Das Sektorenkopplungs- und Innovationsgesetz für erneuerbare Energien soll als eigenständiges neues Gesetz eingesetzt werden. Es ersetzt nicht den weiterhin hohen Novellierungsbedarf im bestehenden EEG

Energy Watch Group: Neues Gesetz für versorgungssichere Erneuerbare-Energien-Systeme für Deutschland - für mehr Sektorenkopplung und Innovationen

(PM) Der Berliner Think-and-Do Tank Energy Watch Group (EWG) präsentiert einen Gesetzesvorschlag zur Anreizung der Systemintegration erneuerbarer Energien in Deutschland. Mit einer sogenannten Kombikraftwerksvergütung sollen systemdienliche Investitionen angeregt werden um den erneuerbaren Energien zu ermöglichen, die Verantwortung für die Systemsicherheit der Stromversorgung zu liefern – also zu jeder Stunde des Jahres den benötigten Energiebedarf zu decken, auch in Zeiten der Dunkelflaute. Ausreichen würde laut Berechnungen der EWG ein fester Vergütungssatz von 8 Cent/kWh mit Hilfe einer marktwirtschaftlichen gleitenden Marktprämie.


Der Anteil der Erneuerbaren am Strommix betrug in den ersten vier Monaten dieses Jahres über 50%, wie neue Rekordzahlen zuletzt zeigten. Trotzdem wird den erneuerbaren Energien vielfach noch nicht die Fähigkeit zur ganzjährigen Vollversorgung zu jeder Jahresstunde zugetraut, obwohl dies aus Klimaschutzgründen notwendig und die technologische Reife, zusammen mit Speichertechnologien und digitaler Steuerungstechnologie, längst günstig vorhanden ist. Es fehlt bisher nur an einer gesetzlichen Grundlage, die deren Marktdurchsetzung ermöglicht.

Sektorenkopplungs- und Innovationsgesetz
„Das neu vorgeschlagene Sektorenkopplungs- und Innovationsgesetz für erneuerbare Energien soll ein grosser Anstoss werden, um die aktuellen Herausforderungen zur Überwindung der Corona-Wirtschaftskrise und der Klimakrise zu bewältigen. Dazu braucht es unbedingt Lösungsansätze, die sowohl die Wirtschaft stimulieren als auch das Klima schützen.“, so Hans-Josef Fell, der als EWG-Präsident und Autor des Gesetzesentwurfs EEG 2000 die neue Gesetzesinitiative federführend ausarbeitete.

Diskussionswürdiger Gesetzesvorschlag
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betont: „Erneuerbare Energien können und müssen endlich Verantwortung für die Systemsicherheit übernehmen. Die Energy Watch Group hat dafür einen diskussionswürdigen Gesetzesvorschlag auf den Tisch gelegt. Ziel muss es sein, den innovativsten und effizientesten Weg für eine Energieversorgung durch erneuerbare Energien zu finden. Der Beitrag der Energy Watch Group ist für diese Debatte ein Beitrag, mit dem wir uns auch befassen werden."

Die EEG-Umlage würde wegen des niedrigen Vergütungssatzes kaum belastet, dafür würde das Gesetz aber den tausenden Start-ups einen Markt schaffen, die mit innovativen Systementwicklungen für Speicher, digitale Steuerungen, Ökostromerzeugung und Sektorenkopplung in den Startlöchern stehen, jedoch kein echtes Marktumfeld haben, um grossflächig privat finanzierte Investitionen zu generieren.

Vorteile der günstigen Energieerzeugungspreise
„Die Vorteile der günstigen Energieerzeugungspreise können nun mit denen für Klimaschutz und Versorgungssicherheit zusammen ausgeschöpft werden, insbesondere wenn die Integration von der regionalen Ebene kommt und nicht nur von der Übertragungsnetzebene. Wenn die erforderlichen Technologien wie Batterien, Wasserstoff, Wärmepumpen und Wärmespeicher in Verbindung mit Solar- und Windenergie bedarfsgerecht und dezentral hochgefahren werden, können sich zusätzlich Innovationen und Wachstumsmärkte entwickeln.“ erklärt Dr. Thure Traber, wissenschaftlicher Leiter der EWG und Co-Autor des Gesetzvorschlags.

Einspeisevergütung für kleine, Ausschreibungen für grosse Anlagen
Das neue Gesetz soll dabei eigenständig eingesetzt werden und nicht den weiterhin hohen Novellierungsbedarf im bestehenden EEG ersetzen, sondern lediglich den notwendigen Marktanschub schaffen, damit erneuerbare Energien in zunehmendem Masse Systemverantwortung übernehmen. Eine EU-rechtliche Prüfung des Gesetzesentwurfs zeige, dass die EU-Vorgaben eine Garantievergütung ermöglichen. Unterschieden wird dabei zwischen zwei verschiedenen Instrumenten je nach Grösse der entsprechenden Anlage: Eine feste Einspeisevergütung pro eingespeister kWh für Kleinanlagen und eine gleitende Marktprämie für grössere Anlagen, die über Direktvermarktung am Stromwettbewerb teilnehmen.

Sofern das vorgeschlagene Gesetz zügig eine politische Mehrheit im deutschen Bundestag findet, können Kohleausstieg, sowie Ausstieg aus der klimaschädlichen Erdgasnutzung schnell vollzogen werden. Echter Klimaschutz wäre rasch realisierbar und nach Ende der Corona-Pandemie auch eine schnelle Erholung der Wirtschaft zusammen mit dem notwendigen Umbau zu einer ökologisch sauberen Energieversorgung möglich.

Zusammenfassung der Studie
Das vorliegende Papier der Energy Watch Group legt einen Gesetzesvorschlag für die Einführung einer sogenannten Kombikraftwerksvergütung vor. Ziel des Instruments ist es, Investitionen in 100% Erneuerbare Energien systemdienlich zu ermöglichen, vor dem Hintergrund der aktuell stockenden Investitionsdynamik beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

Allseits wird diskutiert, dass der Ausgleich der Schwankungen insbesondere von Solar-und Windenergie für die Netzbetreiber hohe Integrationsaufwendungen und -kosten verursacht. Häufig wird auch artikuliert, dass eine vollständige Versorgung mit nur 100% erneuerbaren Energien und Speichern nicht möglich sei, weil Grundlast fehlen würde. Dabei sind die bereits heute vorhandenen Technologien–Erzeugung aus erneuerbaren Energien, Speicher, digitalisierte Steuerungselemente, in Verbindung mit der Sektorenkopplung im Wärme-und Transportsektor sehr wohl in der Lage eine systemdienliche Vollversorgung mit 100% erneuerbaren Energien für die Netze zu schaffen. Eine Übernahme von technologischer Systemverantwortung ist dabei auch kostengünstig möglich. Unter systemdienlich ist eine Einspeisung in das Netz zu verstehen, welche für eine stabile Netzführung technologisch notwendig ist, wie: Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Schwarzstartfähigkeit und weitere. Andere aus volkswirtschaftlicher Sicht systemdienliche Vorteile sind Unabhängigkeit von Energieimporten und von ihrer Unsicherheit in Bezug auf Preis und Verfügbarkeit sowie Klima-, Gesundheits-und Umweltschutzvorteile.

Systemdienlich kombinierten Investitionen fehlen
Es fehlt bisher jedoch ein gesetzlicher Anreiz für entsprechende Investitionen. Denn das bestehende EEG fördert lediglich Einzelinvestitionen in Einzeltechnologien von Solar-, Wind-, Bioenergien, Wasserkraft und Geothermie, aber keine systemdienlich kombinierten Investitionen. Im aktuellen Rechtsrahmen finden sich sogar erhebliche Hindernisse, wie beispielsweise die Belastung von Speichertechnologien mit der Stromsteuer, Netzentgelten sowie auch der EEG-Umlage, sodass keine ausreichende Marktdynamik entstehen kann. Das vorgeschlagene Sektorenkopplungs-und Innovationsgesetz für erneuerbare Energien soll genau diese Lücke schliessen und eine entsprechende Marktdynamik schaffen. Dazu wird gesetzlich eine Garantievergütung für Investoren festgelegt, um Investitionssicherheit zu gewährleisten. Die Garantievergütung bietet einen hohen Innovationsanreiz, weil dem Investor nur eine einzige Bedingung auferlegt wird: Er muss mit einem Erzeugungsmix aus 100% erneuerbaren Energien und Speichern in der Lage sein, zu jeder Stunde des Jahres bedarfsgerecht und systemdienlich einzuspeisen.

Vergütung von 8 Cent/KWh reicht aus
Welchen Mix aus erneuerbaren Energien und Speichertechnologien der Betreiber wählt, ist ihm völlig freigestellt. Dies erzeugt eine hohe Innovationskraft und befördert unterschiedlichste Lösungen, die damit optimiert auf das Einzelobjekt wirken. Der Investor wird für sein Objekt (zum Beispiel mittelständischer Produktionsbetrieb, Krankenhaus, Schule, Wohnareal, u.v.a.) die jeweilige optimierte Anwendung finden. Durch eine Simulation solcher Lösungen, insbesondere mit einer Studie zur 100% Vollversorgung aus erneuerbaren Energien im Landkreis Bad Kissingen wurde ermittelt, dass eine Vergütung von 8 Cent/KWh ausreicht. (Traber et al. 2020)

Eine EU-rechtliche Prüfung des Gesetzesentwurfs zeigt, dass die EU-Vorgaben eine Zweiteilung der Garantievergütung ermöglichen:

  1. Kleinanlagen (Einzelinvestitionen bis 500kW bzw. bei Wind bis 3 MW) erhalten eine feste Einspeisevergütung pro eingespeister kWh.
  2. Grössere Objekte müssen sich entsprechend den EU-Vorgaben am vorhandenen Markt orientieren. Hierzu erhalten sie eine gleitende Marktprämie und nehmen damit über Direktvermarktung am Stromwettbewerb teil.

Das Sektorenkopplungs- und Innovationsgesetz für erneuerbare Energien soll als eigenständiges neues Gesetz eingesetzt werden. Es ersetzt nicht den weiterhin hohen Novellierungsbedarf im bestehenden EEG, sondern schafft lediglich den notwendigen Marktanschub, damit erneuerbare Energien in zunehmendem Masse Systemverantwortung übernehmen können.

Das SIG-EE auf einen Blick:

  • Gesetzliche Grundlage und Rechtssicherheit für kalkulierbare, kostengünstige und bedarfsgerechte Investitionen.
  • Verlässliche Erneuerbare-Energien-basierte Versorgung mit positiven Effekten für das gesamte Energieversorgungssystem: Stabilität der Energieversorgung durch die Schaffung nicht nur bilanziell, sondern auch physikalisch eigenständiger regionaler Versorgungskerne; Black-out Schutz.
  • Innovations-und Wettbewerbsvorteile: Förderung aller Komponenten von auf Sektorenkopplung und Speicherung beruhenden, strombasierten und hoch effizienten Energieversorgungssystemen.
  • Investoren können neuartige Konzepte mit geringerem Risiko ausprobieren und dafür ein gewisses Risiko in Bezug auf ihre Gestehungskosten in Kauf nehmen anstatt - wie bei Ausschreibungen -allein auf bewährte aber wenig innovative Konzepte zu setzen.
  • Trotz heute schon günstiger Kosten ermöglichen Lerneffekte und Massenproduktion eine weitere Absenkung der Höhe der Garantievergütung in Zukunft.
  • Klimaschutz, insbesondere durch den Ausbau der emissionsfreien Erneuerbaren Energien.
  • Umwelt-und Gesundheitsschutz, insbesondere durch die Reduktion von Luft-und Gewässerverschmutzung.

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Text: Energy Watch Groupe

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