Karl-Heinz Remmers ist überzeugt: Weder von der deutschen Regierung noch von der dominanten deutschen Autoindustrie ist das Ziel, 1 Mio. Elektroautos bis 2020 auf die Strassen zu bringen, ernst gemeint. ©Bild: Neue Energiewelt Solarpraxis

Elektromobilität: Drei Jahre mit dem BMW i3 – Erfahrungsbericht und Ausblick

(©KHR) Seit sehr langer Zeit wollten wir in der Familie ein Elektromobil, aber nicht um jeden Preis. Und so haben wir keine Rollerfahrzeuge mit Tretunterstützung gekauft oder uns auf andere Experimente eingelassen. Daher hiess es warten und schauen, was sich so entwickelt.


Wir haben die Hybriden von Toyota oder Honda getestet, ebenso den iMIEV von Mitsubishi und sind dennoch weiter beim Diesel geblieben. Bis wir unseren BMW i3 fanden. Zuerst hatten wir die Qual der Wahl, dann meisterten wir unsere grösste Herausforderung, sind glücklich mit dem fast geräuschlosen Fahren und noch glücklicher mit unserem Verbrauch von umgerechnet 0.8 Liter/100 km. Die Reichweitendiskussion halten wir ebenso für falsch wie das Zögern der Hersteller bei der Digitalisierung. Wir lieben die Visionen für den Strassenverkehr der Zukunft und die Gedanken daran, was politisch alles erreicht werden könnten, wenn es nur gewollt wäre.

Die Qual der Wahl
Vor gut drei Jahren war die Palette der sinnvoll nutzbaren rein elektrischen Autos oder der elektrischen Fahrzeuge mit Batterienachlader deutlich angewachsen. Tesla sei Dank haben sich endlich viele Autobauer mehr Gedanken gemacht. Der Tesla S kam für uns nicht in Frage – unser Fahrzeug wird hauptsächlich im Grossraum Berlin genutzt, wo im Kampf um den letzten Parkplatz jeder Zentimeter Fahrzeuglänge zählt. Auch ist der Tesla S bei all seiner Brillanz (das ist ein verdammt gutes Elektroauto) eben ein Auto auf dem Kostenniveau von BMW7 oder Mercedes S Klasse.

Also fiel die Entscheidung auf den BMW i3, denn dieses Auto ist ähnlich wie der Tesla in seiner Klasse eines der wenigen, das wirklich für die elektrischen Antriebe entwickelt wurde und gleichzeitig ein Technologieträger ist. Auch hat uns gut gefallen, dass BMW mit der Produktionsstätte in Leipzig und den weiteren Produktideen der Firma Solarwatt zusammen mit seiner Eigentümerfamilie Quandt als traditioneller Hersteller viel Geld in das Neue investiert. Der i3 ist das erste Auto, das wir mit Leidenschaft erworben haben, und zwar familienübergreifend. Denn das Auto macht so viel Sinn: von der Lärmminderung über das schlichte Fehlen eines Auspuffs bis hin zu den Möglichkeiten der Nutzung und Speicherung von Solarenergie – alles Dinge, die mit Benzin oder Diesel unmöglich sind, von der Fahrdynamik mal ganz abgesehen.

Und wie sehen die Angebote heute aus?
Auf Bundesebene sieht es in Deutschland nach wie vor schwach aus: das Ziel, 1 Mio. Elektroautos bis 2020 auf die Strassen zu bringen, ist weder von der deutschen Bundesregierung noch von der dominanten deutschen Autoindustrie ernst gemeint. Die Autoindustrie hat so geschlafen, dass sie nun in ihrem Heimatmarkt krampfhaft versucht, mehrere Jahre Zeit zu gewinnen, um gegenüber Tesla und den chinesischen Unternehmen aufzuholen. In unser Berliner Leben sind nun nach 5 Jahren Vorlauf mit Ausschreibungen etc. einige Dutzend öffentliche Ladesäulen getreten, die von „the new motion“ betrieben werden. Das ist aber viel zu langsam und der Berliner Senat lehnt weiterhin alle Lösungsmöglichkeiten, wie das Laternenladen von Ubitricity ab. Rot-Grün-Rot hat daran bislang nichts geändert.

Hat uns China in der e-Mobility überholt?
Pragmatische Elektroroller haben an der Ostküste Chinas in den Metropolen schon lange die sonst in Asien beliebten Knatter-Roller verdrängt. Besser gesagt: Der Verbrennerschrott wurde einfach verboten. Und die Chinesen haben wie so oft aus der Not eine Tugend gemacht und ein beindruckendes Angebot entsprechender Fahrzeuge sowie selbst auf Elektro umgebaute Mopeds. Nun stürmt das Land mit massiven Anreizen und Verboten in den Verkaufszahlen für Elektroautos nach oben und will bis 2022 einfach mal 3.5 Mio. öffentliche Ladesäulen aufstellen. Im Dezember 2016 wurden 150‘000 neue E-Autos zugelassen, in den Vormonaten jeweils rund 30‘000. Deutschland kam 2016 auch auf ca. 30‘000, allerdings im ganzen Jahr. Die grössten zehn chinesischen Anbieter haben zusammen mehr als 200‘000 Elektroautos in China abgesetzt – der dortige Markt hat die westlichen Märkte für Elektroautos im Jahr 2016 weit hinter sich gelassen.

Werden Elektrofahrzeuge in der Stromspeicherung relevant?
Es steht ausser Frage, dass eine Umstellung des Verkehrs auf elektrische Antriebe eine relevante Grössenordnung an Stromspeichern bereitstellen kann. Der Umbau des Stromnetzes und der Erzeugung bewegt sich in rasanter Geschwindigkeit. Eine sinnvolle Kopplung der Sektoren sollte Innovationen aus dem Verkehrsbereich dringend einfliessen lassen. Dazu brauchen wir 2020 mindestens eine Million Elektroautos in Deutschland, und danach in rasanter Geschwindigkeit deutlich mehr. Davon sind wir aufgrund des Fehlens einer politisch mutigen Gesamtstrategie weit entfernt.

Ausführliche/r Erfahrungsbericht und Analyse: Elektromobilität in Deutschland >>

©Text: Karl-Heinz Remmers, Bericht veröffentlicht auf Neue Energiewelt Solarpraxis

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1 Kommentare

Jürgen Baumann

Bin selber BMW i3 Fahrer seit Mai 2016. 17'500 km - genau 3.84 Liter Benzin habe ich absolut benötigt. Habe mal nachtanken müssen, weil wir in die Ferien ins Tessin gefahren sind. War lustig das Gesicht an der Kasse zu sehen mit dem Kleckerbetrag. 14.5 kWh/100 km. Passt!

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