Im ETI-Gesamtranking belegt Deutschland Platz 16. Allerdings schneiden im europäischen Vergleich gleich elf Länder besser ab als Deutschland, darunter der weltweite Spitzenreiter Schweden, Norwegen und die Schweiz.

Energiewende: Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland hinterher

(PM) Der neue Energiewende-Index von World Economic Forum und McKinsey zeigt: Trotz guter Rahmenbedingungen schneidet Deutschland nur mittelmässig im internationalen Ranking ab. Hohe Strompreise für Haushalte und Industrie, grosse Abhängigkeit vom Kohlestrom und eine schlechte Bilanz beim CO2-Ausstoss drücken das Ergebnis nach unten.


Beim Thema Energiewende hat Deutschland im internationalen Vergleich seine Vorreiterrolle verloren. Trotz stabiler politischer Rahmenbedingungen und hoher Wirtschaftskraft wird das zentrale Klimaziel –die Reduktion des CO2-Austosses bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40% – klar verfehlt. Gleichzeitig liegen die Strompreise für Haushalte und Industrie in Deutschland um rund 50% über dem Durchschnitt von 114 untersuchten Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt der neue globale Energiewende-Index (Energy Transition Index, ETI), der am 14. März beim Weltwirtschaftsforum (WEF on Latin America) in São Paulo (Brasilien) vorgestellt wurde. Die Unternehmensberatung McKinsey & Company hat dafür in Zusammenarbeit mit dem WEF den Status der Energiewende in 114 Ländern anhand von 40 Indikatoren ermittelt.

Platz 16 im Gesamtranking
Im ETI-Gesamtranking belegt die Bundesrepublik Deutschland Platz 16. Allerdings schneiden im europäischen Vergleich gleich elf Länder besser ab als Deutschland, darunter der weltweite Spitzenreiter Schweden, Norwegen, die Schweiz, Finnland, Dänemark, Österreich sowie Grossbritannien und Frankreich. Der Index zeigt: Deutschland steht vor grösseren energiewirtschaftlichen Herausforderungen als viele andere Länder. Besonders deutlich wird dies mit Blick auf den Indikator ‚Struktur des Energiesystems‘. Hier belegt Deutschland Platz 110 von 114. Das liegt vor allem an Deutschlands Abhängigkeit vom Kohlestrom: Dessen Anteil beträgt immer noch 42% – auch weil er seit der Entscheidung zum Kernenergieausstieg einen hohen Beitrag zur Grundlastversorgung leistet. In der Kategorie ‚Umwelt- und Klimaschutz‘ kommt Deutschland weltweit nur auf Platz 61 – hauptsächlich wegen seines hohen CO2-Ausstosses. Die Emissionen in Deutschland betrugen zuletzt 906 Mt. Damit stagniert der Wert seit 2014 auf unverändert hohem Niveau.

Hohe Strompreise sehr gute Versorgungssicherheit
Bei der ‚System Performance‘, die den Fortschritt der Energiewende in den Dimensionen Umwelt- und Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit misst, landet Deutschland nur auf Platz 44 – noch hinter Ländern wie Paraguay, der Slowakei oder Indonesien. Verantwortlich hierfür sind unter anderem die hohen Strompreise für Privathaushalte (Platz 82) und kleinere Industriekunden mit einem Verbrauch von weniger als 500 MWh pro Jahr (Platz 110). Deutsche Privathaushalte zahlen aktuell 30.8 ct/kWh und damit 46.6% mehr als ihre europäischen Nachbarn. Industriestrompreise stiegen in Deutschland zuletzt um 0.7%, während in Europa die Preise um 0.5 % sanken. Das hiesige Preisniveau von 9.72 ct/kWh liegt nun 14.8 % über dem europäischen Durchschnitt. In der Dimension ‚Versorgungssicherheit‘ zählt Deutschland mit Platz 14 weiterhin zu den besten Ländern der Welt.

Deutschland kann viel von Dänemark und Grossbritannien lernen
Länder wie Dänemark (Platz 5 im ETI) oder Grossbritannien (Platz 7) haben ihre Kohleabhängigkeit in den vergangenen Jahrzehnten mit grossem Erfolg reduziert: Dänemark von 91% auf 28% und Grossbritannien von 65% auf 9%. Gleichzeitig erhöhten sie die Anteile flexibler Erzeugung durch Gas und Wasserkraft. Dänemark ist es gelungen, seine CO2-Emissionen pro Kopf innerhalb von zehn Jahren um fast 44% zu senken - Deutschland um 6.5%. Dänemark hat dies ohne Kernenergie oder den Rückgriff auf substanzielle Wasserkraftressourcen erreicht. Grossbritannien punktet insbesondere beim Indikator ‚Umwelt und Nachhaltigkeit‘ und hat zudem ein flexibles Stromsystem aufgebaut. Zu den wichtigsten Massnahmen zählt seit 2013 ein nationaler CO2-Mindestpreis, der auf Emissionen in der Stromerzeugung erhoben wird und bis heute über dem Preis des Europäischen Emissionshandels liegt, sowie der im Jahr darauf eingeführte Kapazitätsmarkt, der den Erhalt und Ausbau von flexiblen Kraftwerken unterstützt. Beide Massnahmen ergänzen sich gegenseitig und stützen den 2015 beschlossenen Kohleausstieg bis 2025.

Hintergrund und Methodik
Der Energy Transition Index (ETI) wurde 2018 von McKinsey in Zusammenarbeit mit dem Weltwirtschaftsforum zum ersten Mal für 114 Länder erhoben. Ähnlich dem Energiewende-Index Deutschland, den McKinsey bereits seit 2012 analysiert, misst er anhand von 40 Indikatoren den jeweiligen Status der Energiewende (System Performance) sowie die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ausgangsbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung (Transition Readiness).

ETI Energy Transition Index (international) >>

Energiewende-Index Deutschland >>

Text: McKinsey

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