Verleihung des Erwin-Schrödinger-Preises an das multidisziplinäre Team des KIT auf der Jahrestagung der Helmholtz-Gemeinschaft. ©Bild: Marco Urban

Eine ausgeklügelte Charakterisierung auf der Nanoskala visualisiert mikroskopische elektrische Felder (ferroelektrische Domänen) in den Perowskit-Dünnschichten. ©Bild: Alexander Colsmann, Holger Röhm, Tobias Leonhard, KIT

KIT: Belegt Ferroelektrizität von Perowskit-Solarzellen und erhält dafür Erwin-Schrödinger-Forschungspreis

(ee-news.ch) Silizium gilt als Platzhirsch unter den Solarzell-Technologien. Doch schnell haben metallorganische Perowskit-Solarzellen aufgeholt und im Labor ebenfalls Wirkungsgrade von 25 Prozent erreicht. Ein multidisziplinäres Team von sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hatte etwa Belege für ferroelektrische Mikrostrukturen gefunden und konnte damit die Eigenschaften moderner Perowskit-Solarzellen erklären.


Für diese herausragende Leistung erhielt das Team jetzt den mit 50‘000 Euro dotierten Erwin-Schrödinger-Preis der Helmholtz-Gemeinschaft und des Stifterverbandes. Die Forschenden haben die Felder Optoelektronik und keramische Werkstoffe kombiniert und entscheidende Beiträge zur Weiterentwicklung der Perowskit-Solarzellen geliefert. Perowskit ist einfach zu verarbeiten und kostengünstig.

Wie sähe die perfekte Solarzelle aus?
Neben der schwarzen Oberfläche für eine optimale Absorption des Lichtes führt die perfekte Solarzelle die durch das Licht erzeugten Ladungsträger effizient aus dem Bauteil zu den Elektroden und minimiert so Rekombinationsverluste. Es gehen somit weniger Ladungsträger verloren. Dem Wissenschaftler-Team ist es gelungen, Expertise aus den Bereichen der Optoelektronik und der Keramischen Werkstoffe so zusammenzubringen, dass sie ein vertieftes Verständnis der Perowskit-Solarzellen ermöglichen. Das multidisziplinäres Team aus den Fächern Elektrotechnik, Materialwissenschaften und Physik hat nun im neuen Materialwissenschaftlichen Zentrum für Energiesysteme (MZE) des KIT den Nachweis erbracht, dass ein typischer Baustein von metallorganischen Perowskit-Solarzellen, Methylammonium-Bleiiodid (MAPbI3), ferroelektrisch ist: MAPbI3-Dünnschichten bilden spontan alternierende polare Domänen mit einer typischen Breite von 90 nm. „Die mikroskopischen elektrischen Felder in den Domänen können helfen, die photogenerierten Ladungsträger voneinander zu trennen und damit ihre Rekombination zu reduzieren“, sagt Holger Röhm, Doktorand am MZE. Gemeinsam mit Tobias Leonhard und Alexander D. Schulz hat Röhm die mikroskopischen elektrischen Felder des ferroelektrischen MAPbI3 und seine Mikrostruktur untersucht.

Unter dem Dach des MZE versammelte das Team Experten aus der Photovoltaik und den Materialwissenschaften, um die Eigenschaften der Perowskit-Solarzellen zu analysieren. Dabei wurden die Solarzellen mit Methoden charakterisiert, die bislang für die Analyse klassischer Keramiken eingesetzt wurden. Die jetzt nachgewiesene Ferroelektrizität als Schlüsseleigenschaft von Perowskit-Solarzellen kann ein neues Designkriterium für neuartige lichtabsorbierende Materialien in Solarzellen bieten.

Vielversprechendes Muster für umweltfreundlichere Solarzellen
Alexander Colsmann, Leiter der Forschungsgruppe Organische Photovoltaik, betont, dass „MAPbI3-Perowskit-Solarzellen bekanntlich instabil und ihre Zersetzungsprodukte wasserlöslich und umweltgefährdend sind“, was einen dringenden Bedarf an bleifreien Alternativen zeigt. Während in der Vergangenheit durch die schrittweisen Modifikationen der Kristallzusammensetzung keine bleifreien Alternativen zu MAPbI3 mit ausreichender Photovoltaikleistung entdeckt wurden, ist die in den Perowskit-Solarzellen beobachtete Ferroelektrizität ein vielversprechendes Muster für eine neue Klasse von potenziell stabileren und umweltfreundlicheren Solarzellen.

Das Materialwissenschaftliche Zentrum für Energiesysteme (MZE) wurde vor drei Jahren als disziplinübergreifende Plattform eingeweiht, um die Forschung des KIT zur Energieumwandlung und -speicherung zu stärken. Damit ist das MZE ein gutes Umfeld, um die Forschung an neuartigen Photovoltaik-Konzepten voranzutreiben. Auf der wissenschaftlichen Grundlage, für die der Erwin-Schrödinger-Preis verliehen wurde, wird das Team künftig neue ferroelektrische Verbindungen für eine verbesserte Energiegewinnung erforschen, wobei der Schwerpunkt auf umweltfreundlichen und nachhaltigen Lösungen liegt. Diese Herausforderung wird auch im Helmholtz-Forschungsprogramm verankert. Nach 15 Jahren Forschung auf dem Gebiet der organischen Photovoltaik ergänzt das KIT dieses Feld seit einiger Zeit mit umfangreichen Forschungsarbeiten zu Perowskit-Solarzellen und darüber.

Wissenschaftliche Publikationen
T. Leonhard, A.D. Schulz, H. Röhm, S. Wagner, F. Altermann, W. Rheinheimer, M.J. Hoffmann, A. Colsmann, Energy Technology, 2019, 7, 1800989

H. Röhm, T. Leonhard, A.D. Schulz, S. Wagner, M.J. Hoffmann, A. Colsmann, Adv. Mater., 2019, 31, 1806661

H. Röhm, T. Leonhard, M.J. Hoffmann, A. Colsmann, Energy Environ. Sci. 2017, 10, 950-955

Text: ee-news.ch,Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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1 Kommentare

Max Blatter

Wichtigstes Kriterium bei der Materialwahl für die Herstellung von Solarzellen und -modulen ist m.E. (neben der toxischen Unbedenklichkeit) die Verfügbarkeit der Rohstoffe. Diesbezüglich ist Silizium (das aus Quarzsand ohne besondere Qualitätsanforderung gewonnen werden kann) unerreicht. Ich habe noch keine Argumente für andere Materialien (inklusive Perowskit) gehört, die auf diesen Aspekt eingehen. Vielleicht gibt es sie ja, aber dann möchte ich sie, bitte sehr, auch nachlesen können.

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