Eine neue Untersuchung zeigt, dass aufgrund der Risse im AKW Mühleberg Strahlenwirkungen vermutet werden können.

Fokus Anti-Atom: Blinde Konzepte und Ahnungslosigkeit

(PM) In der Jahresrevision 2014 des Atomkraftwerks Mühleberg sind im Kernmantel in ihrer Art unerklärliche Risse ins Grundmaterial der Bleche entdeckt worden. Die BKW Energie AG und das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi geben vor, dasss bruchmechanische Analysen keine akuten Probleme zeigen. Untersuchungen von Fokus Anti-Atom lassen jedoch Strahlenwirkungen befürchten.


Analysen lassen bis Ende 2015 auf sich warten. Die Schweiz läuft einmal mehr hintennach und wartet ab. Ein Mailwechsel von Fokus Anti-Atom mit BKW und Ensi belegt dies. Die Untersuchung, welche Fokus Anti-Atom Ende Dezember publizierte zeigt, dass die atypischen Risse schon 2008 im US-AKW Hatch 1 an ähnlicher Stelle wie in Mühleberg gefunden worden sind. Neu ist an den Rissen, dass sie sich nicht wie bisher den Schweissnähten entlang bewegen, sondern oft senkrecht dazu direkt ins Grundmaterial wachsen.

Warten auf Ausmessung
Das Phänomen wurde von Nuklearbehörden bis zur Internationalen Energieagentur IAEA aufgegriffen und publiziert. In Japan hatte man schon 1999 in der Abstützungskonstruktion bei einem ausgebauten Kernmantel atypische Risse quer zu einer Naht gefunden. Die USA reagierte – verzögert. In der Schweiz wartet man auf die qualifizierte Ausmessung der Kernmantelabstützung. Jürg Aerni, Präsident Fokus Anti-Atom: „Die BKW und das Ensi bemühten sich Jahre nicht im Geringsten um die unbekannten Risse. Der längste 2014 gefundene neuartige Riss in Mühleberg ist immerhin 10 cm lang“.

Seit der erstmaligen Entdeckung von 1990 in Mühleberg wurden in Dutzenden Kernmänteln weltweit entlang den Schweissnähten Risse gemessen. Man versuchte verschiedenste Gegenmassnahmen: In Mühleberg wurde die Chemie des Reaktorwassers gezielt verändert. Zudem baute die BKW lange Zuganker ein, welche die Ringbleche des Kernmantels zusammenklemmen und gegen den Reaktordruckbehälter abstützen sollen. Doch die Risse wuchsen stetig weiter. In Japan wurden Kernmäntel mit solchen aus besseren Stählen, welche erprobt waren, getauscht (denselben neuen Stahl verwendete Mühleberg 1986 beim Tausch von Umwälzrohren.) Aber in neueren japanischen AKW, welche diese Materialien von Beginn weg einsetzten, entdeckte man nach mehreren Jahren ebenso Risse.

Über 30 AKW weltweit stehen auf der Abschussliste
Tatsache ist, dass zurzeit die neuartigen Risse unvollständig verstanden werden. Erste Untersuchungen in Japan zeigten, dass es sich nicht wie bisher um „intergranulare“ Risse handelt - Risse entlang den Korngrenzen des Metalls -, sondern um „transgranulare“, welche die Körner selber angreifen. Körner sind die mikroskopischen Grundbausteine des Metalls. Es handelt sich somit um eine schwerere Korrosion des Metalls als bisher bekannt. Ziemlich sicher sind die neuen Schäden auf die starke Strahlung im Reaktor zurückzuführen. Das würde einen Kernmanteltausch erfordern: Über 30 AKW kämpfen seit Jahren mit Rissen entlang den Schweissnähten im Kernmantel. Mehrere davon weisen die neuartigen Risse auf. Im US-AKW Hatch 1 gehen sie sogar durch das Blech hindurch, so dass Stücke herausbrechen könnten und die (Not-)Kühlung des Reaktors nicht mehr funktioniert. Angesichts des Alters würde die Investition in einen Kernmanteltausch für viele AKW das Aus bedeuten.

Ursache unbekannt, Zuganker nützen nichts
Ende Oktober 2014 musste die BKW das vom Ensi geforderte Kernmantelkonzept an die neuen Risse anpassen . Noch am 24. Oktober 2014 bestätigte sie in einem Antwortmail an Fokus Anti-Atom: „Zur Zeit evaluieren internationale Fachkreise die Datenlage. Eindeutige Aussagen zur Ursache der Anrisse sind heute noch nicht möglich. Dokumentierte Ergebnisse anhand von Materialproben und Ultraschallprüfungen sind nicht vor Ende 2015 zu er-warten“. Klar ist: Die bisherigen Klammern, die Zuganker, können angerissene Bleche nicht zusammenhalten. Aerni: „Solange der Kernmantel nicht vollständig ausgemessen ist, ist seine Integrität nicht nachgewiesen. Zu diesem Zweck muss das AKW sofort ausser Betrieb gehen.“ Wenn die BKW ein Instandhaltungskonzept für den Kernmantel vorlegt, ohne den Kernmantelstahl grundlegend zu verbessern, ist das Augenwischerei.

Text: Fokus Anti-Atom

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