Anita Niederhäusern: „Die meisten Energieversorgungsunternehmen (EVU) reagieren sportlich auf die Herausforderung und halten sich an die im Handbuch Eigenverbrauchsregelung festgeschriebenen Regeln.“

Eigenverbrauch: Unsanft geweckte schlafende Riesen reagieren mitunter mit missbräuchlicher Akquisition und Angstmacherei

(AN) Marktwirtschaft prallt auf Planwirtschaft. Mit den neuen Möglichkeiten zum Eigenverbrauch vertiefen sich alte Gräben. Wenn ein Installateur sein Eigenverbrauchsprojekt beim Netzbetreiber anmeldet, kann es durchaus sein, dass ihn dieser direkt konkurrenziert. Einige bizarre Fallbeispiele aus der Praxis.


Die Photovoltaikunternehmen haben sich auf die neuen Marktchancen eingestellt und sind mit eigenen Angeboten punktgenau seit Jahresanfang am Markt. Die grössten Chancen bietet der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Die meisten Energieversorgungsunternehmen (EVU) reagieren sportlich auf die Herausforderung und halten sich an die im Handbuch Eigenverbrauchsregelung festgeschriebenen Regeln. Ein kleiner Teil jedoch zeigt sich schwer verschnupft.

Goht’s öich no!“
Die umtriebigen Photovoltaikspezialisten weckten wohl verschiedentlich schlafende Riesen, die sich dann vorgeführt fühlten, wie das folgende Beispiel zeigt: Ein EVU-Vertreter rief bei einem Photovoltaikspezialisten an und beklagte sich (O-Ton): „Goht’s öich no, uns ohne zu fragen (!) Kunden wägznäh!“. In verschiedenen anderen Fällen wurde – wie uns in der Redaktion von ee-news.ch zugetragen wurde – unserer Ansicht nach gegen die Wettbewerbsregeln verstossen oder zumindest grenzwertig damit umgegangen. Drei Beispiele:

Beispiel
1: Missbräuchliche Akquisition
Ein Unternehmen stellte ein Anschlussgesuch beim örtlichen EVU, da es für seinen Kunden eine Photovoltaikanlage im Rehmen einer ZEV installieren wollte. Kurz darauf hört es vom Kunden, dass das örtliche EVU beim Kunden direkt akquiriert und seine eigenen Lösungen angeboten hat.

Ein klarer wenn auch schwer nachweisbarer Datenmissbrauch durch das EVU!

Beispiel
2: Kostenloses Angebot
Ein Kunde eines Photovoltaikspezialisten fragt bei seinem EVU nach seiner Lastgangmessung und weiteren Zählerdaten nach, um eine Analyse des Eigenverbrauchs (z. B. beim ZEV) erstellen zu lassen. Kurz darauf ruft der Kunde den Photovoltaikspezialisten zurück und nimmt seinen Auftrag zurück. Das örtliche EVU bot ihm kostenlos (!) sowohl eine Pilot-Analyse als auch ein Pilot-Projekt an.

Ein klarer Missbrauch der öffentlich-rechtlichen Stellung und ein eindeutiger Datenmissbrauch durch das EVU!

Beispiel 3: Angstmacherei
Das örtliche EVU sendet allen Kunden, die sich abmelden und für einen ZEV entschieden haben, ein Schreiben, in dem auf die zukünftig unsichere Stromversorgung innerhalb des ZEV hingewiesen wird, wenn nicht das EW-eigene ZEV-Modell genutzt werde.

Ein eindeutig unlauteres Verhalten und ein Datenmissbrauch durch das EVU.


Die Regeln sind klar!
Die Photovoltaikunternehmer nehmen ihre Marktchancen wahr, wie es im privatwirtschaftlich gewerblichen Umfeld normal ist: schnell, dynamisch, innovativ. Die meisten EVU nehmen dies sportlich und behandeln die Solarprofis als ebenbürtige Marktteilnehmer. Der Markt ist hart, aber die Regeln sind klar. Sie stehen im hierfür massgeblichen Handbuch Eigenverbrauchsregelung (HER): „Wirtschaftlich sensible Information, die der Verteilnetzbetreiber von Grundeigentümern, Produzenten, Mieter/Pächter erhält, dürfen nicht für Zwecke ausserhalb vom Monopolbereich verwendet werden.

Der Umbau auf ein erneuerbares Energiesystem ist nicht nur möglich, sondern eine Notwendigkeit. Die Photovoltaik verfügt unbestritten über das grösste Potenzial und ist auf dem besten Weg, nach der Wasserkraft die wichtigste Technologie in der Schweiz zu werden. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. EVU die sich dagegen stemmen, werden vielleicht einst sogar zu den Verlieren gehören.

Handbuch Eigenverbrauchsregelung (HER) >>

Anita Niederhäusern, Herausgeberin und leitende Redaktorin ee-new.ch

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3 Kommentare

georg hanselmann

@Stromer
Nur so viel, zu Ihrer pessimistiser Ansicht.
Wieso nicht mehr Selbsvertrauen.
Ich weiss es gibt viele Klein-Elektriker die so Denken.
Habe mich im ganzen so ca. 30 Jahren selber temporär zur Verfügung gestellt, nicht nur im Elektrischen,sondern in allen interresanten Gebieten und dies zu meinen Eigenen Elektro und Apparate Firma.
Wenn mann es will, geht es fast immer oder vieles was mann will.
Der Strom-Bezug muss billiger werden für den Endverbraucher.
egal für Welche Klein und Gross.
/// Aber es geht nicht an das die Kleinen für die grossen Abzocker & Nutznieser, die Zeche bezahlen. /////
Dagegen werde ich mit Bundes-Klagen Vorgehen.

Wieso ist nicht geschen;

Es nützt nichts wenn mann nur chlönt und nicht`s macht oder liege ich da falsch ?

Stromer

@georg hanselmann
Wir als Kleinbezüger können alle froh sein, dass die komplette Marktöffnung noch nicht kam. Es ist eine Illusion zu glauben durch zusätzlich notwendige Marketingmassnahmen und Kundenaqquisition werde die Energie günstiger... Zudem bleibt das Netz weiterhin in der Hand des zuständigen VNB und wer schon mal eine Stromrechnung nach Netz und Energie unterteilt hat stellt fest, dass mit der Energie nicht viel zu sparen ist. Wo soll nun also für den kleinen Kunden der Vorteil liegen? Profitieren werden - und machen es bereits - die Grossen, da sie für die grossen bezogenen Energiemengen satte Rabatte erhalten. Und nur so zum Mitdenken: Die Energie kostet in der Herstellung immer gleich viel pro kWh, es wird nicht günstiger wenn ich mehr herstelle, wer also bezahlt die Rabatte der Grossen...?

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