Abb. 1. Bauphase 1, ab 2005. Aufdach-Anlage

Abb. 2. Bauphase 2, ab 2010. Aufdach-Anlage mit Schnee-Anriss-First SAF

Abb. 3. Bauphase 3, ab 2015. Indach-Anlage

Abb. 4. Schub beschädigt Einlegerahmen (in Bauphase 1; links Blick von Südost, rechts von Südsüdost; Einlegerahmen mit deutlicher Ausbuchtung).

Wird eine Photovoltaikanlage in den Alpen richtig gebaut, steigt der Winterstromanteil von selbst! Grafik: Hans Hauri

Solaranlagen im Gebirge: Wird beim Bau an Schneelasten gedacht, erhöht sich der Winterertrag auf bis zu 30%

(©HH) In den Alpen liegt die Sonnenstrahlung signifikant höher. Daher ist es beiSolaranlagen auf Schrägdächern wichtig, Hindernisse für das Abrutschen des Schnees zu vermeiden, um ihren Winterstromanteil zu erhöhen. Das steigert den winterlichen Ertragsanteil auf bis zu 30%.


Vieles spricht dafür, Photovoltaik-Anlagen vor allem im Gebirge zu installieren. Das fordert z.B. Martin Läubli (Die Alpen als Energiequelle, Tages-Anzeiger, 28.08.2019). Vorteil der Höhenlage: Die Sonnenstrahlung ist intensiver als im Flachland, Solaranlagen bringen höheren Ertrag. Im Winter oft über dem Hochnebel des Mittellandes liegend, helfen sie zudem, die «Winterlücke» beim Strom zu mildern.

Nachteil der Höhenlage: Der reichliche Schnee bildet nach wenigen Tag/Nacht-Temperaturwechseln auf Schrägdächern und Solaranlagen eine Eisschicht und bleibt oft lange liegen. (Detailliertere Beobachtungen siehe auch ee-news.ch vom 18.12.14 >>)

Bis zu 30% Winterertrag
Reduziert wird dieser Nachteil durch eine hindernisarme PV-Anlage, die den vereisten Schnee wenig bremst. So kann auf 1180 m ü. M. der Stromertrag im Winterhalbjahr auf 25 bis 30 % des Jahresertrags steigen. Zuvor waren es knapp 20 % gewesen.

Studienobjekt ist eine Photovoltaikanlage auf einem ostsüdost-exponierten Schrägdach über ungeheiztem 1-Zimmer-Chalet, 1180 m über Meer. Es liegt am Fuss eines Südhanges in einem 3 km langen, flachen Kaltluftsee am Anfang eines Talbodens, der im Westen in einem Engnis endet. Kleiner wäre wohl der Einfluss der «Idealkonstruktion», wenn die Anlage weiter oben am Hang in aufsteigender Warmluft oder auf einem beheizten Gebäude installiert wäre.

Fast banal: je weniger Hindernisse, umso besser
Die fast banale Theorie: Je weniger Hindernisse auf einem Schrägdach bzw. einer Solaranlage, umso leichter gleitet die Eisschicht von den Modulen und umso höher ist der Winter-Anteil an Photovoltaik-Strom. Private Messungen stützen die Theorie. Hoch wissenschaftlich sind sie nicht, weil sie nicht zum Voraus geplant wurden. Sie beruhen auf Werten des Einspeisungsstromzählers, abgelesen bei Anwesenheit vor Ort. Dabei wurde als Zeitraum für den Winter die Zeit vom 1. November bis zum 1. Mai festgelegt. Für diese Winter-Start/-Stopp-Daten wurden die Zählerwerte linear interpoliert.

Verglichen werden die Sommer-Winter-Stromerträge von drei Bauphasen mit verschieden starker Bremsung von Schnee/Eis (Abb. 1–3).

1. Phase, 2 Jahre: 1. Mai 2006 bis 30. April 2008

  • Aufdachanlage aus 6 polykristallinen Modulen zu 160 Wp => 960 Wp.
  • Mai 2008 bis 30. April 2010 fallen für die Auswertung weg: Im Winter 2008/2009 biegt die Schnee-Eis-Schicht das untere Querprofil am Einlegerahmen (Hindernis 3!) nach aussen. Die zwei untersten Module verlieren ihre Auflage und brechen ein, vgl. Abb. 4.

2. Phase, 4 Jahre: 1. Mai 2010 bis 30. April 2014

  • Anlage identisch mit der von Phase 1 (repariert), seit November 2009 ergänzt um den selbst entworfenen Schneeanriss-First (Abb. 2). Der Winter-Ertrag ist vergleichbar dem von Phase 3. Aber eine Zierde ist der Schnee-Anriss-First nicht.

3. Phase, bisher 4 Jahre: 1. Mai 2015 bis 30. April 2019

  • Indach-Anlage aus 18 monokristallinen Modulen zu 170 Wp => 3060 Wp (oberste Reihe: 6 schmalere Scheinmodule).

Schon eine erste Auswertung für die Jahre 2006 bis 2017, erschienen in der Zeitschrift «Erneuerbare Energien» der Schweizerischen Vereinigung für Solarenergie SSES, Feb. 2018, Seiten 22-23: Phase 1, welche drei von den vier erkannten Hindernissen aufwies, hatte den tiefsten Winteranteil. Ideal war einzig die Dachrinne (Hindernis 4): Sie lag tief genug. Die vorliegende Auswertung zeigt v.a. bei Phase 3 eine gewisse Konstanz der Ergebnisse von Jahr zu Jahr. Das erlaubt wohl die Annahme, dass sie sich von Phase 1 deutlich unterscheidet (trotz der mageren statistischen Basis von Phase 1). Und dass sich die Wahl des Anlagemodells gemäss den theoretischen Überlegungen – siehe ee-news.ch vom 18.12.14 >> - durch einen höheren winterlichen Ertragsanteil auszahlt: – gegen 30 Prozent Winteranteil statt nur um die 20.


Ausführliche Bildlegenden – siehe Bilder linke Spalte oben

Abb. 1. Bauphase 1, ab 2005.
Aufdach-Anlage
Die durch Beobachtung identifizierten Schnee-Eis-Hindernisse (Hi) : Hi1 Dachfirst. Hi2 Obere Stirnseite der Solaranlage. Hi3 Querprofile von Modulen und Einlegerahmen. Hi4 Dachrinne, sofern sie zu hoch hängt.

Abb. 2. Bauphase 2, ab 2010. Aufdach-Anlage mit Schnee-Anriss-First SAF
Der Schneeanriss-First (links über der Photovoltaikanlage) ist auf der Photovoltaikseite leicht überhängend, damit kein Schnee anfriert. Er liegt auf der Photovoltaikanlage auf und überdeckt deren Stirnseite (Hi2). Der dunkle Schneeanriss-First wird erwärmt durch Sonnenstrahlung und temperierte Luft, welche an der Firstfassade des Chalets in den Schneeanriss-First-Endtrichter aufsteigt. Er fördert das Aufbrechen der Schnee-Eis-Schicht am First (Hi1).
Der Schnee erreicht hinten, auf den Eternitschindeln des nördlichen Dachteils, noch am 5. März fast Kamin-Höhe. Vorne die Wirkung des Schneeanriss-Firsts. Aber frisch gefallener Pulverschnee an den Querprofilen zeigt: Sie sind Hindernisse (Hi3).

Abb. 3. Bauphase 3, ab 2015. Indachanlage
Die Module überdecken sich dachziegelartig und werden von je 5 Haken gehalten. Sogar diese behindern Schneehäufchen beim Abrutschen. Auf dem Holzschindeldach (links) bis über den Dachfirst (Hi1) hängt Schnee fest. Er reicht aber nicht über die Scheinpaneele der obersten Reihe hinaus. Möglicherweise liesse sich der Winteranteil noch etwas steigern durch einen (diskreten) Schneeanriss-First gemäss Phase 2. Er könnte optisch ein Element von Schindeldächern aufnehmen (Abb. 1.)

Abb. 4. Schub beschädigt Einlegerahmen (in Bauphase 1; links Blick von Südost, rechts von Südsüdost; Einlegerahmen mit deutlicher Ausbuchtung). Die Eisschicht drückt im schneereichen Winter 2008/2009 den Abschluss des Einlegerahmens nach unten/aussen, darum brechen die beiden untersten Module ein. Was also im Mittelland die Module trägt und stärkt, ist im Gebirge Hindernis (Hi3) und hier den Schubkräften erlegen.

©Text: Hans Hauri

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2 Kommentare

Fritz Schuppisser

Der Artikel ist interessant und deckt sich mit meinen Erfahrungen in Tenna Safiental. Bei unserer 7kwp Anlage habe ich unter den Modulen eine Art Bodenheizung mit Speisung ab thermischem Fassadenkollektor. Wenn Schnee auf der PV Anlage liegt, schaltet die Kollektoranlage auf abtauen und in ca. 5 Minuten ist der Schnee abgerutscht, wie auf Rollbrettern. Funktioniert bestens.

Max Blatter

Ob man sich in diesem Zusammenhang noch daran erinnert, dass zum Themenkreis "Ertragsminderung durch Scheebedeckung bei PV-Anlagen" schon anfangs der 1980er Jahre eine Studie durchgeführt wurde? Die Solarenergie-Gruppe am damaligen Eidg. Institut für Reaktorforschung EIR (heute "PSI Ost") betrieb eine Versuchsanlage unterhalb des Weissfluhjochs (Davos), an der das Abrutschverhalten des Schnees untersucht wurde. – Wie gesagt: Ich hoffe, dass man sich daran erinnert und nicht das Rad völlig neu erfunden hat?

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