Höchster Windpark Europas geht heute ans Netz

Das EW Ursern in der Talschaft Ursern schaltet heute zwei neue 900-kW-Windturbinen ein. Wir haben uns mit Markus Russi, dem Betriebsleiter des EW Ursern, über die neuen Windturbinen unterhalten.

Sie schalten heute zwei neue Turbinen ein, was ist das für ein Gefühl?

Das ist natürlich ein überwältigendes Gefühl, wir haben jetzt den höchsten Windpark Europas! Bis anhin war der österreichische Windpark Tauern auf 1900 Meter über Meer der höchste. Jetzt haben wir die Nase vorn. Aber in Tauern stehen 13 grosse Windturbinen, die von einem Mühlenwart betreut werden, der zu 100% angestellt ist. Wir sind mit drei etwas bescheidener. Aber wichtiger als der höchste Windpark zu sein ist uns, dass wir mit den neuen Turbinen unsere Stromproduktion mit erneuerbaren Energien auf einen Schlag um 15% erhöhen können. Wir produzieren künftig zu 85% Wasser- und zu 15% Windstrom. Das freut uns besonders, denn unsere Strategie war von Anfang an, das Windpotenzial ganz zu nutzen. Während die anderen von erneuerbaren Energien reden, bauen wir als kleines EW die Anlagen und schöpfen unser Potenzial aus! Die Windturbine auf dem Gütsch war bis Ende August immer etwas einsam, nun hat sie zwei Gspändli, das sieht auch optisch viel schöner aus. Am besten kommen Sie selber ins Urserntal, diesen Herbst noch um zu wandern oder aber mit den Skis, da kommen Sie mit der Sesselbahn ganz nah an die Windturbinen heran.

Wird es im Urserntal auch 13 Windturbinen geben wie im Tauern-Windpark?

Nein, bei weitem nicht: Wir können mit der bestehenden Genehmigung maximal vier Windturbinen aufstellen. Die vierte käme in einen Schiesskorridor des VBS zu stehen, da fehlen uns noch die Genehmigungen. Aber die Zonenplanung sieht vier Anlagen vor, und die Aussichten für die letzte sind nicht schlecht, wir werden sie mit grosser Wahrscheinlichkeit in den nächsten zwei bis drei Jahren realisieren können.

Mit wie viel Stromertrag rechnen Sie? Und wie viel Mehrertrag ergibt das?

Alle Anlagen zusammen werden jährlich rund 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom liefern. Die erste Anlage verfügt über eine Leistung von 600 Kilowatt und produziert jährlich durchschnittlich 850‘000 Kilowattstunden. Die neuen Anlagen sind aber bereits effizienter, da der Anlagebauer Enercon weiter geforscht hat: Einerseits ist der Rotordurchmesser grösser, was auch zu mehr Leistung führt, andererseits bieten die Flügelprofile im Bereich der Nabe mehr Fläche. Daraus resultiert gerade bei schwachem Wind ein höherer Ertrag.

Die erste Anlage ging 2004 ans Netz. Was haben Sie diesmal bei der Planung anders gemacht?

Der bestehenden Anlage ging 2002 eine Turbine voraus, die wir leider rückbauen mussten. Erst 2004 konnten wir dann die Enercon-Anlage erstellen. Aber im Vergleich zu 2004 konnten wir als EW selber mehr Eigenleistungen erbringen. Wir brauchten zum Beispiel keinen Ingenieur mehr, weil die Baupläne von Enercon schon sehr genaue Voraussetzungen definierten. Für die Bodenbewertung mussten wir einen Geologen beiziehen. Bodenproben haben denn auch gezeigt, dass der Fels weniger stabil ist als erwartet. Deshalb mussten wir den Aushub grösser machen. Eigenleistungen sind bei uns als kleines EW immer willkommen.

Das Bewilligungsverfahren war im Vergleich zur ersten Anlage bedeutend aufwändiger: Die erste war eine Pilotanlage und ging daher schlanker durch. Für die neuen Anlagen brauchten wir eine Zonenanpassung, in die neben den Behörden auch das VBS und die Umweltverbände mit einbezogen wurden.

Wie lief der Transport?

Im Gegensatz zur ersten Anlage, die mit dem Schwertransport direkt aus Norddeutschland angeliefert wurde, wurden die neuen Anlagen mit dem firmeneigenen Schiff der Enercon direkt nach Basel gebracht, wo ein Schweizer Transportunternehmen sie übernahm. Die Strecke für die grossen Teile bleiben jedoch dieselbe: über die Autobahn durch den Gotthard-Tunnel und dann auf der Südseite über die Passstrasse nach Andermatt. Der Laster mit der ersten Anlage wurde aber in der Nacht vom 30. auf den 31. August von einem Schneesturm überrascht, und der Fahrer musste in der Kabine warten, bis am Morgen die Strassen wieder frei gepflügt waren. Aber die Anlage konnte pünktlich auf den Bauplatz geliefert werden.

Sind die zwei neuen KEV-Anlagen?

Wir haben sie angemeldet, sie sind aber weit hinten auf der Warteliste. Aus diesem Grund lassen wir sie nächste Woche naturemade-star zertifizieren und können so den ökologischen Mehrwert verkaufen, unter anderem an ewz, Repower und EWA.

Interview: Anita Niederhäusern, Foto: Dierk Jensen

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