Verschiebung vom Sommer in den Winter. ©Bild: ewb

Erdwärmenutzung und Saisonspeicher Wärme. ©Bild: ewb

Funktionsprinzip des Geospeichers beim Laden. ©Bild: ewb

Beeinflussungsperimeter Geospeicher. ©Bild: ewb

Funktionsprinzip des Geospeichers beim Entladen. ©Bild: ewb

Entsprechend dem Leistungsauftrag und der Eignerstrategie der Stadt engagiert sich ewb für eine nachhaltige, wirtschaftliche und ökologische Energieversorgung sowie den Ausbau von erneuerbaren Energien. (©Bild: T. Rütti)

Eine Wärmespeicherung mittels Geospeicher soll es bei sehr geringem Platzbedarf ermöglichen, auf dem vorhandenen Areal ein effizientes System zu realisieren. (©Bild: T. Rütti)

Daniel Schafer, CEO ewb, Martin Jutzeler, Pilotprojektleiter, Peter Meier, CEO Geo-Energie Suisse: Das Projekt «Geospeicher» muss wirtschaftlich tragbar & finanzierbar sein. Und technisch umsetzbar. . (©Bild: T. Rütti)

Pilotprojekt «Geospeicher»: ewb beantragt Bohrbewilligung

(©TR) Für das Pilotprojekt «Geospeicher» beantragt Energie Wasser Bern (ewb) eine Bohrbewilligung, um auf dem Areal der Energiezentrale Forsthaus Bohrungen durchführen zu dürfen. Dort soll zukünftig die anfallende Wärme bzw. Abwärme mittels eines saisonal betriebenen Geospeichers genutzt werden statt verpuffen. 2022 soll die Konzession vorliegen.


Doch zuvor müssen für entscheidende Fragen noch Lösungen gefunden werden, denn ein vergleichbares Projekt gibt es – zumindest in der Schweiz – noch nicht.

Im Sommer laden, im Winter entladen

Zur Erzeugung von Strom und Wärme betreibt Energie Wasser Bern (ewb) in ihrer Energiezentrale Forsthaus eine Kehrichtverwertungsanlage (KVA), ein Holzheizkraftwerk (HHKW) und ein Gas- und Dampf-Kombikraftwerk (GuD). Dabei wird die Wärme in das bestehende ewb-Fernwärmenetz eingespeist. Doch vor allem im Sommer kann die aus der Kehrichtverwertung anfallende Wärme bzw. Abwärme nicht vollständig genutzt werden. Demgegenüber liesse sie sich im Winter im Interesse einer Gesamtoptimierung gut einsetzen und nutzen – sofern die erforderliche Infrastruktur vorhanden wäre. Genau hier setzt das Pilotprojekt «Geospeicher» an. Ziel ist es, die ungenutzte Abwärme am Standort Forsthaus mit einer thermischen Leistung von 3 bis 12 MWth zu speichern. Die geplante saisonale Nutzung würde aus Ladezyklen im Sommer und Entladezyklen im Winter bestehen und die vorhandene Wärme könnte ins Fernwärmenetz abgeben werden.

Zwischenspeicherung
Sowohl der Energierichtplan der Stadt Bern 2035 als auch die Energiestrategie 2050 des Bundes basieren auf verschiedenen Eckpfeilern. Ein Aspekt der zukünftigen Energieversorgung ist die Effizienzsteigerung beim Energieverbrauch. «In diesem Kontext spielt die temporäre Zwischenspeicherung von Energie eine zentrale Rolle, da so der Primärenergiebedarf reduziert und damit Treibhausgasemissionen vermindert werden können», erklärt ewb-CEO Daniel Schafer. Hierbei komme insbesondere der saisonalen Zwischenspeicherung von Wärme die entscheidend grosse Bedeutung zu. «Mit einem Geospeicher lässt sich die Abwärme aus der Energiezentrale, die im Sommer nicht zum Heizen verwendet werden kann, saisonal einlagern. Im Winter kann sie für das Fernwärmenetz abgezweigt werden, was die Effizienz der Energiezentrale Forsthaus nicht unwesentlich erhöht.»

Unterschiedliche Voraussetzungen und Gegebenheiten
Beim vorliegenden Pilotprojekt wird in Etappen vorgegangen. Zunächst soll die technische Machbarkeit nachgewiesen werden. Eine Wärmespeicherung mittels Geospeicher soll es bei sehr geringem Platzbedarf ermöglichen, auf dem vorhandenen Areal ein effizientes System zu realisieren. Laut Projektleiter Martin Jutzeler gleichen die Bohrungen bezüglich Tiefe und Bohrmaschinen herkömmlichen Erdwärmesondenbohrungen. Die Frage, ob man sich bei der Realisierung des Pilotprojektes auf bereits erprobte Systeme und Anlagen abstützen könne, kann Peter Meier, CEO der Geo-Energie Suisse AG, weder mit einem klaren Ja noch mit einem klaren Nein beantworten: Im Ausland gibt es zwar ähnliche gelagerte Projekte, doch die lassen sich kaum 1 : 1 auf eine geplante Anlage in der Berner Energiezentrale Forsthaus übertragen, zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen und Gegebenheiten zwischen den einzelnen Vorhaben.

Alleingänge waren bisher kaum erfolgreich
Fest steht lediglich eines: Geo-Energie Suisse, die sich als Schweizer Kompetenzzentrum für Tiefengeothermie zur Strom- und Wärmeproduktion versteht, will das grosse, landauf, landab vorhandene Potential nutzen - im Falle von Bern zusammen mit bereits sieben Aktionären. Die in Basel, Zürich und Genf bisher gemachten Erfahrungen sollen gebündelt werden, desgleichen Managementressourcen und F+E-Aktivitäten. Die Kosten und Risiken will man teilen. «Alleingänge im Bereich der Tiefengeothermie waren bisher in der Schweiz nie erfolgreich», gab CEO Meier unumwunden zu.

Facts & Figures – und Fragezeichen?
Die Investitionskosten für den Geospeicher dürften sich zwischen minimal CHF 6.8 und maximal 13.8 Mio bewegen; die Minimalkosten basieren auf angenommenen 3 erforderlichen Bohrungen, die Maximalkosten auf allenfalls deren 6. Zeigen wird sich dies erst im Projektverlauf. Bei einem solchen Vorhaben können auch Überraschungen nicht ausgeschlossen werden. 40 bis 60 Prozent der Kosten könnten über Fördergelder gedeckt werden, wenn eine entsprechende Bewilligung vorliegt (auch hier gibt es noch Fragezeichen); Geothermica-Heatstore und ein neues CO2-Gesetz lauten die entsprechenden Stichworte. Die Kosten für die Rückgewinnung der Kamin-Abwärme könnten sich auf CHF 3 bis 4 Mio. belaufen, die Kosten für die Einbindung in die Energiezentrale Forsthaus auf CHF 1 bis 2 Mio. Erzielen liessen sich CO2–Einsparungen von 4’700 bis 7’000 Tonnen/Jahr (Referenz Heizöl). Die Projektpartner gehen davon aus, dass 2022 eine Betriebsbewilligung/Konzession erteilt werden kann. Gegenwärtig läuft die Detailplanung inklusive Machbarkeitsstudie und Ausschreibung.

Untere Süsswassermolasse in einer Tiefe von 200 bis 500 Metern
In rund einem Jahr könnten die ersten Bohrungen und Bohrlochtests vorgenommen werden, gefolgt von einer Evaluationsphase und letztlich dem Entscheid über das weitere Vorgehen und allfälligen weiteren Massnahmen. Denn bis zur Inbetriebnahme und Einbindung in die bestehenden Energieversorgungsstrukturen gibt es noch heikle Fragen zu klären. Laut Projektleiter Martin Jutzeler braucht man sich angesichts der vorgesehenen relativ geringen Tiefe zumindest bezüglich dem seismischen Risiko kein Kopfzerbrechen zu machen: Gebohrt und schliesslich gespeichert werden soll nämlich in den Sandsteinschichten der Unteren Süsswassermolasse in einer Tiefe von nur 200 bis 500 Metern. Noch ein Pluspunkt: «Dank der so genannten vakuum-isolierenden Verrohrung soll es praktisch zu keiner Erwärmung des Grundwassers kommen»; Martin Jutzeler verglich dieses Verfahren mit einer Thermosflasche, bei der die Wärme ja auch kaum nach aussen dringen kann.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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