David Galeuchet, Leiter Marketing von Solarmarkt: „Es geht nicht mehr darum, eine PV-Anlage zu bauen, sondern es geht darum, in einem Haus den Stromverbrauch möglichst mit der Produktion abzustimmen. Das Haus als Ganzes wird immer wichtiger.“

Solarmarkt: „Wir müssen die KMU wachrütteln!“

(AN) „Mit Photovoltaikstrompreisen von 10 bis 18 Rappen pro Kilowattstunde für mittlere Anlagen wäre es für viele KMUs bereits wirtschaftlich, selber Strom zu produzieren, dieses Segment müssen wir noch besser bewirtschaften!“ Ein Messegespräch mit David Galeuchet, Leiter Marketing von Solarmarkt, über Speicher, Politik und Newcomer in der Branche am 1.6.17, dem 2. Tag der Intersolar in München.


Wie ist die Stimmung nach dem positiven Entscheid an der Urne über das Energiegesetz?

David Galeuchet: Wir sind positiv überrascht, dass die Zustimmung so hoch ausgefallen ist. Ich hatte persönlich immer das Gefühl, dass die Vorlage gut durchkommt, bis ich zum ersten Mal die gegnerische Kampagne gesehen habe, welche sehr schmutzig war. Es hat mich sehr gefreut, dass sich die Schweizer Bevölkerung trotz dieser Kampagne vorausschauend für die Energiestrategie ausgesprochen hat und sich nicht durch die Fakenews beeinflussen liess. Ich denke, das ist ein wichtiges Signal für die ganze erneuerbare Branche. Es ist an der Zeit, dass wir an Fahrt zulegen können und den Weg, den wir schon lange gehen, endlich in grösseren Schritten gehen können, denn die Technik und die Branche ist dafür bereit. Ich denke, die Abstimmung wird sich schon dieses Jahr positiv auswirken, obwohl die finanziellen Mittel erst nächstes Jahr erhöht werden. Ich hoffe, dass sich Menschen, die Ja gestimmt haben, jetzt sagen, wenn ich schon ja stimme, dann tue ich auch etwas Konkretes. Das ist auch das Signal, das gewisse Installateure schon von ihren Kunden erhalten haben. Das sind Kunden, die bis jetzt noch zugewartet haben.

Letztes Jahr gingen Sie während unserem Gespräch an der Intersolar davon aus, dass 2016 ein eher düsteres Jahr sein wird, genauso wie 2017. Inwieweit stimmten Ihre Prognosen?
Unsere Ziele haben wir letztes Jahr erreicht, da wir gut antizipierten, dass der Schweizer Markt schwieriger wird. Insgesamt wurden ja schweizweit 250 Megawatt zugebaut. Wir konnten unsere Anteile daran sogar noch steigern. Was für uns gesprochen hat, ist, dass der Markt sich verstärkt in Richtung Kleinanlagen bewegt hat. Hier kann der Grosshandel die Installateure in vollen Zügen unterstützen. Wir haben uns in den letzten Jahren entsprechend aufgestellt, dass wir eine grosse Menge von Aufträgen einfach und effizient verarbeiten können.

Dieses Jahr sind wir bisher auf Kurs, ich gehe schweizweit wieder von insgesamt 250 Megawatt Zubau aus. Wir haben unser Plansoll bis jetzt erreicht. Nun stellt sich die Frage, inwieweit die Energiestrategie Enthusiasmus bringt, der sich positiv auf die Branche auswirkt. Mit den finanziellen Anreizen geht es am 1.1.18 los. Ich bedaure es, dass der Bundesrat die Energieverordnung erst anfangs November in Kraft setzen wird.

Ein früherer Termin würde mehr Klarheit bringen?
Dieses Jahr wird sich die Energieverordnung stark verändern. Allenfalls gibt es in gewissen Bereichen auch neue Spielregeln. Deshalb wäre es wünschenswert, dass die Energieverordnung früher festgelegt wird. Dann könnte auch das Bundesamt für Energie schon früher über die verfügbaren Kontingente informieren. Wir brauchen die Grundlagen für 2018 so bald wie möglich, damit wir Planungssicherheit haben. Im Januar-Februar ist es oft schwierig zu bauen. Sollten wir aber wieder einen warmen Winter haben, wäre es sehr hilfreich, wenn wir im Herbst schon wüssten, was unsere Kunden planen. Ich hoffe wirklich, dass die Eigenheimbesitzer jetzt sagen, jetzt mache ich mit, ich bin dabei!

Haben 2017 auch die Speicher geholfen, die Ziele zu erreichen?
Natürlich, der Markt hat sich enorm entwickelt: Schweizweit wurden 2015 noch 150 Speicher installiert, 2016 waren es schon rund 600 bis 800 Systeme, das ist eine Schätzung, denn die definitiven Zahlen kommen erst Mitte Juni. Die Endkunden möchten die Speicher, obwohl sie in der Schweiz nach wie vor nicht wirtschaftlich sind. Der Schweizer will die Autonomie, die Unabhängigkeit, das gallische Dorf! die tiefen Rückspeisetarife für Solarstrom helfen dem Markt natürlich auch enorm, da sie in gewissen EW-Gebieten sehr tief sind Auch das Marketing von Tesla hat uns sehr geholfen. Im Speicherbereich arbeiten wir mit verschiedenen Herstellern zusammen, dadurch können wir für jedes Bedürfniss eine gute Lösung anbieten.

Und nächstes Jahr wird es definitiv besser laufen?
Nächstes Jahr muss es definitiv besser laufen. Ich gehe davon aus, dass es Fördermittel für rund 200 Megawatt Solarleistung geben wird, dazu kommen die Anlagen ohne Förderung. Wir hatten ja bisher immer schon einen beträchtlichen Teil der Anlagen, der ohne Fördermittel gebaut wurde. Wir haben ein Segment, das eigentlich keine Fördermittel mehr braucht, das sind insbesondere KMU mit einem hohen Verbrauch. Diese müssen wir wachrütteln, und ihnen zeigen, dass es sich heute schon finanziell lohnt. Sprich die Unternehmen, die sich trotz des hohen Verbrauchs noch nicht im freien Markt befinden, da sie jährlich unter 100‘000 Kilowattstunden verbrauchen. Verschiedene Installateure sagen, dass sie Anlagen mit Kosten von 10 und 18 Rappen pro Kilowattstunde bauen können. Hier ist je nach Einkaufpreis des Stroms die Eigenproduktion schon wirtschaftlich, notabene ohne Förderung.

Ich gehe davon aus, dass 2018 Anlagen, die in die Einmalvergütung bis zu 100 Kilowatt fallen, sofort an Fahrt aufnehmen werden, so dass auch endlich auch wieder grössere Projekte reinkommen. Bei der Einmalvergütung für grosse Anlagen über 100 Kilowatt bis 50 Megawatt, kann ich keine Prognose machen, was 2018 passieren wird.

Wo sehen Sie hier die Probleme?

Die Anlagen bis 100 Kilowatt müssen ja nicht angemeldet werden, sondern nur ihr Anschluss ans Stromnetz muss gemeldet werden. Die grösseren Anlagen indes müssen angemeldet werden, dann muss man mit dem Bau zuwarten, bis die Behörden grünes Licht geben. Das wird den Markt in diesem Segment behindern. Aktuell sind für ca. 1.2 GW solcher Projekte auf der Warteliste. Wir hoffen, dass diese schnell abgebaut werden können.

Die Behörden haben sich ja auch noch nicht entschieden, wer noch
in die KEV nachrutscht
Nun, die eine Variante sieht vor, dass weiter nur die Anlage KEV erhält, die auf der Warteliste nachgerutscht ist. Die andere Variante sieht vor, dass alle, die voreilig ohne Sicherheit bereits gebaut haben, nach Baudatum in die KEV reinrutschen. Damit bin ich nicht einverstanden, denn es gibt Spielregeln, und die können nicht einfach während dem Spiel geändert werden. Wenn ich das mit meinen Kindern mache, dann werden die wütend! Ich würde es nicht verstehen, wenn die, die ohne grünes Licht vom BFE gebaut haben, jetzt die KEV erhielten. Die Bauherren sind ein bewusstes Risiko eingegangen. . Ich kann es zwar nachvollziehen, dass Frau Leuthard diese Leute belohnen möchte, weil diese Menschen etwas gewagt haben.. Der Bundesrat muss aber das Ziel haben, mit seinen Mitteln möglichst viele Kilowatt zu realisieren. Was er nicht tut, wenn er die jetzt die Regeln ändert.

Aus meiner Sicht ist jedoch das wichtigste, dass möglichst viel Geld in die Einmalvergütung fliesst, da diese bis 2031 lauft. Die KEV wird 2024 bereits auslaufen. Die Gelder reichen aber nur noch für 200 Megawatt, dann ist Schluss.

Immer mehr Installateure werden von Energieversorgern geschluckt. Hat das einen Einfluss auf das Geschäft von Solarmarkt?
Natürlich nehmen wir die Veränderung war. Wir sind jedoch auch mit ihnen in Kontakt und zählen auch Energieversorger zu unseren Kunden. Nach wie vor ist eine Marktkonsolidierung im Gang: Nicht nur Unternehmen aufgekauft werden, sondern es gibt auch Installateure, die sich zusammenschliessen. Zum Beispiel BE Netz und Alsol (siehe ee-news.ch vom 18.5.17 >>). Auch so wird versucht, eine gewisse Grösse zu erreichen. In den beiden letzten Jahren haben sich einige Installateure auch aus dem Geschäft zurückgezogen, weil der Preiskampf sehr gross war und es immer noch ist. Im Gegenzug dazu gibt es aber auch Neueinsteiger, ich bewundere ihren Mut, aber allenfalls machen sie das jetzt gerade zum richtigen Zeitpunkt, wenn der Markt wieder wächst. Und da sind wir gut aufgestellt: Wir können Neueinsteiger beim Markteintritt mit guten Dienstleistungen, rund 30 Schulungen jährlich, guten Produkten und einem guten technischen Support unterstützen.

Die Sektorenkopplung der erneuerbaren Energien wird immer wichtiger, sprich die Integration des Stroms für die Wärmeaufbereitung und für den Transport. Welchen Teil trägt Solarmarkt dazu bei?
Wir können vieles beitragen, wir sind seit Jahren bereits im Smart Home Bereich tätig. Es geht nicht mehr darum, eine PV-Anlage zu bauen, sondern es geht darum, in einem Haus den Stromverbrauch möglichst mit der Produktion abzustimmen. Das Haus als Ganzes wird immer wichtiger. Wir sind heute schon gut positioniert mit verschiedensten Produkten in diesem Markt, die es erlauben, den Eigenverbrauch zu optimieren. Wir können mit Speichern auch bereits Netzdienstleistungen erbringen. Zudem halten wir die Augen offen, was neue Segmente angeht.. Wir prüfen hier verschiedene Optionen, weil es ganz klar ist, dass wir nicht nur Module anbieten können. Das Geschäft wird immer komplexer, auch der zukünftige Installateur wird immer mehr zum Energieberater für eine Gesamtlösung.

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©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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