Stellvertretender Direktor des Bundesamt für Energie Pascal Previdoli. ©Bild: energieregionGOMS

energieregionGOMS: Interview mit Pascal Previdoli

(PM) Im April-Newsletter stellt sich der Stellvertretende Direktor des Bundesamt für Energie Pascal Previdoli den Fragen der energieregionGOMS zum Thema "Rückenwind durch Energieregionen?".


Energiepolitik ist primär Sache des Bundes und der Kantone, nur begrenzt der Gemeinden. Dass auch eine Region aktiv werden kann, zeigen rund 40 regionale Energieinitiativen in der Schweiz auf. Diese Initiativen weisen eine erstaunliche Vielfalt von programmatischen Konzepten auf. Der Entwicklungsstand reicht allerdings von einfachen Absichtserklärungen regionaler Institutionen bis hin zu gut funktionierenden zivilgesellschaftlichen Strukturen, welche regelmässig eigene Programme und Projekte entwickeln und umsetzen.

Der Verein unternehmenGOMS konnte Herrn Pascal Previdoli zum Thema „Rückenwind durch Energieregionen“ 7 Fragen stellen:

Herr Previdoli, Sie sind stellvertretender Direktor im Bundesamt für Energie. Kennen Sie einige dieser Regionen und ihre Zielsetzungen?
Pascal Previdoli: Inzwischen gibt es zahlreiche regionale Initiativen in der ganzen Schweiz. Als Oberwalliser kenne ich natürlich die Aktivitäten in der Region Goms gut, sie hat sich früh auf private Initiative hin engagiert. Weitere Gebiete wie das Energietal Toggenburg, die Energieregionen Emmental, Rheintal oder Obwalden sind auf gutem Weg, ihre Energieversorgung langfristig umzustellen, in lokale erneuerbare Energie zu investieren und langfristig so viel Energie bereit zu stellen, wie verbraucht wird. Zudem sehen die Regionen darin Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Der Weg zu diesen Zielen ist je nach Region mehr oder weniger steinig.

Wie schätzen Sie den Beitrag der Regionen in Bezug auf die Zielerreichung der Energiestrategie 2050 ein?
Pascal Previdoli: Regionale Initiativen sind für die Energiestrategie 2050 wichtig. Kleinen Gemeinden fehlen teilweise Mittel und Wissen, um ein eigenes Energiekonzept zu entwickeln und umzusetzen. Schliessen sich Gemeinden zu einer Energieregion zusammen, bedeutet das immer auch, dass die Aktivitäten lokal verankert sind. Die Aktivitäten sind nahe bei den Leuten und geniessen dort Rückhalt. Die Initiativen tragen die Energiestrategie 2050 in die Region: in Energieeffizienz und erneuerbare Energien investieren, die Energieversorgung bis zu einem gewissen Grad dezentralisieren und den Selbstversorgungsgrad erhöhen. Dabei steht aber nicht die Autarkie im Vordergrund, sondern eine ausgeglichene Energiebilanz. Heimische Unternehmen können ihre Energie oder Technologie zudem exportieren. Energieregionen bieten also Chancen für eine regionalökonomische Entwicklung, regionale Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze.

Das Projekt «Energie-Region» des Bundesamts für Energie (BFE) fördert seit 2012 die Nutzung von einheimischen und erneuerbaren Energien in Regionen. Während einer Pilotphase wurden elf ausgewählte Regionen finanziell und personell unterstützt. Welche Erfahrungen konnten in den letzen zwei Jahren gesammelt werden?
Pascal Previdoli: Das Programm zielte auf Gebiete, die sich dem Thema Energie verstärkt annehmen wollten. Das BFE hat elf Regionen ausgewählt. Es ging in der Pilot-Phase darum, zusammen mit der Region eine Energiebilanz zu erstellen und Potenziale in Bereichen der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz einzuschätzen. Das ist weitestgehend gelungen.

Wie geht es nach der Pilotphase weiter, wird das Projekt weitergeführt oder gar ausgebaut?
Pascal Previdoli: Mit den Regionen, die das Pilotprogramm 2012/13 erfolgreich abgeschlossen haben, arbeiten wir nun in einer zweiten Phase daran, die zuvor zu Papier gebrachten Erkenntnisse mit konkreten Projekten umzusetzen. Ab April 2014 wird das Programm Energie-Region bis Ende 2015 neu in zwei Phasen geführt. In der Phase 1 möchten wir neue Regionen unterstützen, auf der Grundlage der Potenziale und Bedürfnisse der beteiligten Gemeinden folgerichtige Projekte abzuleiten. In der Phase 2 wird umgesetzt. Teilnehmen können wiederum Gemeinden, die das Label Energiestadt tragen oder Mitglieder des Trägervereins sind. So können wir davon ausgehen, dass das Thema Energie den nötigen Stellenwert hat in der Gemeinde sowie eine Qualitätssicherung vorhanden ist.

Also können Regionen wie das Goms wie zum Beispiel das Goms nicht profitieren von den Leistungen des Bundesamtes für Energie, weil sie nicht dem Trägerverein angehören?
Pascal Previdoli: Nicht vom Programm Energie-Region, das stimmt. EnergieSchweiz unterstützt allerdings in vielen Bereichen projektbezogen. So wurde das Goms vom Bundesamt für Energie ausserhalb des Programms Energie-Region bei der Erstellung seines langfristigen Energie-Konzepts begleitet. Zusätzlich gibt es amts- und departementsübergreifende Angebote, die den Energiebereich mitbetreffen.

Viele Kleinstgemeinden in den Randregionen der Schweiz besitzen relativ grosse Ressourcen an Wasser, Wind, Sonne oder Biomasse. Diese Gemeinden sind aber oft nicht in der Lage, diese Ressourcen selber zu nutzen und zu managen. Dadurch bleiben Ressourcen oftmals ungenutzt, und ein Grossteil der Wertschöpfung wird ausserhalb der Region geschaffen. Beispiele zeigen, dass durch eine geschickte Vernetzung und Zusammenarbeit innerhalb einer Region Know-How und Wertschöpfung verstärkt generiert werden kann. Kann dieser regionale Ansatz nicht auch einen wesentlichen Beitrag zur langfristigen Sicherstellung der Energieversorgung leisten, welcher ja ein zentraler Teil der Botschaft zur Energiestrategie bildet?
Pascal Previdoli: Ein regionaler Ansatz ist sicher wünschenswert, wenn die Voraussetzungen gegeben sind; das heisst, wenn die nötigen Ressourcen wie Biomasse, Sonnenstunden, Wind auch vor Ort vorhanden sind. Beispiele in Deutschland und Österreich zeigen, dass einzelne Gemeinden heute schon so viel Energie produzieren wie sie benötigen.

Ganz allgemein, welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für Energieregionen in der Schweiz?
Pascal Previdoli: Regionen wie das Goms oder die Energieregion Emmental haben früh den richtigen Weg eingeschlagen, auch wenn sie nicht Teil des BFE-Programms sind. Sie sind Vorbild für andere Regionen, die den Weg einschlagen möchten. Regionen in der ganzen Schweiz, wie zum Beispiel Zimmerberg oder die Regione-Energia Bellinzonese ziehen jetzt nach. Das Potenzial in den Regionen ist aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Die beschlossenen Strategien müssen nun konkret umgesetzt werden. Zudem beteiligen sich erst vereinzelt Bürger über Genossenschaften, mit dem Zweck, mit vielen kleineren privaten oder gewerblichen Geldgebern in der Region in erneuerbare Energien zu investieren. So wäre zum Beispiel denkbar, dass ein Bauer sein sonniges Scheunendach mit Hilfe von Geldern von Bürgerinnen und Bürgern aus der Region für Photovoltaik zur Verfügung stellt. Solche Investitionen in eine dezentrale, nachhaltige Energieversorgung schaffen lokal Arbeitsplätze, sind also eine Chance für die regionale Wirtschaft und dortige Wertschöpfung.

Für die Gelegenheit zur Durchführung dieses Interviews möchten wir als Verein unternehmenGOMS uns bei Herrn Pascal Previdoli recht herzlich bedanken!

Text: Newsletter April 2014 energieregionGOMS

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