Mofette (natürliche Kohlendioxidquelle). Das Forscherteam konnte nachweisen, dass das CO2 an der Mofette die Lebensbedingungen im Boden so verändert, dass Bodentiere ausgeschlossen werden. ©Bild: Felix Beulig

Unterirdische CO2-Speicherung: Risiken für Stoffkreisläufe im Boden

(MPI/BGC) Hohe Konzentration von Kohlendioxidgas in Böden kann die Gemeinschaften von Bodenlebewesen langfristig stark verändern – und damit auch Prozesse im Ökosystem wie den unterirdischen Kohlenstoffkreislauf und die Kohlenstoffspeicherung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team aus Universitäten und Forschungseinrichtungen in einem Fachartikel des Journals Nature Microbiology.


Zum Team gehörten Forschende der Universitäten Jena, Wien, Greifswald, Oslo sowie des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). Für ihre Studie hatten die Forschenden Bodenorganismen und Stoffkreisläufe an einer natürlichen Kohlendioxidquelle (Mofette) und in einem Vergleichsboden untersucht. Die Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die Auswirkungen möglicher Lecks bei der CO2-Einlagerung im Untergrund, die langfristig das Nahrungsnetz und den Stoffwechsel im Boden verändern könnten.

Freilandlabor in Tschechien
Je deutlicher die Dimensionen der globalen Erwärmung werden, umso grösser wird auch der Druck, Möglichkeiten zu finden, um einen weiteren Anstieg der Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre zu vermeiden. Dabei wird auch die Abscheidung und unterirdische Speicherung dieses Treibhausgases diskutiert. Doch welche Auswirkungen und Risiken hätten solche Speicher? Was passieren würde, wenn ein solcher Speicher undicht würde, lässt sich kaum durch praktische Versuche herausfinden. In den letzten Jahren ist daher ein kleines Tal im tschechischen Bäderdreieck zu einer Art Freilandlabor geworden.

Denn hier strömt in sogenannten Mofetten CO2 in grossen Mengen natürlich aus der Tiefe. An diesen Spätfolgen des Vulkanismus lassen sich die Auswirkungen hoher CO2-Konzentrationen studieren, ohne dass der Mensch in die Natur eingreifen muss. Heilbäder wie Karlovy Vary (Karlsbad), Mariánské Lázne (Marienbad) oder Františkovy Lázn (Franzensbad), aber auch die Kurorte Bad Elster und Bad Brambach in Sachsen verdanken ihre Existenz den vulkanischen Aktivitäten in früheren Zeiten.

Bodentiere werden ausgeschlossen
Das Team unter der Leitung von Prof. Kirsten Küsel vom Lehrstuhl für Aquatische Geomikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) nahm rund um eine Mofette den Boden unter die Lupe, in dem die Luft durch beinahe reines CO2 geprägt war. Von 2012 bis 2014 sammelten die Forschenden dreimal pro Jahr Proben. Diese verglichen sie anschliessend mit Proben von einem Vergleichsboden ohne erhöhte CO2-Konzentration, der nur wenige Meter entfernt war. „In dem Boden von der Mofette fanden wir deutlich mehr organisches Material, also Reste von abgestorbenen Pflanzen und Tieren, die normalerweise von kleinen Bodentieren und von Einzellern, Bakterien und Pilzen abgebaut werden“, berichtet Dr. Felix Beulig von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der inzwischen an der Universität Aarhus in Dänemark forscht.

Durch moderne chemische und molekularbiologische Methoden konnten die Forschenden den Mechanismus aufdecken, der diese Veränderung bewirkt hatte: Das CO2 hatte die Lebensbedingungen im Boden so verändert, dass Bodentiere ausgeschlossen wurden und sich die Gemeinschaft der Mikroorganismen hin zu weniger vielfältigen, dafür aber höher spezialisierten Arten verschoben hatte. Dadurch wurde das Nahrungsnetz im Boden weniger effizient beim Abbau von organischem Material, das sich daraufhin im Boden angereichert hatte. Zudem konnte durch Isotopenmessungen gezeigt werden, dass im organischen Bodenmaterial grosse Mengen an Kohlenstoff aus dem Erdmantel gebunden war. Diesen hatten zuvor Pflanzen und Mikroorganismen über das ausströmende CO2 aufgenommen.

Veränderungen des Nahrungsnetzes
Sogenannte „omics“-Methoden hatten es den Forschenden erlaubt, gleichzeitig die gesamte in allen Bodenlebewesen vorhandene Erbinformation (DNA und RNA) bei ihrer Analyse zu berücksichtigen. Zudem konnte das Team feststellen, welche Erbinformation gerade aktiv genutzt wurde. Dadurch liessen sich Rückschlüsse auf jene Stoffkreisläufe im Boden ziehen, die Bindung und Abbau von Kohlenstoff beeinflussen. „Unsere Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass extrem hohe Konzentrationen von Kohlendioxid langfristig das Nahrungsnetz und den Stoffwechsel im Boden verändern“, erklärt Prof. Kirsten Küsel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem iDiv. Die umfassende Analyse mit einer Kombination von „omics“- und biogeochemischen Methoden wurde auch von Prof. Joshua Schimel von der University of California in einem Kommentar hervorgehoben, der in der gleichen Ausgabe von Nature Microbiology erschienen ist.

Komplexe Zusammenhänge
Die untersuchte Mofette ist ein extremes Habitat, das lange als lebensfeindlicher Ort galt. Dass stark angepasste Organismen sich dort aber durchaus wohl fühlen, konnte das Forscherteam bereits im vorigen Jahr zeigen. Die Studie von 2016 brachte Einblicke in die komplexen Zusammenhänge zwischen Organismengemeinschaften und der Kohlenstoffdynamik im Boden. Die Ergebnisse werden helfen, die Umweltrisiken der unterirdischen CO2-Speicherung besser beurteilen zu können. [T. Arnhold, T. Turrini]

Original-Veröffentlichung: Felix Beulig, Tim Urich, Martin Nowak, Susan E. Trumbore, Gerd Gleixner, Gregor D. Gilfillan, Kristine E. Fjelland and Kirsten Küsel (2016): Altered carbon turnover processes and microbiomes in soils under longterm extremely high CO2 exposure; Nature Microbiology Vol. 1, Article number: 15025. 27 January 2016.

Kommentar (“News and Views”): Joshua Schimmel (2016): Microbial ecology: Linking omics to biogeochemistry; Nature Microbiology Vol. 1, Article number: 15028. 27 January 2016.

Text: Max-Planck-Institut für Biogeochemie

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