Durch die Festlegung der südlichen Perimetergrenze 27 Meter über dem heutigen Seespiegel werden keine für die Moorlandschaft wesentlichen charakteristischen Werte vom Schutz ausgenommen.

Bundesgerichts: Ausbau Grimsel-Kraftwerk mit Moorlandschaftsschutz vereinbar

(PM) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) im Zusammenhang mit der geplanten Erhöhung der Staumauern des Grimsel-Wasserkraftwerks gut. Der Bundesrat durfte die südliche Grenze der "Moorlandschaft Grimsel" 2004 entgegen der Ansicht des Berner Verwaltungsgerichts 27 Meter über dem heutigen Seespiegel festlegen. Dem beabsichtigten Ausbau des Kraftwerks steht damit mit Blick auf den Moorlandschaftsschutz nichts entgegen. Die Sache wird zur weiteren Behandlung ans Berner Verwaltungsgericht zurückgewiesen.


Die KWO hatte 2010 ein Gesuch um Anpassung und Ergänzung der Gesamtkonzession zur Nutzung der Wasserkraft im Grimselgebiet gestellt (Projekt "KWO Plus"). Sie beabsichtigt, die beiden Staumauern des Grimselsees zu erhöhen, womit der Stauspiegel um 23 Meter angehoben würde. Dies soll insbesondere eine Mehrproduktion von 240 Gigawattstunden besonders wertvollem Winterstrom erlauben. Der Grosse Rat des Kantons Bern genehmigte die Konzessionsanpassung 2012 unter Bedingungen und Auflagen. Auf Beschwerde von Natur-, Umwelt-und Landschaftsschutzorganisationen hin hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern 2015 den Beschluss des Grossen Rates auf und wies das Gesuch um Konzessionsanpassung ab. Es war zum Schluss gekommen, dass die vom Bundesrat 2004 vorgenommene Festlegung der südlichen Perimetergrenze der "Moorlandschaft Grimsel" 27 Meter über dem heutigen Seespiegel rechtswidrig gewesen sei. Die Perimetergrenze der Moorlandschaft habe vielmehr entlang des heutigen Stauziels des Grimselsees zu verlaufen. Die beantragte Konzessionsänderung führe zu einer Überflutung eines Teils der Moorlandschaft, was nicht bewilligt werden könne.

Zurück ans Berner Verwaltungsgericht
Das Bundesgericht heisst an seiner öffentlichen Beratung vom Mittwoch die dagegen erhobene Beschwerde der KWO gut. Die Sache wird zur weiteren Behandlung ans Berner Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Gemäss Artikel 78 der Bundesverfassung sind Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizerischer Bedeutung geschützt. Die Bezeichnung und Abgrenzung der Moorlandschaften werden in Artikel 23b des Natur-und Heimatschutzgesetzes geregelt. Innerhalb einer Moorlandschaft hat der Schutz einen sehr hohen Stellenwert. Dem Bundesrat war es aber bei der definitiven Abgrenzung der Perimeter von Moorlandschaften nicht verwehrt, auch auf bestehende Nutzungen und Anlagen sowie auf konkrete Vorhaben zu ihrer Änderung und Erweiterung Rücksicht zu nehmen. Dieser Abgrenzungsspielraum ist allerdings nicht unbeschränkt. Die charakteristischen und zentralen Elemente einer Moorlandschaft sind zwingend in den Perimeter einzubeziehen. Im Fall der Grimsel-Moorlandschaft hat der Bundesrat seinen Ermessens-und Beurteilungspielraum nicht überschritten. Vielmehr durfte er den umstrittenen Gebietsstreifen 2004 unter Berücksichtigung der bereits damals bestehenden Ausbaupläne der KWO vom definitiven Perimeter ausklammern. Durch die Festlegung der südlichen Perimetergrenze 27 Meter über dem heutigen Seespiegel werden keine für die Moorlandschaft wesentlichen charakteristischen Werte vom Schutz ausgenommen. Die Bedeutung des fraglichen Gebietsstreifens ist für die Erhaltung der rund 2,5 Quadratkilometer grossen Moorlandschaft relativ gering und die Schutzziele werden mit dem vom Bundesrat festgelegten Perimeter im Wesentlichen erreicht. Zudem besteht ein erhebliches öffentliches und privates Interesse am Ausbau der bestehenden Wasserkraftnutzung. Die Speicherkapazität des Stausees kann dabei mit einem minimalen Landkonsum um 75 Millionen Kubikmeter (auf 170 Millionen Kubikmeter) erhöht werden, was nach der Einschätzung von Experten rund 20 Prozent des gesamtschweizerischen Ausbaupotentials von Wasserkraftwerken entspricht.

Urteilsbegründung
Das Urteil wird nach Vorliegen der schriftlichen Begründung auf unserer Webseite www.bger.ch / "Rechtsprechung (gratis)" / "Weitere Urteile ab 2000" veröffentlicht werden (im Suchfeld die Urteilsreferenz 1C_79/2016 eingeben). Wann die schriftliche Begründung vorliegen wird, ist noch nicht bekannt.

Video
Zur heutigen Beratung wird das Bundesgericht Filmaufnahmen veröffentlichen, die auf der Homepage des Bundesgerichts (www.bger.ch) unter der Rubrik "Presse/Aktuelles > Medienplattform > Filmaufnahmen von öffentlichen Sitzungen" heruntergeladen werden können.

Text: Schweizerisches Bundesgericht

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1 Kommentare

Aschi

Es werden 240 Gigawattstd. vom Sommer in den Winter verschoben, aber nicht mehr Strom als bisher produziert.

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