WKK-Präsident Heini Glauser: «Noch laufen WKK-Anlagen hauptsächlich mit Erdgas. Dieses wird aber in Zukunft durch erneuerbares Gas ersetzt.»

Gastgeber Josef Jenni, Gründer und CEO der Jenni Energietechnik AG, bezeichnete WKK, Speicher- und Solartechnik «als wichtige Pfeiler der Energiezukunft»

SP-Nationalrat SP Eric Nussbaumer äusserte sich zur Wärmekraftkopplung in der aktuellen nationalen Energiedebatte.

Marianne Zünd, die sich beim Bundesamt für Energie BFE als Medienverantwortliche um die Politik der Energiestrategie 2050 kümmert, präsentierte Fakten, Trends und Chancen aus ihrem Zuständigkeitsbereich.

Susanne Michel, Groupe E und Vorstandsmitglied WKK-Fachverband sprach über die sich dank WKK bietenden Möglichkeiten bei der Energiewende.

Rundgang durch Fertigungshallen der Firma Jenni Energietechnik AG, Oberburg, dem Pionierunternehmens der Solarenergie und Speichertechnologie. ©Bilder: T. Rütti

25 Jahre WKK: Das Jubiläum zum idealen Zeitpunkt

(©TR)Termingerecht zur Energiestrategie-Abstimmung feierte der WKK-Fachverband am 4. Mai 2017 sein 25-jähriges Bestehen bei Jenni Energietechnik. Die Fachtagung wurde unter den Titel «WKK und Solar: Die idealen Partner der Energiewende» gestellt. Experten beleuchteten die verschiedenen Aspekte der Wärmekraftkopplung, die ab sofort breiteren Kreisen vertraut gemacht werden sollen.


Für Heini Glauser, Präsident des jubilierenden Schweizerischen Fachverbands für Wärmekraftkopplung (WKK), stellt die Wärmekraftkopplung insbesondere im Kontext mit der schweizerischen Energiepolitik eine geradezu ideale Lösung für viele Probleme dar: «WKK, PV und Wasserkraft bilden ein optimales Dreigespann. Noch laufen WKK-Anlagen hauptsächlich mit Erdgas. Erdgas soll aber in Zukunft durch erneuerbares Gas ersetzt werden, welches zum Beispiel aus der Umwandlung von Überschussstromproduktion stammt», so der WKK-Präsident am 4. Mai 2017 im emmentalischen Oberburg, wo in den Hallen der Firma Jenni Energietechnik AG die Jubiläumstagung «25 Jahre WKK-Fachverband» abgehalten wurde. Und an welcher den rund erschienenen 100 WKK-Mitgleidern ans Herz gelegt wurde, auch die folgende Message hinauszutragen: Wärmekraftkopplung bietet die optimale Ergänzung zu allen anderen Stromproduktionsarten, denn hier wird Strom und Wärme dann produziert, wenn entsprechender Bedarf besteht.

Eine Technologie, die ein Schattendasein fristet
In der Schweiz hatte und hat die Stromproduktionsart WKK nicht selten einen schweren Stand, weil diese Technologie im Hick-Hack um Atomstrom, Energieeffizienz, Erneuerbare und Stromüberschüsse oft ein Schattendasein fristete und immer noch fristet. Dass allein alle Notstromaggregate in der Schweiz mit der gleichen Grundtechnologie eine Kraftwerkleistung von zwei grossen Kernkraftwerken erbringen können, ist kaum ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gedrungen. Zur Deckung des Enegiebedarfs ist es indessen eine gleichsam kluge wie auch relativ einfache Lösung, auf den Einsatz der Wärme-Kraft-Kopplung zu setzen: WKK-Anlagen, die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen, nutzen die eingesetzte Energie effizienter und umweltfreundlicher als dies heute in der Regel mit reinen Wärmeerzeugern geschieht. Die Integration von WKK-Anlagen in ein Gebäude funktioniert normalerweise überraschend einfach und gut.


25 bis 35% Strom und 65 bis 75% Wärme

Gewusst, dass sich aus 100% Primärenergie mittels WKK 25 bis 35% Strom und 65 bis 75% Wärme herausholen lassen? Zum Vergleich: Heizkessel: 90% Wärme bei 10% ungenutzter Abwärme; Thermisches Kraftwerk (Nuklear, Gas oder Kohle): 30 – 58% Strom bei weitgehend ungenutzer Abwärme); Motorfahrzeuge: 15 – 20% Kraft bei 80 – 85% ungenutzer Abwärme. Die schweizerische Wasskraftwerke mit ihrem heutigen Stromproduktionsanteil von 55 bis 60 Prozent werden laut Heini Glauser weiterhin die Basis der Stromproduktion bilden - die Flusskraftwerke als Bandstrom und die Speicherkraftwerke für die Stromproduktion nach Bedarf. Die Sonne wird einen immer grösseren Anteil Strom während dem Tag und insbesonder über die Mittagsstunde liefern, ist der WKK-Präsident überzeugt. Je mehr Wärme gebraucht wird, desto mehr kann gleichzeitig auch Strom produziert werden. Ein weiteres Phänomen dieser Technologie besteht darin, dass sie dort eingesetzt wird, wo die gesamte Wärme optimal Verwendung findet, nämlich  in Wohngebäuden, Gewerbe- und Industriebetreiben bis hin zu Nah- oder Fernwärmeverbünden.

Fachvorträge rund um die Chancen der WKK

SP-Nationalrat SP Eric Nussbaumer äusserte sich zur Wärmekraftkopplung in der aktuellen nationalen Energiedebatte. Dabei stellte er grundsätzlich fest, dass man in der Schweiz den vermehrte Einsatz von dezentraler WKK lange Zeit nicht als Energieeffizenzsteigerung verstanden habe, «sondern als Steigerung der fossilen Stromproduktion». Jedenfalls sei diese Meinung über Jahre genährt und verbreitet worden… Alternativ habe man sich eher auf zentralistische Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD) konzentriert. Zwei grosse Ausnahmen: Förderliche Rahmenbedingungen für WKK seien über Jahre Teil einer fortschrittlichen kantonalen Energiepolitik gewesen. Und: In der Vernehmlassung zur ES2050 wollte der Bundesrat einen kostendeckenden Einspeisetarif für dezentrale WKK einführen. Diese Idee habe aber keine Unterstützung in verschiedenen Kreisen gefunden und sei komplett fallengelassen worden. «WKK ist als Effizienz-Technologie nicht im Bewusstsein der nationalen Politik und eine WKK-förderliche Regulierung ist praktisch inexistent», konstatierte Nationalrat Nussbaumer. Dabei sei die Option GuD nicht alternativlos. Die Verteilnetzbetreiber sollten dringend für eine gemeinsame dezentrale WKK-Nutzung-vor-Ort-Strategie gewonnen werden.

Die Sicht des BFE
Ein sauberes, sicheres, modernes, flexibles, robustes und bezahlbares Energiesystem: Dies ist das Ziel, verbunden mit Risiken wie radikale Veränderungen der Märkte sowie geopolitische Risiken. Dies prognostizierte Marianne Zünd, die sich beim Bund als BFE-Medienverantwortliche der Politik der Energiestrategie 2050 widmet. Als weiteren Pluspunkt nannte sie die Festigung des Forschungs- und Innovationsstandortes Schweiz. In ihren Aufführungen präsentierte sie Fakten, Trends und Chancen aus ihrem Zuständigkeitsbereich. WKK sei dank ihrer Flexibilität ein pferfekter Partner auf dem Weg zu einem erneuerbaren Energieversorgungssystem und leiste einen wichtigen Beitrag zur Netzstabiliät. «Angepeilt wird ein optimales Zusammenspiel aller Stromproduktionsanlagen», so Marianne Zünd. Denn das vom Bund favorisierte Energiesystem baue auf eine stark diversifizierte Energieproduktion auf, aber auch auf Speichertechnologien, flexible Kraftwerke, einen effizienten Netzbetrieb sowie Smartgrids.

Mit der EU abstimmen
Susanne Michel, Groupe E und Vorstandsmitglied WKK-Fachverband sprach über die sich dank WKK bietenden Möglichkeiten bei der Energiewende. In ihrem Fazit plädierte sie dafür, die schweizerische Energie- und Klimapolitik mit jener der EU abzustimmen. Eine konsequente Klimapolitik komme nicht zuletzt der WKK-Technologie zugute. Wörtlich: «WKK-Anlagen können ihr Potential bei einer vorrangig dezentralen Produktion mit Belohnung für die Flexibilität am besten ausschöpfen», so Susanne Michel. Sie wies in ihrem Referat auch auf ein Erfordernis hin, auf das alle Investitionen und Innovationen angewiesen seien: Stabile Rahmenbedingungen.

Kombination WKK-, Solar- und Speichertechnik
Gastgeber Josef Jenni, Gründer und CEO der Jenni Energietechnik AG, bezeichnete WKK, Speicher- und Solartechnik «als wichtige Pfeiler der Energiezukunft»; sein Unternehmen spielt seit 41 Jahren eine Vorreiterrolle in Sachen Solarenergie sowie Solarspeicher für Warmwasser und Heizungen. Zur Erzeugung von Wärme mittels Sonne seien thermische Sonnenkollektoren bei ganzheitlicher Betrachtung nach wie vor mit Abstand am effizientesten. «Keine Stromerzeugung ohne Nutzung der Abwärme, aber auch keine fossile Wärme ohne Stromerzeugung!», lautet für Josef Jenni die Devise. Wenn im Ausland alte Kohlekraftwerke durch neue ersetzt würden, sei dies zwar alles andere als optimal, aber zumindest aus Umweltsicht ein gewisser Fortschritt angesichts des gestiegenen Wirkungsgrades, einer besseren Verbrennung als zuvor und der vorhandenen Modulierfähigkeit. Genauso verhalte es sich mit Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen.

Weitere Infos unter www.waermekraftkopplung.ch 

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

show all

3 Kommentare

Hubert Palla

Guten Tag Herr Baumann

Besten Dank für Ihren Kommentar und die Frage. Bitte melden Sie sich doch bei mir.

Herzliche Grüsse
Hubert Palla

Verband der Schweizer Gasindustrie
palla@erdgas.ch

Wolf Radig

Grüezi,
ich will mich nicht weiter einmischen, da es auch nicht mein Fach-und Sachgebiet ist. Ich muss beim Thema WKK nur einmal anfragen, wie weit man inzwischen in der Entwicklung gekommen ist, aus Abwärme der motorischen Aggregate Kälte zu erzeugen. Forscht man an der ETH beispielsweise an dieser Thematik? Die Wirtschaftlichkeit hängt doch oft wesentlich von der Frage ab, inwieweit die meistens nur teilweise oder aber gar nicht genutzte Abwärme «verkauft» werden kann.
Ausserdem sollte geschaut werden, wie man die solar gestützte Wasserstoffgewinnung (elektrolytische Wasserspaltung) in die neuen Energiekonzepte im Kontext mit der WKK einbinden kann. Wenn dann noch eine maximale Abwärmenutzung erzielt würde, hat man auch emissionsseitig eine «ideale» Lösung.
All diesen Überlegungen steht leider die private Wirtschaft im Wege, da es nötig würde, übergreifende Logistikstrukturen zu entwickeln, die meistens den denkbaren (und finanzierbaren) Rahmen von Einzelunternehmern sprengen würden. Das ist schade. Hier wären oft überregionale und eher zentral zu planende Energieverbundsysteme nötig, das ist aber ein grundlegend systematisches Problem.
So müssten Politik, Banken, Energieunternehmer, Bauunternehmer, Gewerbetreibende und Regionalplaner zusammenrücken und taugliche Konzepte entwickeln. Wer traut sich zu, so etwas auf den Weg zu bringen?
Wolf Radig

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert