Auf ein Freileitungsmonitoring in hoher Auflösung und in Echtzeit zielt das Projekt Prognonetz. ©Bild: ITIV, KIT

KIT: Künstliche Intelligenz verbessert Stromübertragung

(KIT) Um die erneuerbaren Quellen in die Energieversorgung zu integrieren, sind höhere Kapazitäten im Stromnetz erforderlich. Der Bedarf an Neubautrassen lässt sich jedoch reduzieren, wenn vorhandene Freileitungen je nach Witterungsbedingungen besser ausgelastet werden können. Dazu arbeiten Forscherinnen und Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Verbundvorhaben Prognonetz an selbstlernenden Sensornetzwerken.


Diese modellieren die Kühlwirkung des Wetters anhand realer Daten. So lässt sich bei günstigen Bedingungen mehr Strom über die Leitung schicken.

Langwierige Genehmigungsverfahren und hohe Kosten
Der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien – Windenergie im Norden, Photovoltaik im Süden – stellt zusammen mit dem wachsenden internationalen Stromhandel immer höhere Anforderungen an das Stromübertragungsnetz. Um die elektrische Energie von den Erzeugern zu den Verbrauchern zu transportieren, das zeitweilige Abschalten von Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Quellen – vor allem bei hohem Windaufkommen – zu vermeiden und insgesamt eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, scheint ein erheblicher Ausbau der bestehenden Netzinfrastruktur erforderlich. Dies ist jedoch mit langwierigen Genehmigungsverfahren und hohen Kosten verbunden.

Bessere Ausnutzung reduziert Bedarf an Neubautrassen
Der Bedarf an Neubautrassen lässt sich allerdings durch bessere Ausnutzung der vorhandenen Freileitungen deutlich reduzieren. „So ist es möglich, den Stromtransport je nach Witterungsbedingungen wie Umgebungstemperatur, Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit und Windrichtung gegenüber dem Standard deutlich zu erhöhen“, erklärt Professor Wilhelm Stork, Leiter der Mikrosystemtechnik am Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) des KIT. „Diese Erhöhung lässt sich erreichen, ohne die maximal zulässige Leitertemperatur zu überschreiten und ohne die Mindestabstände des Leiters zum Boden oder zu Gegenständen zu unterschreiten.“ Besondere Bedeutung kommt dabei dem von der lokalen Topografie und Vegetation beeinflussten, kühlend wirkenden Wind zu.

Auf ein Freileitungsmonitoring in hoher Auflösung und in Echtzeit zielt das vom ITIV geleitete Projekt „Prognonetz – Selbstlernende Sensornetzwerke zum witterungsabhängigen Freileitungsbetrieb“. Das Projekt ist Anfang 2019 gestartet und läuft drei Jahre.

Prognosemodelle auf der Basis Künstlicher Intelligenz
In Prognonetz entwickeln die Forschungs- und Industriepartner flächendeckende Sensornetzwerke mit intelligenten Sensoren, die – anders als herkömmliche Wetterstationen – in geringen Abständen zueinander und in hinreichender Nähe von Freileitungen platziert sind, um die Witterungsbedingungen präzise zu erfassen. Die Sensornetzwerke sollen auch harschen Umgebungsbedingungen standhalten und kritische Daten drahtlos und zuverlässig an die Leitzentrale liefern. Neu zu erarbeitende Algorithmen sollen den Sensoren eine selbstlernende Funktion verleihen, sodass sie auf Basis der verteilt gemessenen Wetterdaten automatisiert genauere Strombelastungsprognosen für Stunden oder sogar Tage erstellen können. Anhand historischer Wetterdaten und topografischer Eigenschaften werden intelligente Modelle für jede Leitung des Stromnetzes gebildet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ITIV arbeiten in Prognonetz unter anderem an den Prognosemodellen auf der Basis Künstlicher Intelligenz sowie an einem laserbasierten Windsensor, der genauer misst als starr montierte konventionelle Sensoren, und an unbemannten Drohnen zur Installation und Wartung der Wettersensoren auf den Strommasten.

Das in Prognonetz entwickelte selbstlernende meteorologische Netzwerk soll zunächst an bestehenden Hochspannungsleitungen und an Betriebsmitteln des Partners TransnetBW eingesetzt werden. „Mit diesem auf Künstlicher Intelligenz basierenden Netzwerk lassen sich vorhandene Stromnetze durch Anpassen des Betriebs an die Witterungsbedingungen jederzeit gut ausnutzen und Engpässe überbrücken“, sagt Wilhelm Stork. „So lässt sich der Stromtransport bei günstigen Bedingungen, das heisst niedriger Aussentemperatur oder starkem Wind, um 15 bis 30 Prozent erhöhen.“

Text: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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