Projektleiter Andreas Martschitsch zeigt auf das Herzstück des energieeffizienten Routers: den Zentralprozessor, der die Datenverarbeitung im Router steuert. ©Foto: B. Vogel

Leiterplatte des energiesparsamen Routers: unten in der Bildmitte ist das GSM-Modul mit der SIM-Karte zu erkennen, die Empfangsbereitschaft und Telefonverkehr sicherstellen, während das VDSL-Teilsystem ausgeschaltet ist. ©Foto: B. Vogel

Das VDSL-Teilsystem des Routers an einem Morgen kurz nach 9.35 Uhr vom Aktiv-Status (im Haushalt wird telefoniert oder gesurft) geht in den Low-Power-Status über.. Low-Power-Status bedeutet, dass das VDSL-Teilsystem ausgeschaltet ist. ©Grafik: Swisscom

Der Router ist so programmiert, dass er in der Nacht im Standby ist: Dann sind alle Komponenten des Routers inaktiv, ausser jene Teile, die nötig sind, um die Empfangsbereitschaft sicherzustellen. ©Grafik: Swisscom

Blockdiagramm des Energiespar-Routers. ©Grafik: Swisscom

Effizienz: Ein Router, der nur noch einen Fünftel soviel Strom braucht

(©BV) In Schweizer Wohnungen gehören sie heute zum Alltag: Router, die den Anschluss ans Internet und ans Telefonnetz sicherstellen. Eine neue Generation von Energiespar-Routern mit einer Leistung von unter 2 Watt könnte mit deutlich weniger Strom auskommen, wie ein Projekt der Swisscom zeigt.


Ende 2013 brachte Swisscom mit der 'Internet-Box' ihren neusten Router auf den Markt. Mit einer Übertragungsrate von 1 Gbit/s erfüllt er die Träume heutiger Power-User. Die Box erlaubt schnellstes Surfen im Internet und die Übertragung grosser Datenmengen kabelgebunden und drahtlos. Trotz mehr Leistung und Funktionen konnte Swisscom den Stromverbrauch gegenüber der Vorgängergeneration praktisch konstant halten. Router haben heute einen Durchschnittsverbrauch von 10 bis 12 Watt. Das ist soviel wie eine kleine Stromsparlampe, kaum der Rede wert, könnte man meinen. Doch wenn es gelänge, diesen Verbrauch landesweit auf einen Fünftel zu reduzieren, würde das ins Gewicht fallen. Denn allein Swisscom hat in der Schweiz 1.7 Millionen Router in Betrieb. Liesse sich der Durchschnittsverbrauch aller Router beispielsweise von 10 Watt auf 2 Watt verringern, würde das eine Energiemenge einsparen, die ausreicht, um rund 30'000 Vierpersonen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Marktchancen für den Stromspar-Router

Technisch ist dieses ambitionierte Sparziel heute schon erreichbar. Das zeigt ein vom Bundesamt für Energie (BFE) finanziertes Projekt, das Swisscom eben abgeschlossen hat. Das Telekomunternehmen hat in Zusammenarbeit mit polnischen Software-Entwicklern einen Router gebaut, der einen Durchschnittsverbrauch von weniger als 2 Watt verspricht. 2014 soll der Router in einem Pilotversuch mit 200 Swisscom-Mitarbeitenden auf seine Praxistauglichkeit prüft werden. Das Unternehmen schätzt auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen, dass sich 15 bis 25 % der Privatkunden für den sparsamen Router entscheiden könnten. Dieser erreicht bezüglich Geschwindigkeit und WLAN-Reichweite zwar nicht Spitzenwerte, wäre für Gelegenheitsnutzer aber ausreichend. Der Energiespar-Router ginge auch mit einem kleinen finanziellen Anreiz einher: Der Kunde könnte jährlich Strom im Gegenwert von rund 14 Frankensparen.

Ein Router besteht aus einem Gehäuse mit einer Leiterplatte, auf der eine Anzahl von elektronischen Bauteilen platziert ist. Für den Energiespar-Router haben die Entwickler konsequent die sparsamsten Bauteile ausgewählt. Dies allein hätte aber nicht gereicht, den durchschnittlichen Stromverbrauch auf einen Fünftel zu senken. Das ist den Entwicklern erst durch einen Kniff gelungen: Sie haben sich entschlossen, einen Teilbereich des Routers in gebrauchsarmen Zeiten nicht im Standby laufen zu lassen, sondern ihn ganz auszuschalten. Bei dem Teilbereich handelt es sich um das VDSL-Teilsystem, das im Router die Aufgabe hat, das aus der Telefonleitung eintreffende Hochfrequenzsignal zu demodulieren und in Datenpakete umzuwandeln bzw. die in die Gegenrichtung strömenden Datenpakete für die Übertragung im Telekom-Netz auf eine Trägerfrequenz im Hochfrequenzbereich aufzumodulieren. Durch die temporäre Stilllegung dieses VDSL-Teilsystems lässt sich Strom in erheblichem Mass einsparen.

Empfangsbereitschaft über Handynetz

Bei ausgeschaltetem VDSL-Teilsystem ist der Datentransport unterbrochen. Damit ein Haushalt trotzdem Telefon- und Internetdaten empfangen und senden kann, wird die Datenübertragung über ein Mobilfunk Modul umgeleitet. Dafür ist der Energiespar-Router – anders als herkömmliche Router – mit einem zusätzlichen GSM-Modul ausgerüstet. Dieses hat einen entscheidenden Vorteil: es braucht deutlich weniger Strom als das VDSL-System, weil GSM-Module für den Betrieb mittels Akku ausgelegt sind und der Stromverbrauch über Jahre hinweg optimiert wurde.

Der Energiespar-Router wird daher immer dann, wenn in einem Haushalt telefoniert oder gesurft wird, mit dem leistungsstarken, aber energieintensiven VDSL-Teilsystem betrieben. Dann hingegen, wenn nur Empfangsbereitschaft nötig ist bzw. wenn der Router nur in Ausnahmefallen genutzt – also in der Nacht oder bei Arbeitsabwesenheit der Bewohner – geht die Verbindung über das energiesparende GSM-Modul, ohne dass der Kunde das feststellt. Die Telefonnummer bleibt immer dieselbe, egal ob der Kunde VDSL oder GSM nutzt.

Ist der Router im Energiesparmodus – das VDSL-Teilsystem also ausgeschaltet – ist mit dem GSM-Modul sichergestellt, dass der Nutzer trotzdem sofort mit seinem Fixnetz Telefon telefonieren kann. Dies ist notwendig, weil das VDSL-Teilsystem rund eine Minute braucht, bis es nach dem Einschalten betriebsbereit ist – eine Wartezeit, die Kunden nicht in Kauf nehmen wollen, wenn sie telefonieren möchten. Zudem wird so die Erreichbarkeit des Kunden sichergestellt, auch wenn der VDSL-Teil ausgeschaltet ist.

I
ndividuelles Nutzerprofil
Die Entwickler wollen den Energiespar-Router nun so programmieren, dass er möglichst viel Energie spart, das VDSL-Teilsystem aber doch möglichst immer zur Verfügung steht, wenn der Nutzer telefonieren oder surfen will. Um den Router entsprechend programmieren zu können, sollen während des bevorstehenden Pilotversuchs die Energiewerte des Routers aller Pilotkunden über einen bestimmten Zeitraum erfasst werden. Durch Auswertung dieser Daten wird dann ein individuelles Nutzerprofil erstellt – und der Router immer dann in den Energiesparmodus versetzt werden, wenn der Nutzer voraussichtlich passiv bleibt. „Wir wollen den Router im Bereich Stromsparen möglichst intelligent machen“, sagt Projektleiter Andreas Martschitsch, der bei Swisscom den Bereich Home Network leitet, der sich im Bereich Privatkunden um die Vernetzung der Wohnungen kümmert.

Weiterer Forschungsbedarf

Der Energiespar-Router funktioniert, das haben die bisherigen Arbeiten bewiesen. Doch bis zu einem marktreifen Produkt sind weitere Verbesserungen nötig. Forschungsbedarf besteht insbesondere bei der Erstellung von Nutzerprofilen und bei der Kundenakzeptanz einer solchen Lösung. Zudem soll das Gerät in Zukunft auch Daten über das GSM-Modul senden und empfangen können. Der Energiespar-Router kann bisher nämlich im Energiesparmodus zwar den Telefonempfang sicherstellen, nicht aber den Datenempfang. Hier ist also ein weiterer Schritt nötig, um den Kunden ein sparsames Gerät mit der vollen Funktionalität anbieten zu können.

Die Senkung des Energieverbrauchs ist nicht nur bei Swisscom ein Thema, sondern in der gesamten Telekom-Branche. Dabei werden mit Bezug auf Router unterschiedliche Wege beschritten. Während Swisscom das VDSL-Teilsystem temporär stilllegen möchte, arbeiten die Chiphersteller an Verbesserungen der VDSL-Normierung, die von der ITU vorangetrieben wird. So hat beispielsweise der taiwanesische Chiphersteller Metanoia einen Vorschlag eingereicht, der eine Senkung des VDSL Stromverbrauchs von bis zu 40% zulassen würde. Swisscom-Entwickler Martschitsch begrüsst solche Initiativen: „Router mit einem tiefen Energieverbrauch sind bei Telekomanbietern und Kunden gefragt. Wir wollen die Geräteindustrie so beeinflussen, dass sie dieses Anliegen mehr und mehr ernst nehmen.“

Weitere Auskünfte zu dem Projekt erteilt Roland Brüniger (roland.brueniger@r-brueniger-ag.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Elektrizitätstechnologien und -anwendungen

Schlussbericht des Projekts >>

©Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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