werden.


Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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