Im Windpark Klettwitz kann eine Windenergieanlage bestiegen werden. Von dort sieht man auf den 70-MW-Solarpark Meuro, der sich auf dem ehemaligen Tabebaugelände Meuro befindet. ©Gemeinde Schipkau

Tagebau Klettwitz: Erfolgreicher Strukturwandel durch erneuerbare Energie

(PM) Die Gemeinde Schipkau mit insgesamt 6800 Einwohnern liegt inmitten der Niederlausitzer Braunkohleregion im deutschen Bundesland Brandenburg. Von 1951 bis 1991 wurde auf dem Gemeindegebiet im Tagebau Klettwitz Braunkohle abgebaut. Insgesamt wurden hier 362 Millionen Tonnen Rohbraunkohle gefördert, in der gesamten Lausitz im selben Zeitraum etwa 5 Milliarden Tonnen, in Deutschland 14 Milliarden Tonnen.


Der Tagebau Klettwitz hat tiefe Spuren in der Landschaft hinterlassen. 6364 Hektar (rund 64 Quadratkilometer) Land fielen den Schaufelradbaggern zum Opfer und acht Ortschaften wurden von der Landkarte getilgt. 4200 Einwohner mussten umgesiedelt werden.

Stabilität nach Zeiten des demographischen Wandels
Zwischen 1989 und 1991 wurde eine neue, 500 Meter lange, Abraumförderbrücke aufgebaut. Nur 13 Monate später musste sie ihren Betrieb einstellen, denn nach der Wende lohnte sich der Transport der Kohle in die verbliebenen Kraftwerke nicht mehr. Die Bedeutung der Braunkohle in der Lausitz nahm rapide ab. Von 1949 bis zur Wiedervereinigung waren hier zwischen 45‘000 und 79‘000 Menschen im Braunkohlebergbau beschäftigt. Die Zahl reduzierte sich bis Mitte der 1990er auf 20‘000 Menschen und bis zur Jahrtausendwende auf rund 7000. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Bevölkerungsentwicklung Schipkaus wider. Während die Einwohnerzahl von 1950 bis 1990 stark anwuchs, ging sie in den Jahren nach der Wende stark zurück.

Das Tempo hat in den vergangenen Jahren allerdings nachgelassen. „Die Zahlen zeigen uns in den vergangenen vier Jahren trotz demografischem Wandel keinen Rückgang, sondern Stabilität“, stellt Bürgermeister Klaus Prietzel fest. Die Arbeitslosigkeit lag im Landkreis Oberspreewald-Lausitz im September 2018 bei 7.5 Prozent und damit deutlich über der Quote in Brandenburg (5.9 Prozent). Trotzdem ist die Entwicklung positiv. Seit 2006 hat sich die Zahl der Arbeitslosen nahezu halbiert. Wohlgemerkt haben alle Landkreise in Randlage – auch die Uckermark und Prignitz – Beschäftigungsprobleme, da sie abseits des Speckgürtels Berlin-Potsdam liegen.

Als Standort für erneuerbare Energien etabliert
Notgedrungen wurde die Wirtschaft in der ehemaligen Braunkohleregion auf neue Füsse gestellt. Heute spielen der Tourismus und die moderne Energieversorgung eine wichtige Rolle für Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Schipkau versteht sich als „Standort der Gewinnung erneuerbarer Energien, [...] sowie als Wohn- und Dienstleistungsregion im Grünen.“ Alle Ortsteile arbeiteten an der Umsetzung dieser Ziele eng zusammen, heisst es seitens der Gemeinde. Die Zahl der registrierten Unternehmen aus dem Bereich Energie- und Wasserversorgung ist im Landkreis von 1995 bis 2015 von 149 auf 167 gestiegen. Die Tourismuswirtschaft verbucht ebenfalls steigende Zahlen. Seit 2012 ist die Zahl der Übernachtungen in den Brandenburger Gemeinden der Tourismusregion Lausitzer Seenland, zu der auch Schipkau gehört, um 31 Prozent gestiegen.

Bürger verdienen am Windpark mit
Der liegende Eiffelturm, wie die stillgelegte Kohle-Förderbrücke wegen ihrer Stahlfachwerkkonstruktion auch genannt wird, kann heute besichtigt werden. Von der Aussichtskanzel reicht der Blick weit über die Lausitz und die Narben in der Landschaft, die ihr der Braunkohletagebau zugefügt hat. Aber auch der Wandel der Energieversorgung ist weithin erkennbar. Auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus Klettwitz stehen 53 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 100 Megawatt. Rund 50‘000 Haushalte kann der Windpark mit klimafreundlichem Strom versorgen.

Der Bau begann 1999 und vollzog sich in vier Bauabschnitten. Am Klettwitzer Windpark verdienen die Schipkauer mit. Der Betreiber des Windparks, die Klettwitz Green Energy GmbH aus Niedersachsen, gewährt den Einwohnern seit 2014 einen Bürgerbonus. Zwei Millionen Euro wurden bisher ausgezahlt. Das ist in Brandenburg einmalig. Der Bonus kommt gut an. 95 Prozent der Einwohner haben ihn in den vier Jahren seit seiner Einführung beantragt. Prietzel betont, dass der Windparkbetreiber dieses Angebot weiterführt, „obwohl die ursprünglichen wirtschaftlichen Planungen des Investors durch Gesetzesänderungen und behördliche Auflagen stark beschnitten wurden.“ Schipkau hat auch als Gemeinde selbst acht Windenergieanlagen errichtet. Die Windenergie ist ein wichtiger Beitrag der Region zum Klimaschutz – allein der Windpark Klettwitz vermeidet den Ausstoss von etwa 120‘000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Gleichzeitig ist er eine Attraktion für Besuchergruppen. Auf Anfrage ist das Besteigen eines Windrads möglich – Panoramarundblick inklusive.

Kommunale Wertschöpfung durch Solarenergie
Von der Spitze des Windrads aus erkennt man einen weiteren Baustein der Energiezukunft. Auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus Meuro entstand 2011 einer der grössten Solarparks Europas. Die 300‘000 Solarmodule mit einer Spitzenleistung von 70 Megawatt können etwa 17‘500 Haushalte mit Ökostrom versorgen. Zusammen mit dem unmittelbar angrenzenden Solarpark Senftenberg beläuft sich die Gesamtleistung auf 168 Megawatt, genug für etwa 80‘000 Haushalte.

„Der Solarpark bildet gemeinsam mit dem Bagger als Industriedenkmal ein Ausflugsziel für Besucher“, berichtet Bürgermeister Prietzel. Der Solarpark Meuro wird von der GP Joule GmbH betrieben, die Projektentwicklung lief über die Berliner Unlimited Energy GmbH. Die Pachteinnahmen, die die ortsansässige Grossräschener Agrargenossenschaft eG über den Solarpark einnimmt, halten die Wertschöpfung vor Ort. Die Gewerbesteuereinnahmen durch die Erneuerbaren Energien ermöglichten es der Gemeinde, ihre Infrastruktur zu verbessern und so die Attraktivität von Schipkau als Wohnort wieder zu erhöhen. Für die Gemeinde Schipkau selbst gehört die Verantwortung für das Klima und die nachfolgenden Generationen zur eigenen Handlungsmaxime. Unter dem Stichwort ‚Innovativer Energieort‘ investiert die Kommune auch selber in Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern, energetische Sanierung sowie Kraft-Wärme-Kopplung.

Text: Deutscher Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. (BEE)



0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert