Laut Ursula Sladek sollen die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung zur Finanzierung von bestehenden Umlagen und Abgaben genutzt werden, um die mittelständische Wirtschaft und Verbraucher zu entlasten. ©Bild: CO2 Abgabe e.V.

Ursula Sladeck zum Jahresgutachten 2018/2019: Auch im Strombereich braucht es einen CO2-Mindestpreis!

(PM) Am 7. November hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage in Deutschland sein Jahresgutachten 2018/2019 veröffentlicht. Darin fordern die Wirtschaftsweisen erneut eineBepreisung von Treibhausgasemissionen. Ursula Sladek, Beirätin des CO2 Abgabe e.V., Mitgründerin der Elektrizitätswerke Schönau und Deutsche Umweltpreisträgerin, gibt dazu ein Statement ab.


„Die deutsche Bundesregierung wäre gut beraten, der Aufforderung der Wirtschaftsweisen, des Bundesrechnungshofes (siehe ee-news.ch vom 2.10.2018 >>), der Kommission zum Monitoring der Energiewende und vielen anderen Stimmen aus Wirtschaft und Wissenschaft für eine wirksame CO2-Bepreisung endlich Rechnung zu tragen. Mit einer CO2-Bepreisung könnten die Abgaben- und Umlagesysteme in Deutschland grundlegend reformiert werden und eine gerechtere und sozialere Verteilung der Klimaschadenskosten erfolgen. Wir erwarten daher von der Bundesregierung, insbesondere von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, zügig eine offene und ehrliche Diskussion über Wege und Chancen einer Bepreisung von Treibhausgasemissionen zu beginnen.

Auch im Strombereich bracucht es einen CO2-Mindestpreis
Dabei nur die Sektoren Wärme und Verkehr in den Blick zu nehmen greift zu kurz, auch wenn hier der Handlungsbedarf erheblich ist. Denn trotz steigender Preise hat sich der europäische Emissionshandel als wenig wirksam erwiesen, Treibhausgasemissionen im Stromsektor zu reduzieren. Bereits das zu geringe „Cap“ der aktuellen Reform reicht bei weitem nicht aus die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen. Daher braucht es auch im Strombereich einen CO2-Mindestpreis, wie das Beispiel Grossbritannien zeigt. Die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung sollten vollständig zur Finanzierung von bestehenden Umlagen und Abgaben genutzt werden, um grosse Teile der mittelständischen Wirtschaft sowie private Verbraucher in Deutschland zu entlasten.“

Die Wirtschaftsweisen fordern in ihrem neuen Gutachten erneut eine Bepreisung von Treibhausgasemissionen. Damit knüpfen sie an das Jahresgutachten von 2017 an, in dem sie bereits einen einheitlichen CO2-Preis für die Sektoren Strom, Verkehr und Wärme fordern, „selbst wenn er nur auf nationaler Ebene eingesetzt werden könnte“.

Mengenbasierte Preisinstrumente sind gescheitert
Sie verweisen aktuell dabei auf die von Peter Cramton und anderen Peter herausgegebene Studie (siehe unten), die zum Ergebnis kommt, dass mengenbasierte Preisinstrumente, die seit mehr als 20 Jahren das Feld dominieren, trotz aller Hoffnungen, die man in sie gesetzt hat, wiederholt gescheitert sind. Mit preisbasierten Instrumenten (z. B. Steuern) dagegen, liegen gute Erfahrungen vor. Entscheidend für einen kostengünstigen Klimaschutz sei jedoch nicht die Methode der Preisbildung, also ob preisbasierte Steuer auf fossile Energieträger oder ein mengenbasiertes Cap-and-Trade System, sondern ein einheitlicher CO2-Preis auf den sich möglichst viele Länder einigen. Für ein Land ist es lediglich erforderlich, dass sein durchschnittlicher Kohlenstoffpreis – die Kosten pro Treibhausgaseinheit – mindestens so hoch ist, wie ein, am besten global vereinbarter, Kohlenstoffpreis.

Hintergrund
Der CO2 Abgabe e.V. ist eine Gruppe von bislang rund 850 Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Einzelpersonen, die für eine wirksame Lenkungsabgabe auf Treibhausgase (CO2 u. a.) eintritt, um die zahlreichen Umlagen und Steuern auf Energie in Deutschland am Klimaschutz neu auszurichten. Dazu setzen wir uns für eine verursachergerechte, sozialverträgliche und technologieoffene Umsetzung ein, die Bürokratie abbaut sowie Planungssicherheit und Innovationen fördert.

Wasserbetteffekt ist kein Argument mehr
Die aktuelle Reform des Europäischen Emissionshandel (ETS) hat neben der Reduktion von ausgegebenen und kostenlosen Zertifikaten sowie der Einführung der Marktstabilitätsreserve den Mitgliedstaaten zudem die Möglichkeit Emissionsberechtigungen für stillgelegte fossile Kraftwerkskapazitäten aufgrund zusätzlicher nationaler Massnahmen vom Markt zunehmen. Damit ist aus unserer Sicht das Argument des Wasserbetteffekts (Stilllegungen von fossilen Kraftwerken führen nur zu Emissionen anderswo) kein Tragendes mehr. Die Reduktionsziele im ETS sind viel zu gering, um die Klimaschutzziele von Paris rechtzeitig zu erreichen. Damit hat die EU die Verantwortung für die Einhaltung der Klimaschutzziele an die ETS-Mitgliedsländer zurück gegeben. Eine erneute grundlegende Reform des ETS mit wirksamen, planungssicheren und damit investitionsrelevanten CO2-Preisen ist nicht in Sicht. Der Klimaschutz kann unseres Erachtens auf eine erneute Reform des Emissionshandels nicht warten.

Deutschland muss Emissionen um 38 Prozent senken
Nach der EU-Effort-Sharing-Entscheidung und der EU-Climate-Action-Verordnung ist Deutschland rechtlich dazu verpflichtet auch im Non-ETS (Wärme < 20 Megawatt und Verkehr) die Emissionen bis 2020 um 14 Prozent und bis 2030 um 38 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Von 2013 bis 2030 ist dazu für jedes Jahr ein Emissionsbudget festgelegt. In jedem Jahr, in dem das Budget überschritten wird, muss Deutschland aus anderen Ländern, die ihr Budget nicht ausgeschöpft haben Emissionsrechte zukaufen. Durch das Verfehlen der Ziele im Non-ETS könnten bei realistischen Vermeidungskosten von 100 Euro je Tonne bis 2030 Kosten von mehr als 60 Milliarden Euro auf die Steuerzahler zukommen. Sehr viel zweckmässiger wäre das Geld dagegen auch hier in langsam steigende Gebühren für Treibhausgase angelegt, die dann Investitionsentscheidungen im Sinne des Klimaschutzes beschleunigen.

The Global Carbon Pricing – The Path to Climate Cooperation >>

Warum der europäische Emissionshandel trotz steigender Preise kein Garant für wirksamen Klimaschutz ist >>

Jahresgutachten 2018/2019 des Sachverständigenrats >>

Text: Ursula Sladek, CO2 Abgabe e.V.

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