Auf jedes massgebliche neue Argument einer Partei hin, muss der Gegenpartei wieder Gelegenheit gegeben werden, zu kontern. Um es etwas salopp auszudrücken: damit unterscheidet sich so ein Gerichtsverfahren eben von einer Arena-Sendung. ©Bild: energisch.ch

energisch.ch: Beznau Verfahren - braucht Gut Ding Weile?

(MK/energisch.ch) Das Beznau-Verfahren um die Erdbebensicherheit und Einhaltung von Dosisgrenzwerten geht langsam aber sicher, Schritt um Schritt weiter. Lebenszeichen und Einblick.


Kurze Chronologie

Im August 2015 reichten wir das Gesuch beim ENSI ein. Es folgte mehr oder weniger über das ganze Jahr 2016 eine aufwändige Vernehmlassung inkl. mediale Intermezzos. Im März 2017 erliess das ENSI endlich seine Verfügung zum Fall. Im April 2017 reichten wir unsere Beschwerde ein. Dazu haben ENSI und Axpo ihre Antworten geliefert. Letzten Monat haben wir wiederum unsere „Schlussbemerkungen“ einreichen dürfen. Erneut sind nun nochmals ENSI und Axpo am Zug. Irgendwann wird das Bundesverwaltungsgericht einen Schlussstrich ziehen und urteilen. Danach kann das Verfahren noch eine Runde weiter ans Bundesgericht gehen. Dieses scheinbar endlose Hin und Her mit immer dickeren Rechtsschriften — der sogenannte Schriftenwechsel — zieht sich bei solchen Verfahren enorm in die Länge.

Präzisierung

Die folgenden persönlichen Bewertungen äussere ich als ein Nicht-Jurist, der als Fachberater sehr eng in dieses (und andere) Verfahren eingebunden ist und dabei laufend neue Aspekte der Jurisprudenz kennen und — manchmal erst auf den zweiten Blick — auch schätzen lernt.

Mühlen mahlen langsam – meist aus gutem Grund

Solche langen Verfahrensdauern mögen auf den ersten Blick wie eine „Verhinderung von Gerechtigkeit“ aussehen. Und es gibt bis zu einem gewissen Grad tatsächlich das Potenzial der Verzögerungstaktik, des Aussitzens und der Abschreckung. Bei genauer Betrachtung sind solche ausführlichen Schriftenwechsel dennoch unvermeidbar! Auf jedes massgebliche neue Argument einer Partei hin, muss der Gegenpartei wieder Gelegenheit gegeben werden, zu kontern.

Um es etwas salopp auszudrücken: damit unterscheidet sich so ein Gerichtsverfahren eben von einer Arena-Sendung (um nur ein Beispiel zu nennen), wo der/die lauteste, am penetrantesten dreinredende, am unverschämtesten vereinfachende Redner(in) punktet, unabhängig vom Wahrheitsgehalt und der tatsächlichen Stichhaltigkeit der Argumente. Nach der Sendung ist das Intresse weggezappt — selbst regelrechte „Fake News“ werden selten bis nie aufgedeckt.

Der Gerichtsfall – das Gegengift zu „Fake-News“?
Im Idealfall sind die extrem aufwändig zu erstellenden Rechtsschriften gleichsam das „Gegengift“ zu solchen „Fake News“. Fehlerhafte und tendenziöse Darstellungen aller Art können (teils durchaus genüsslich) als solche entblösst werden, in sachlichem Ton und mit Belegen. Hierzu gab und gibt es im vorliegenden Verfahren übrigens allerhand Anlass!

Bei der komplexen Materie Nukleare Sicherheit sind die Zusammenhänge selten simpel - die Möglichkeiten, Verwirrung zu stiften, hingegen vielfältig. Und auch bei diesem „Gegengift“ gibt es Risiken und Nebenwirkungen. Wenn es trotz alledem eine Chance gibt, den Fakten um die nukleare Sicherheit der Schweizer AKW wahrhaft auf den Grund zu gehen, dann in einem solchen Gerichtsverfahren. So jedenfalls meine Überzeugung und Hoffnung!

Der lange Atem
Das Beznau-Verfahren steht also gleichsam andauernd unter Hochspannung und wird gleichzeitig in einer Art permanenter Zeitlupe abgehalten. Es wird hier von allen Beteiligten über Jahre hinweg viel geleistet, ohne dass aber von aussen viel zu sehen wäre. Diese stille Arbeit lohnt sich dennoch, davon bin ich überzeugt.

Dieses Engagement kostet nicht nur einen langen Atem sondern auch viel Geld und daher sei an dieser Stelle dazu aufgerufen, die die Trägerorganisationen des Verfahrens zu unterstützen (und damit auch meine Mitarbeit), vielen Dank!

Text: Markus Kühni, energisch.ch

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