Putzen hilft: Wer seine Solaranlage regelmässig reinigt, schliesst zumindest Mindererträge durch Verschmutzung aus. ©Bild: Tauber Solar

Smarte Module: Auf der Rückseite von Solarpaneelen angebracht, regulieren Leistungsoptimierer stetig deren Leistung. ©Bild: Solaredge

Photovoltaik: Leistungsoptimierer liegen im Trend

(©SR) Smarte Module mit eingebauten Leistungsoptimierern liegen voll im Trend. Sie können mehr Ertrag aus Photovoltaikanlagen herausholen, übernehmen die Modulüberwachung und sogar Brandschutzfunktionen. Das scheint wichtig, denn jede achte Solaranlage in Deutschland läuft deutlich schlechter, als sie eigentlich sollte. Doch die Elektronik hat auch ihre Schwachstellen.


Photovoltaik-Betreibern dürften diese Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) zu Denken geben. Jede achte Solaranlage in Deutschland läuft deutlich schlechter, als sie eigentlich sollte. Nach der DGS-Analyse erreichen fast 190‘000 der insgesamt 1.5 Millionen Kraftwerke einen Jahresertrag von weniger als 750 Kilowattstunden (kWh) pro Kilowatt (kW) – eine ziemlich ernüchternde Zwischenbilanz, wenn man bedenkt, dass heute selbst im schattigen Norden der Republik 800 bis 900 Kilowattstunden Jahresstromernte üblich sind. Im sonnigen Süddeutschland liefern Anlagen sogar durchschnittlich 1200 Kilowattstunden.

Ertragsminderungen spät oder gar nicht erkannt

Dass in einem Hightech-Land wie Deutschland so viele Sonnenkraftwerke unter Soll laufen, ist schwer vorstellbar, hat aber naheliegende Gründe. Es ist wie bei allen Neuanschaffungen: Anfangs sind Betreiber für ihr neues Sonnenkraftwerk ganz Feuer und Flamme – sie überprüfen regelmässig die Stromeinspeisung, polieren sogar die Module auf Hochglanz, damit kein Schmutz die Sonnenernte stört. Mit der Zeit lassen Begeisterung und Wartungsdrang jedoch nach. Wuchernde Bäume und Büsche verschatten dann unbemerkt Teile der Anlage oder Vogeldreck und alternde Zellen schmälern die Stromausbeute. „Solche schleichenden Ertragsminderungen werden oft spät oder gar nicht erkannt“, erklärt DGS-Photovoltaikexperte Tomi Engel. Die Folge: Betreibern geht Einspeisevergütung verloren, wodurch die Anlage leicht unrentabel werden kann.


Lösung Ertragsoptimiere
Die gute Nachricht: Moderne Elektronik kann das Risiko unerwünschter Mindererträge verringern. Der neueste Trend: Sogenannte Leistungsoptimierer, kleine Boxen in der Grösse einer Zigarettenschachtel, die durch ein intelligentes Spannungsmanagement mehr Energie aus Photovoltaikanlagen holen können. Mittlerweile bietet über ein Dutzend Spezialfirmen die kleinen Powerboxen an. Modulhersteller und Grosshändler integrieren sie direkt in die Paneele. Sie können aber auch nachträglich in bestehende Anlagen eingebaut werden. Das ist für Installateure kein Problem, denn die Geräte lassen sich fix mit Halteklammern am Modulrahmen befestigen und funktionieren mit allen marktgängigen Wechselrichtern.

Gute Erträge trotz Schatten

Ein Blick ins Detail offenbart, warum es bei typischen Anlagenkonfigurationen leicht zu Ertragseinbussen kommen kann. Meistens werden Module eines Sonnenkraftwerks in Reihe in einem Strang geschaltet. Da der generierte Strom auf dem Weg zum Wechselrichter alle Module passieren muss, bestimmt das schwächste Glied in der Reihe, wie viel Energie den Strang am Ende verlässt. Funktioniert also nur ein Modul nicht richtig, sinkt gleich der Ertrag der gesamten Solaranlage. Leistungsoptimierer wirken Verlusten entgegen, denn sie bestimmen für jedes einzelne Modul den optimalen Arbeitspunkt. Dadurch kann kein verschattetes oder defektes Paneel den Betrieb der anderen stören – die Anlagenleistung bleibt konstant hoch.

Solarteure haben bereits gute Erfahrungen mit Leistungsoptimierern gemacht. Matthias Lanfermann zum Beispiel, Elektroinstallateur aus dem westfälischen Holzwickede, hat mittlerweile fünf Photovoltaikanlagen mit „Energy Maximizern“ der US-Firma Tigo Energy ausgestattet. „Die Anlagen laufen spitze“, schwärmt der Fachmann. Seine letzte Installation, gebaut auf einem südostwärts aufgerichteten Dach mit Gaube, habe an einem Tag im vergangenen August acht Kilowattstunden Solarstrom geerntet. Das sei ein Tageswert, den in dieser Region normalerweise nur konsequent nach Süden gebockte Anlagen an kühlen Sonnentagen erreichten.

5-8% Mehrertrag

Testergebnisse der Photon Laboratory in Aachen bestätigen die guten Erfahrungen des Elektromeisters. Die Firma untersuchte den Ertrag von Leistungsoptimierern der israelischen Firma Solaredge sowohl unter verschatteten als auch unter nicht verschatteten Umständen. Vier Arten der Teilabschattung wurden im Photon-Labor simuliert: horizontale Verschattung, Gauben, Mast und Teilleistung durch eine reduzierte Einstrahlung. Diese Situation tritt in der Praxis etwa dann auf, wenn das Modulfeld bei tiefstehender Sonne nicht mehr gleichmässig beschienen wird. Ergebnis des Tests: Solaredges „Power Optimizer“ optimieren unter allen Umständen. So sorgen sie im Schnitt für fünf bis acht Prozent Mehrertrag.

Für die Firma ist das gute Resultat ein willkommener Anlass, um kräftig die Werbetrommel für ihr Produkt zu rühren. „Unsere Geräte können noch viel mehr“, verspricht Solaredge-Europachef Joachim Nell. So lassen sich defekte Module mithilfe einer zusätzlichen Monitoringfunktion recht leicht aufzuspüren. Die Leistungsoptimierer senden stetig Strom und Spannung an den Solaredge-Wechselrichter oder die sogenannte Interface-Box, ein spezielles Gerät zur Datenerfassung. Inverter oder Box übertragen die Infomationen dann via Internet an das Solaredge-Portal, das die Leistungskenndaten jedes einzelnen Moduls darstellt. Bei Bedarf erstellt das System sogar E-Mails, die Nutzer automatisch über Probleme ihrer Anlage informieren. „Damit sind Betreiber sofort im Bilde, wenn etwas schief läuft“, sagt Nell.

Unauffällige Alleskönner

Weitere wichtige Funktion der „Power Optimizer“ ist die eingebaute Brandfallabschaltung. Diese bewirkt, dass die Module keinen Strom abgeben, wenn sich der Wechselrichter ausschaltet – zum Beispiel, weil Löschkräfte den elektrischen Hausanschluss kappen. „Das Solarsystem stellt damit keine Gefahr bei der Brandbekämpfung dar“, betont Nell. Brandsicherheit ist seit Jahren ein heisses Thema in der Solarbranche. Da Module selbst dann noch unter Spannung stehen, wenn sie über den Hauptschalter ausgeschaltet werden, droht Feuerwehrleuten beim Einsatz auf dem Dach im schlimmsten Fall der Elektroschlag. Einige Experten fordern daher einen Notausschalter, der die Module bei Feuer spannungsfrei schaltet. Diese Funktion übernimmt der „Power Optimzer“ nun gleich mit.

Bei der Produktion ans Modul anbauen

Es ist die Vielseitigkeit der Leistungsoptimierer, die immer mehr Solaranbieter dazu bringt, ihre Module mit den Allroundern auszustatten. Trina Solar aus China etwa, einer der weltweit grössten Modulproduzenten, hat mit „Trinasmart“ seit diesem Sommer Paneele mit Leistungsoptimierern im Programm. Die Firma integriert sie schon bei der Produktion an der Rückseite der Module. In Deutschland setzen unter anderem die Anbieter Solon und Krannich Solar auf die Elektronik. „Dank der Geräte kommen jetzt mehr Dächer für die Photovoltaik in Frage. Das macht sie sehr interessant“, sagt Andrea Kern, die in Krannichs technischem Support arbeitet.

Allerdings stehen hinter der viel gelobten Technik auch Fragezeichen. Für Betreiber ist der entscheidende Punkt, dass sie sich auch rechnet. Die grosse Bandbreite möglicher Fehlerquellen und Ertragssteigerungen macht Aussagen zur Wirtschaftlichkeit allerdings schwierig – schon wenige Prozent mehr oder weniger Ertrag können die Bilanz eines Solarkraftwerks gehörig ins wanken bringen. Weil Prognosen darüber, was die Boxen genau leisten, schwierig sind, lässt zum Beispiel Elektromeister Lanfermann die Zusatzelektronik bei seinen Ertragsberechnungen vorerst aussen vor. „Ich werde sie erst mit einbeziehen, wenn unabhängige Simulationssoftware die neuen Geräte berücksichtigt.“ Doch an diesen Programmen mangelt es im Augenblick noch.

Wirtschaftlichkeit abschätzen

Betreiber können daher nur pauschal abschätzen, ob sich die Anschaffung eines Leistungsoptimierers für sie lohnt. Derzeit kosten Solaranlagen inklusive Installation in Deutschland im Schnitt 1800 Euro pro Kilowatt. Für einen Mehrertrag von fünf Prozent darf die Elektronik also nicht mehr als 90 Euro pro Kilowatt kosten, damit sie sich amortisiert. Für Leistungsoptimierer der beiden Marktführer Solaredge und Tigo gäbe es nach dieser Rechnung grünes Licht – beide Firmen wollen ihre Geräte dieses Jahr für 70 Euro pro Kilowatt verkaufen. Allerdings stehen die Anbieter unter hohem Druck. Solartechnik muss wegen rasch sinkender Einspeisetarife für Sonnenstrom schnell billiger werden. In Deutschland sinkt die Vergütung je nach Zubau monatlich um 1.4 bis 2.8 Prozent. Diese Degression müssen die Elektrofirmen mitgehen.

Z
usätzliche Fehlerquelle?
Fragezeichen stehen auch hinter der Zuverlässigkeit der Powerboxen. „Mehr Elektronik bedeutet mehr Bauteile. Damit stellen Leistungsoptimierer eine zusätzliche Fehlerquelle für Photovoltaikanlagen dar“, erklärt Stefan Zanger, Produktmanager beim Kasseler Wechselrichterhersteller SMA. Dieser Einwand ist nicht unberechtigt, zumal es bisher kaum Betriebserfahrung mit der jungen Technik gibt. Marktführer Solaredge verkauft erst seit vorigem Jahr grössere Mengen seiner „Power Optimizer“. Klar ist nur: Geht eine Box kaputt, muss der Installateur ran und sie austauschen. Auf den Kosten bleibt unter Umständen der Betreiber sitzen. Üblich sind bei Leistungsoptimierern Garantien von zehn oder zwölf Jahren – die Module haben zu diesem Zeitpunkt noch eine Lebenszeit von etwa 15 Jahren vor sich.

Interessante Alternativen

Abgesehen von den drohenden technischen Problemen sieht SMA-Manager Zanger auch keinen grossen Markt für Leistungsoptimierer. „Nach unseren Beobachtungen liegen Verschattungsverluste bei Solaranlagen im Jahr bei nur drei Prozent. Wir glauben, dass sich diese Verluste zum Grossteil bereits durch eine gute Anlagenplanung ausgleichen lassen.“ Nur wenn die Entscheidung bewusst auf einen Standort fiele, wo mit starker Verschattung zu rechnen sei, böte sich zusätzliche Elektronik an, so Zanger. Für diesen Fall empfiehlt er aber keine Leistungsoptimierer, sondern sogenannte Mikrowechselrichter. Sie nehmen die Idee der Powerboxen auf und gehen noch einen Schritt weiter: Sie optimieren nicht nur die Leistung auf Modulebene, sondern wandeln den Gleichstrom der Zellen auch direkt am Ort der Erzeugung in Wechselstrom um. So können mehrere kleine Inverter einen zentralen Wechselrichter im Keller oder auf dem Dachboden ersetzen – der Installationsaufwand bleibt gering.

Qual der Wahl

Betreiber haben also die Qual der Wahl. Gehen sie den herkömmlichen Weg und verlassen sich auf die optimale Planung und Auslegung des Installateurs? Oder wählen sie das volle Programm: Smarte Module, die automatisch die Anlagenleistung verbessern, ihre Daten zur Visualisierung an ein Webportal übermitteln und sich zudem bei Feuer entspannen? Wie es aussieht, können sich Anlagenbesitzer für die leistungssteigernden Allrounder durchaus begeistern: Die Verkaufszahlen der Anbieter schnellen derzeit in die Höhe.

©Text: Sascha Rentzing

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1 Kommentare

Klaus Müller

Leistungsoptimierer können tatsächlich eine große Hilfe sein, wenn Schatten oder andere Hindernisse den Ertrag mindern. Die Frage ist nur, wann lohnen sich die Mehrerträge? Und sind die 5-8 % auch bei normalen Anlagen gegeben - zumindest der SMA-Manager sagt nein. ich habe hier mal eine Rechnung aufgemacht, wann sich die Optimierer lohnen ...
http://www.beegy.com/2016/11/leistungsoptimierer-was-sie-bringen-wann-sie-sich-lohnen/

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