Wesentliche Energieeinsparungen waren dank einer intelligenten Zeitschaltung der Ventilationsanlagen möglich, die in der Uhrmachermanufaktur für konstante Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen sorgen. ©Bild: EnAW

Breitling: Senkt Energieverbrauch mit hochpräzisen Energieprozessen um 50 Prozent

(EnAW) Im letzten Jahrhundert hat sich Breitling neben der Uhrentechnik auch in der Luftfahrt durchgesetzt. Schon seit der Gründung in den jurassischen Bergen pflegte das Unternehmen, dessen Manufaktur sich heute in La Chaux-de-Fonds befindet, eine Vorliebe für luftige Höhen. Neue Gipfel erreicht es nun mit der Energieeffizienz: Seit 2013 hat Breitling den Energieverbrauch nahezu halbiert. (Texte en français >>)


1884 eröffnete Léon Breitling in St-Imier (BE) eine Werkstatt für Chronografen – ein anspruchsvoller Bereich der Uhrmacherei – und für Messgeräte für die damals aufkommenden Automobile. 1892 verlegte das Unternehmen seinen Sitz nach La Chaux-de-Fonds. Schon bald hatte es sich dank Genauigkeit und Robustheit einen Namen gemacht und bediente damit Wissenschaft, Industrie und Sport. Es begleitete auch die ersten Langstreckenflüge, die auf leistungsfähige und zuverlässige Navigationsgeräte angewiesen waren. Ab den 1930er-Jahren verwendeten zivile und Kampfpiloten Taschenmessgeräte und später Chronografenarmbanduhren aus dem Hause Breitling, das dadurch Teil der Luftfahrtgeschichte wurde.

50 Prozent Energie eingespart
Diese Beziehung hat sich bis heute gehalten, genauso wie die aussergewöhnliche Genauigkeit: Die Breitling Chronométrie SA ist eine der wenigen Uhrenmanufakturen, die all ihre Modelle mit Chronometer-zertifizierten Uhrwerken bestückt. Diese Uhrwerke werden gänzlich in der Manufaktur in La Chaux-de-Fonds entworfen und hergestellt. Das Gebäude, in dem die Manufaktur untergebracht ist, wurde 2007 erweitert und bietet Platz für 200 Mitarbeitende. Davon stellen 150 Uhrmacher die Produktion von jährlich 100‘000 Uhren sicher. Nun hat die Manufaktur im Energiebereich eine ebenso bewundernswerte wie effiziente Strategie entwickelt. Mit der Unterstützung der EnAW hat sie 2012 eine Zielvereinbarung mit dem Bund abgeschlossen. Die Ergebnisse lassen sich sehen: Seit 2013 konnte der Energieverbrauch von 3‘300000 auf 1‘700‘000 Kilowattstunden Energie gesenkt werden, was einer Einsparung von 25 Prozent beim Strom- und von 75 Prozent beim Gasverbrauch entspricht. Insgesamt beträgt die Energieeinsparung somit trotz gestiegener Produktionsmengen fast 50 Prozent.

Finanzdirektor Yann Chapatte und der Energieverantwortliche Fernand Moullet äussern sich darüber mit Stolz und einem spitzbübischen Lächeln. «Wir fühlen uns wie Kinder beim Spiel», erklärt Chapatte. «Ständig suchen wir neue Ideen, um unseren Verbrauch noch ein bisschen zu senken.»

Hochpräzise Energieprozesse
In kleinen Schritten hat die Breitling Chronométrie SA Massnahmen ausprobiert, die andere als unrealistisch verworfen hätten. Wer in die Technikräume im Untergeschoss hinuntersteigt, stösst auf nagelneue, teilweise imposante Anlagen und ein weitläufiges, sorgfältig gedämmtes Leitungsnetz. Fünf grosse Ventilationsblöcke halten die Temperatur in den Werkstätten konstant auf 23 Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent. Die Einsparungen ergaben sich aus dem Einsatz modernster Technologie, vor allem aber durch die Ausschaltung der Ventilation ausserhalb der Betriebszeiten. Anfangs hatte man befürchtet, die nächtliche Ausschaltung würde sich negativ auf Temperatur und Feuchtigkeit auswirken. Moullet schaltete deshalb die Ventilation schrittweise immer länger aus und konnte so die Trägheit des Gebäudes bestätigen: Die Gebäudehülle ist perfekt durchdacht und gefertigt, Temperatur und Luftfeuchtigkeit bleiben konstant. Der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoss konnten zusätzlich reduziert werden, indem der Umluftanteil bei Umgebungstemperatur auf zwei der fünf Ventilationsblöcke erhöht wurde.

Dass die Zeitschaltung bei einem Uhrmacher zur Wissenschaft wird, erstaunt nicht, denn sie ist allgegenwärtig. Auch die Getränkeautomaten sind mit einer Zeitschaltuhr ausgestattet. Die neuen Automaten sind etwas sparsamer verteilt als die alten und verbrauchen vier Mal weniger Energie. Ebenso wenig erstaunt die exakte Einstellung der Anlagen. «Man muss wissen, dass ein Bar weniger einer Einsparung von zehn Prozent entspricht», erklärt Moullet. Es ist also völlig unnötig, eine Druckluftanlage auf elf Bar zu halten, wenn 6.5 Bar für die meisten Tätigkeiten ausreichen. Für punktuelle Aufgaben wird ein Nachverdichter eingesetzt. Auch der Kälte- und Wärmebedarf der Mechanikwerkstätte wird bis ins letzte Detail optimiert, die Abwärme dient der Gebäudeheizung.

Nachhaltig beleuchtet
LED lautet das Schlagwort in der Beleuchtung, und für Chapatte haben LED-Leuchten einen wichtigen Vorteil: «Nur selten kommt zur Sprache, dass diese Beleuchtungstechnik weniger Wärme abstrahlt. Wir brauchen also wenig bis keine Klimatisierung – eine weitere Energieeinsparung.» Einmal mehr war hier die Aufmerksamkeit des Uhrmachers am Werk. Fast in der ganzen Werkstatt wurden die Leuchtmittel bereits ersetzt. Alte Glühbirnen und Leuchtstoffröhren werden in wenig benutzten Räumen noch so lange gebraucht, bis sie nicht mehr funktionieren. Statt funktionsfähiges Material vorzeitig zu vernichten, bevorzugen Moullet und Chapatte dieses Vorgehen. «Unsere Hauptaufgabe besteht nun darin, die Errungenschaften zu wahren und neue Optimierungsmöglichkeiten auszuschöpfen.» Denn die Manufaktur hat ihren Energieverbrauch um beinahe 50 Prozent verringert. Diese Zahl steht für fünf Jahre, in denen Anstrengungen und gesunder Menschenverstand Hand in Hand gingen. Chapatte sucht nach Worten: «Es ist einfach … unglaublich.» Und dennoch wahr.
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Interview mit Yann Chapatte und Fernand Moullet: «Unsere Partner mussten zweimal hinschauen, als sie unsere ersten Ergebnisse sahen.»

Hat Ihre erste Zielvereinbarung, die Sie mit der Unterstützung der EnAW abgeschlossen haben, nicht schon eine lange Geschichte?
YC: Unsere erste Zielvereinbarung wurde im April 2012 unterzeichnet. Schon nach drei Jahren aber waren die Zielsetzungen dieser Vereinbarung überholt, weil sich unsere Einsparungen so schnell und gut entwickelten. Deshalb haben wir nach einer Überarbeitung im August 2015 eine neue Vereinbarung mit einem Gesamtziel bis 2024 unterzeichnet.

War diese erfreuliche Entwicklung mit grösseren Investitionen verbunden?
YC: Wenn wir die Ergebnisse betrachten, ist dies für uns ein besonders befriedigender Aspekt. Es wird andere Unternehmen interessieren, dass wir keine besonderen Investitionen tätigen mussten, die ausschliesslich auf die Verbesserung der Energieeffizienz ausgerichtet waren. Einzige Ausnahme war die Software zur Energiesteuerung, die unsere Optimierungsbestrebungen während fünf Jahren im Hintergrund immer zuverlässig unterstützt hat. Gleichzeitig wurde unser Engagement zur Steigerung der Energieeffizienz mit der Rückerstattung der CO2-Abgabe in Höhe von mehreren Tau-send Franken jährlich dank der Zielvereinbarung anerkannt und gefördert.

Fernand Moullet, Sie wiederholen gern, dass Grosses im Kleinen anfängt. Was verstehen Sie darunter?
FM: Ja, das ist mein Credo. Ich habe aber auch schon aus Grossem ganz Kleines gemacht, indem ich zum Beispiel die Spülmengen der WCs reduziert habe und damit an unserem Standort den jährlichen Wasserverbrauch um 270 Kubikmeter gesenkt habe. Oder indem ich für die Server-Kühlung die Wasserkühlvorrichtung durch einen Anschluss ans Kaltwassernetz ersetzt habe. Der Wasserverbrauch sank drastisch, und durch die geringere Wasserzirkulation wurde zusätzlich Energie gespart.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem EnAW-Berater?
YC: Die Diskussionen sowie die Zusammenarbeit mit dem EnAW-Berater und unseren technischen Dienstleistern tragen dazu bei, dass wir uns ständig verbessern. Sie sorgt sogar für Überraschungen: Als unsere ersten Ergebnisse auf dem Tisch lagen, mussten unsere Partner zweimal hinschauen, bevor sie sie glauben konnten!

Text: Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)

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