Kleinwasserkraft und Renaturierung: Wirbeln für Energie

Um Strom zu produzieren, brauchen sie kaum Gefälle und nur wenig Technik: die Wasserwirbel-Kraftwerke. Zudem können die meisten Fischarten durch die Kraftwerke, die zusätzlich Sauerstoff in die Fliessgewässer eintragen, auf- und absteigen.

Belüften und Strom produzieren

Ein minimales Gefälle von 0.7 Metern und eine Durchflussmenge von mindestens einem Kubikmeter Wasser genügen, um ein Wasserwirbel-Kraftwerk zu betreiben. Diese Mindestlösung produziert jährlich rund. 40'000kWh. Möglich sind aber Kraftwerke bis max. 150 kW Leistung. Hinter dieser Technik steht der österreichische Ingenieur Franz Zotlöterer. Als er den Auftrag erhielt, das Wasser eines Fliessgewässers zu belüften, schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe: Er entwickelte ein Werk, das belüftet und gleich noch Strom produziert. Das eigentliche Kraftwerk besteht aus einem betonierten Rotationsbecken, in dem ein „liegendes“ Wasserrad die Kraft des Wassers in Strom umwandelt.

Andreas Steinmann aus Schöftland entdeckte die Technologie im Internet, schaute sich mit seiner Partnerin Heidi Zumstein im österreichischen Obergrafendorf das erste Wasserwirbel-Kraftwerk an und war hell begeistert: „Als Mitglieder des Natur- und Vogelschutzvereins war uns sofort klar, dass diese Art der Kleinwasserkraft ein sehr grosses Potenzial hat. Zwar ist sie weniger effizient als die gängigen Kleinwasserkrafttechnologien, aber sie ist für die meisten Fischarten durchlässig und begünstigt dank der gleichzeitigen Belüftung die Entwicklung der Kleinlebewesen im Wasser.“ Kein Wunder, dass auch Pro Natura von der neuen Technologie angetan ist.

Renaturierung und Wasserkraftnutzung
Nun produzieren Andreas Steinmann und Heidi Zumstein seit Ende November gleich neben ihrem Haus auf eigenem Land mit dem ersten Wasserwirbel-Kraftwerk (15 kW-Leistung) der Schweiz Strom, rund 100'000 bis 130'000 kWh sollen es jährlich sein. Das Wasser der Suhre wird dazu in einem naturnahen Nebengerinne zum Kraftwerkbecken geführt. Ein Aufstauen ist nicht nötig, und die vorgeschriebene Restwassermenge einzuhalten war leicht. Auch ist lediglich ein Grobrechen erforderlich. Vorgängig wurden die Schwellen und Verbauungen im Flussbett entfernt und das Bachbett ausgeweitet. „Die Investitionssumme beläuft sich inkl. der Renaturierung der Suhre in diesem Bereich auf rund Fr. 300'000.-, erklärt Claude Urbani, Präsident der neu gegründeten Genossenschaft Wasserwirbel-Kraftwerke. Beim Kleinwasserkraftspezialisten rannte Andreas Steinmann offene Türen ein, als er ihm von der neuen Technologie erzählte. Um diese in der Schweiz weiter voranzutreiben, gründeten die beiden Männer und Heidi Zumstein deshalb gemeinsam mit andern die Genossenschaft Wasserwirbel-Kraftwerke, die auch Besitzer der Anlage in Schöftland ist. Genossenschafter sind übrigens herzlich willkommen! (Details siehe www.gwwk.ch)


40'000 Standorte
„Das Kraftwerk an der Suhre profitiert von der Einspeisevergütung von 35 Rappen pro Kilowattstunde“, erklärt Andreas Steinmann. Und bereits ist das nächste in Planung: An der Töss soll neben einem stillgelegten Wehr ein Wasserwirbel-Kraftwerk gebaut werden. Die Sanierung des nicht Fisch durchgängigen Wehrs wäre eine teure Angelegenheit. Die Genossenschaft Wasserwirbel-Kraftwerke plant nun, das 45-kW-Kraftwerk neben das Wehr zu bauen und den eigentlichen Flusslauf unverändert zu belassen. So könnte nicht nur kostengünstig Strom produziert, sondern auch eine Fischtreppe realisiert werden. Weitere 14 Projekte befinden sich in der Warteschlage der kostendeckenden Einspeisevergütung.

„Unserer Berechnungen zeigen, dass es in der Schweiz rund 40'000 Standorte gibt, an denen Wasserwirbelwerke gebaut werden können“, erklärt Andreas Steinmann. Claude Urbani fügt hinzu: „Wir möchten die Technologie noch so weiter entwickeln, dass nicht nur die seitliche Bewegung des Wasserwirbels Strom erzeugt, sondern auch seine Sogwirkung. Damit könnten wir den heutigen Wirkungsgrad sicher noch steigern.“ Die WWK Energie GmbH, Besitzerin der Schweizer Lizenz für Wasserwirbel-Kraftwerke, die im Auftrag der Genossenschaft Wasserwirbel-Kraftwerke entwickelt, plant, realisiert und betreibt, möchte weitere Messungen zur Technologie durchführen.

Fischdurchlässigkeit prüfen
Martin Bölli, Programmleiter Kleinwasserkraft von EnergieSchweiz, erklärt: „Wir würden mit Messungen gerne mehr über die neue Technologie erfahren. Und wir möchten Genaueres über die Fischdurchgängigkeit herausfinden.“ Claude Urbani ist wie die anderen Genossenschafter überzeugt, dass den Wasserwirbel-Kraftwerken eine gute Zukunft bevorsteht: „Denn selbst wenn die technische Effizienz nicht gleich hoch ist wie bei anderen Kleinwasserkraftwerken, sind doch die Investitionen tiefer, da es weder Feinrechen, Leitapparat noch Turbinenhaus braucht. Und der einfach zu bauende, wartungsarme Rotor kostet keine 10'000 Franken. Was zählt, ist nebst den ökologischen Vorteilen ja vor allem der Preis pro Kilowattstunde.“

Weitere Informationen über Wasserwirbelkraftwerke: www.gwwk.ch

© Text und Bilder: Anita Niederhäusern

Eine gekürzte Version des Artikels ist anfang Dezember in der Zeitschrift Erneuerbare Energien erschienen.

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1 Kommentare

Luzifer

Es gibt Genossenschafter die meinen bei genauerem Hinsehen könnten sogar kriminelle Taten gesichtet werden. Nur durch hoffnungslose Naivität könne ein solcher Schaden nicht angerichtet werden.
WWK quo vadis

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