Die beiden fahrBiogas-Mitglieder Tina und Sven Kosik bei der ersten Betankung mit Frutiger Biogas. Foto: Biogastankstelle Frutigen GmbH

Ueli Oester kann auf seinem Mobiltelefon jederzeit die aktuellen Leistungsparameter der Membran-Aufbereitungsanlage in Colombier (NE) abrufen. Foto: B. Vogel

Die Besucher bei der Besichtigung des Biogas-Aufbereitungscontainers der Firma Apex. Foto: Biogastankstelle Frutigen GmbH

Hohlfasern sind das Herzstück der Membran-Aufbereitungsanlage von Apex. Bild: B. Vogel

Funktionsprinzip der Membran-Aufbereitungsanlage: Das in die Hohlfasern einströmende Methan bleibt in den Hohlfasern gefangen, während das CO2 aus den Hohlfasern austritt. Grafik: Eniwa

Früher stand die Biomethan-Tankstelle Frutigen auf dem Gelände der Abwasserreinigungsanlage (ARA) in Schönenwerd (SO). Foto: Apex

Die Membran-Aufbereitungsanlage in Reinach (AG) nutzt das Klärgas der ARA Reinach, um daraus Biomethan zu erzeugen. Foto: Eniwa

Funktionsschema der Membran-Aufbereitungsanlage in Reinach. Grafik: Eniwa

Die Biomethan-Aufbereitungsanlage der Apex AG in ihrer neusten, kompakten Form. Foto: Apex AG

Aus Klärschlamm und Fischgülle: In Frutigen kann man neuerdings Biomethan tanken

(©BV) Ende November wurde in Frutigen (BE) eine neue Biomethan-Tankstelle in Betrieb genommen. Grundlage der Tankstelle bildet eine Anlage, mit der sich Biogas im kleinen Massstab zu Biomethan aufbereiten lässt. Konstuiert hat die Anlage Maschinenbauingenieur Ueli Oester mit seiner Firma Apex AG (Däniken/SO).


Biogas aus der Fermentierung organischer Abfälle aus Industrie, Haushalten oder der Landwirtschaft wird heute gern in Blockheizkraftwerken zur Produktion von Strom und Wärme genutzt. Vermehrt wird Biogas in jüngster Zeit aber auch zu erneuerbarem Methan veredelt, das ins Erdgasnetz eingespeist oder direkt zur Betankung gasbetriebener Fahrzeuge eingesetzt werden kann.

Biomethan gewinnt an Bedeutung
Der Anteil des Biogases am Schweizer Gaskonsum ist mit 1.5% noch relativ gering, nimmt aber seit Jahren stetig zu. Dabei hat sich die Verwendung des inländischen Biogases in den letzten zehn Jahren verschoben. Immer mehr Biogas wird zu Biomethan aufbereitet und dann ins Erdgas-Netz eingespeist oder auch direkt genutzt (z.B. zur Betankung von Gasautos). Gut 1000 Terajoule (TJ) Biomethan werden heute (2017) auf diesem Weg genutzt. Zum Vergleich: Aus der Verstromung von Biogas und der Umwandlung in Wärme werden pro Jahr jeweils knapp 1200 TJ gewonnen.

Von Klärschlamm bis Fischgülle
Jüngstes Beispiel dieses Trends ist die neue Biogastankstelle, die Ende November in Frutigen eröffnet wurde. Die Tankstelle verwertet einen Teil des Biogases aus der Biogasanlage Frutigland, die den Klärschlamm der ARA Frutigen und Kandersteg, die Fischgülle aus dem Tropenhaus Frutigen sowie Fisch-Verarbeitungsabfälle und Gastroabfälle aus der Region vergärt. Das Biogas wird mit einer Kleinanlage gereinigt und zu Treibstoff aufbereitet, der jetzt zur Betankung von Biomethan-Fahrzeugen benutzt werden kann. Diese sind dann mit «Frutiger Biogas» unterwegs, wie die Träger der Tankstelle – die Genossenschaft fahrBiogas und die Biogasanlage Frutigland GmbH – ihr Produkt stolz nennen. Die Jahresproduktion der Tankstelle reicht für die Betankung von 100 Personenwagem mit einer Jahresreichweite von 12'000 km.

Veredlung zu Biomethan
Während Erdgas fast vollständig aus dem Energieträger Methan (CH4) besteht, liegt der Methan-Anteil in Biogas bei rund 60%. Aufgrund des substantiellen Kohlendioxid (CO2)-Anteils kann Biogas aus Klär- oder Biogasanlagen nicht ohne weiteres ins Netz eingespeist oder in Gasautos getankt werden, sondern muss zuerst zu reinerem Biomethan ‘veredelt’ werden. Dabei wird das im Biogas enthaltene CO2 mit einem Reinigungsverfahren wie z.B. Druckwechseladsorption, physikalische oder chemische Wäschen soweit abgeschieden, dass praktisch reines Methan (Methangehalt > 96%) übrig bleibt.


„Erneuerbares Methan“
Die Herstellung von einspeisefähigem bzw. für die Betankung von Biogas-Autos geeignetem Biomethan geschieht in der Schweiz bisher hauptsächlich in über 24 Kläranlagen und neun Vergärwerken. Mit entsprechenden Aufbereitungsanlagen stellen sie Methan her, das chemisch mit Erdgas identisch ist, aber nicht fossilen, sondern biogenen Ursprungs ist und damit als „erneuerbares Methan“ bzw. als „Biomethan“ bezeichnet werden kann (vgl. BFE-Fachartikel 'Alles nutzen, was im Klärgas steckt', abrufbar unter www.bfe.admin.ch/ec-bioenergie).

Kleinanlagen für Schweizer Verhältnissee
Für die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan in grossen Mengen (300 bis 3000 Nm3/h) stehen etablierte Verfahren bereit. Ueli Oester (62), ein an der ETH Zürich ausgebildeter Maschinenbauingenieur, hat sich vor Jahren zum Ziel gesetzt, hierzu eine Alternative zu entwickeln. „Da in der Schweiz örtlich vergleichsweise kleine Biogas-Mengen anfallen, brauchen wir hier kleine, dezentral einsetzbare Aufbereitungsanlagen mit Produktionskapazitäten von 20 bis 100 Nm3/h“, sagt Oester, der sich früher als Abteilungsleiter und Ingenieur bei der Sulzer-Burckhardt AG und als Geschäftsführer der Nachfolgefirma GreenField AG mit dem Bau von Erdgas-Tankstellen befasste. Seit 2003 erbringt er mit der Firma Apex AG Serviceleistungen für rund die Hälfte der 150 Schweizer Erdgas-Tankstellen.

In Luzern und Zürich
In den letzten zehn Jahren ist Ueli Oester seinem Ziel Schritt für Schritt nähergekommen: Nach einer Vorbereitungsphase nahm er im Herbst 2013 mit BFE-Unterstützung auf einem Bauernhof in Reiden (LU) und bei einer Vergärungsanlage in Bachenbülach (ZH) zwei keine Pilotanlagen in Betrieb, die Biogas in einem Membran-Verfahren zu Biomethan veredeln: Die Luzerner Membran-Aufbereitungsanlage (1.5 Nm3/h Biomethan) liefert bis heute Biomethan zur Betankung von Gasfahrzeugen, die Züricher Anlage (15 Nm3/h Biomethan) speist Biomethan in ein Gasnetz von Energie 360° (vgl. BFE-Fachartikel 'Beim Bauern Biomethan tanken', abrufbar unter www.bfe.admin.ch/ec-bioenergie).

Zehn Tankfüllungen am Tag
Beide Anlagenkonzepte – Betankung von Gasautos und Netzeinspeisung – hat Oester seither weiterentwickelt. Eine dieser Aufbereitungsanlagen bildet die Grundlage der neu eröffneten Biomethan-Tankstelle in Frutigen. Bevor sie in Frutigen aufgebaut wurde, stand die Anlage in Schönenwerd (SO). Dort war sie mit einer Produktionskapazität von 12 Nm3/h Biomethan seit Mai 2016 praktisch störungsfrei in Betrieb. Im Frühjahr 2019 musste die Anlage in Schönenwerd abgebaut werden, weil die nahegelegene Papierfabrik ihre Abwässer neu in einer eigenen Biogasanlage verwertet und für die ARA somit kein 'überschüssiger' Energieschlamm mehr vorhanden ist. In Frutigen hat die Aufbereitungsanlage nun eine neue Zukunft, wobei mit einer Nutzungsdauer von zehn Jaheren gerechnet wird.

Weniger zuversichtlich sieht Ueli Oester die Perspektiven von Kleinstanlagen zur Biomethan-Aufbereitung, wie sie seit 2013 auf einem Bauernhof in Reiden betrieben wird. Das Problem: Wegen raumplanerischen Vorgaben ist der Betrieb einer Tankstelle in der Landwirtschaftszone in der Regel nicht zulässig.

Zuverlässige Einspeisung in Gasnetz
Günstiger ist die Entwicklung bei kleinen Aufbereitungsanlagen zur Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz. Im Mai 2015 nahm die Eniwa AG (der regionale Energieversorger, dessen Wärme-Sparte damals noch unter dem Namen IBAarau Wärme AG firmierte) bei der ARA in Reinach (AG) eine Membran-Aufbereitungsanlage in Betrieb, die seither zuverlässig ca. 25 Nm3/h Biomethan ins lokale Erdgasnetz einspeist. „Wir haben uns damals bei der Ausschreibung der Aufbereitungsanlage für das Apex-Angebot entschieden, weil hier ein Schweizer Anbieter eine sehr konkurrenzfähige Offerte für die gewünschte Kleinanlage vorgelegt hat und wir diesem Pilotprojekt eine Chance geben wollten“, sagt Christian Müller, der das Projekt im Auftrag der Eniwa betreut hat.

Anteil von 10% erneuerbarem Gas
Das in der Anlage produzierte Biomethan reicht für die Versorgung von etwa 130 Haushalten. Dank der Beteiligung an der Swiss Farmer Power Biogas-Anlage in Inwil und dem Zukauf von Biogas-Zertifikaten kann der Aargauer Energieversorger seinen 5500 Gasprivatkunden im Standardprodukt Gas mit einem Anteil von 10% erneuerbarem Gas anbieten. Die Mehrkosten für das Biomethan sind im Gaspreis eingerechnet. Zurzeit wird ein Ausbau der Aufbereitungs-Kapazität vorbereitet, um das zusätzlich anfallende Klärgas nutzen zu können. Ein weiteres Projekt für Biomethan-Einspeisung möchte Eniwa mittelfristig bei der Kläranlage Aarau realisieren, wobei in dieser frühen Planungsphase noch kein Entscheid über die Technologie getroffen ist.

Wirtschaftlicher dank Standardisierung
Aufbauend auf der ersten kommerziellen Aufbereitungsanlage zur Biomethan-Einspeisung in Reinach hat Apex eine neue Anlage konstruiert, die mit 35 Nm3/h eine etwas grössere Produktionskapazität hat, aber kompakter gebaut ist und jetzt alle Komponenten in einem einzigen 20-Fuss-Container unterbringt (in Reinach waren drei nötig). Diese Anlage ist seit November 2018 bei der Kläranlage in Colombier (NE) in Betrieb. Das Biomethan wird in das Erdgasnetz eingespeist, das der Energieversorger Viteos SA in der Region Neuenburg betreibt. „Die Anlage ist nicht nur kompakter gebaut, sie verfügt über eine neuartige Gasanalytik und eine einfache, günstige Odorierungsanlage“, sagt Ueli Oester. „Der besondere Vorteil ist aber das Plug-and-Play-Konzept: Nach der Anlieferung des Containers wurde bereits nach drei Tagen Gas produziert.“

  •  Der Schlussbericht zum BFE-Pilot- und Demonstrationsprojekt 'Blue BONSAI – Klein-Biogasaufbereitungsanlage mit Biogas-Tankstelle' (Anlage Schönenwerd) ist abrufbar unter: www.aramis.admin.ch. Der Schlussbericht zum BFE-Pilot- und Demonstrationsprojekt 'Biogasaufbereitungsanlage – Aufbereitung von 40 Nm3/h Klärgas zu Biomethan und Einspeisung ins 5bar-Erdgasnetz' (Anlage Reinach) ist abrufbar unter: www.aramis.admin.ch

  • Auskünfte zu den Projekten erteilt Dr. Men Wirz (men.wirz[at]bfe.admin.ch), Verantwortlicher des Pilot- und Demonstrationsprogramms des BFE.

©Text: Dr. Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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