Mit 12% Wirkungsgrad reicht die Technik von Heliatek zwar nicht an die 20% Effizienz gängiger Siliziumzellen heran, dafür ist sie günstiger und kann auch in Fassaden und Fenster integriert werden. ©Bild: Heliatek

Photovoltaik: Strom von der Rolle

(©SR) Flexible Solarfolien könnten Sonnenstrom günstiger machen und der Photovoltaik neue Einsatzbereiche sichern. Firmen und Forscher arbeiten an geeigneten Produktionsmethoden und Materialien. Flexible, kostengünstig produzierbare Photovoltaik könnte zum grossen Trend werden. Die klassische Siliziumzelle muss zunehmend mit Konkurrenz rechnen.


(©SR) Die Kommerzialisierung flexibler Solarfolien für die Gebäudeintegration rückt näher. Die ostdeutsche Firma Heliatek, Hersteller und Entwickler von organischer Photovoltaik, hat eine neue Finanzspritze des Unternehmens Aqton und weiterer Geldgeber in Höhe von 18 Millionen Euro erhalten. Damit will Heliatek den für Mitte des kommenden Jahres geplanten Start der Serienfertigung des transparenten „Heliafilm“ finanzieren. Derzeit liefert das Dresdner Unternehmen Prototypen von Solarfolien an Baumaterialproduzenten sowie Automobilhersteller und deren Zulieferer. „Das neue Kapital hilft uns dabei, die gesteckten operativen Ziele und Vertriebsziele bis 2016 umzusetzen“, erklärt Heliatek-Chef Thibaud Le Séguillon.

Vorreiter der Folientechnik
Heliatek gilt als ein Vorreiter der Folientechnik und nährt die Hoffnung auf günstige, nahezu überall einsetzbare Photovoltaik. Die Firma nutzt kleine Moleküle, sogenannte Oligomere, die als feines Pulver in eine beheizte Glasrinne kommen. Bei etwa hundert Grad Celsius verdampft es und setzt sich auf einer Plastikfolie fest, die von Rolle zu Rolle an der Rinne vorbeiläuft. Mit zwölf Prozent Wirkungsgrad reicht die Technik zwar nicht an die 20 Prozent Effizienz gängiger Siliziumzellen heran, dafür ist sie günstiger und kann auch in Fassaden und Fenster integriert werden.

Günstiges Rolle-zu-Rolle-Aufdampfung
Da Heliatek seine Folien per Rolle-zu-Rolle-Aufdampfung herstellt, umgeht es aufwändige und teure Produktionsschritte, die bei kristallinen Siliziumzellen oder Dünnschichtmodulen unvermeidbar sind. Bei der kristallinen Technik müssen Siliziumblöcke erst in dünne Scheiben gesägt werden, ehe sie zu Zellen verarbeitet werden können. Dünnschichtmodule aus halbleitenden Verbindungen wie Cadmium-Tellurid oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) wiederum müssen minutenlang in speziellen Öfen gebacken werden, bis sich ihre photoaktiven Schichten herausgebildet haben. Ausserdem sind Metall- oder Plastikfolien wesentlich günstigere Trägermaterialien als Glas, das üblicherweise verwendet wird.

Deshalb schwenken immer mehr Firmen zur Rolle-zu-Rolle-Aufdampfung oder zum Rollendruck. Miasolé aus Kalifornien etwa, Tochterfirma des chinesischen Hanergy-Konzerns, erreicht mit CIGS-Folien mittlerweile mehr als 14 Prozent Wirkungsgrad. Beim Mialsolé-Prozess werden in sogenannten Sputterkammern CIGS-Festkörper mit energiereichen Ionen beschossen, wobei sich Atome lösen, in die Gasphase übergehen und sich auf einem durchlaufenden Metallsubstrat absetzen. Zum Vergleich: Bei der gängigen CIGS-Modul-Produktion werden Glasscheiben einzeln im Abstand mehrerer Minuten in so genannten Durchlauföfen beschichtet. Das kostet wesentlich mehr Zeit und Energie.

Trend flexible, kostengünstig produzierbare Photovoltaik
Der Chemnitzer Anlagenbauer 3D-Micromac wird im Herbst eine weitere Dünnschichtfirma mit Maschinen für die Rolle-zu-Rolle-Bearbeitung von dünnen Schichten ausstatten. Die Firma, über dessen Namen Stillschweigen vereinbart wurde, werde zunächst eine Pilotlinie mit 50 bis 100 Megawatt Jahreskapazität errichten, erklärt Thomas Kiessling, der bei 3D für den China-Vertrieb zuständig ist. In den kommenden zwei bis drei Jahren sei dann der Bau einer kommerziellen Fertigung mit bis zu 300 Megawatt geplant. „Flexible, kostengünstig produzierbare Photovoltaik könnte zum grossen Trend werden“, so Kiesslings Einschätzung.

Bernhard Dimmler, Dünnschichtexperte beim schwäbischen Maschinenbauer Manz, sieht das ähnlich: „Derzeit erreichen wir auf unserer CIGS fab Produktionskosten von 0.41 Euro pro Watt. In acht Jahren sind 0.22 Euro realistisch. Aber darunter kommen wir nur, wenn wir Glas durch Laminierfolie ersetzen.“ Es sei deshalb denkbar, dass auch Manz künftig Rolle-zu-Rolle-Verfahren für CIGS-Module entwickle, erklärt Dimmler. Bis es so weit ist, müssten Forscher jedoch noch einige Vorarbeit leisten. So eigneten sich gängige Metallfolien nicht für die hohen Temperaturen bei der CIGS-Herstellung. „Die Folien müssen daher durch zusätzliche Superbarrieren geschützt werden.“ Ausserdem benötige die Cigs-Abscheidung und -Kristallisation Zeit, die bei Rolle-zu-Rolle-Verfahren knapp werde.

Forschung nimmt Perowskit ins Visier
Auch in den Solarlaboren hat ein Umdenken eingesetzt. Da sich die Siliziumphotovoltaik allmählich ihren Grenzen nähert, stellen sich die Wissenschaftler neue Fragen: Wie können die Solarstromkosten konsequent weiter gesenkt werden? Gibt es Alternativen zum Silizium? Offensichtlich haben die Wissenschaftler bereits einen viel versprechenden Kandidaten ins Auge gefasst: Perowskit. Das Mineral verspricht, gleichzeitig effizient und preiswert zu sein. Beides lässt sich bisher nicht miteinander vereinbaren: Siliziumzellen sind leistungsstark, aber recht teuer. Organische Zellen wiederum können einfach auf Folie gedruckt werden, liegen derzeit aber erst bei zwölf Prozent Wirkungsgrad.

Perowskite könnten das Problem lösen. Gleich mehrere Forscherteams in Korea, Japan und in den USA erreichen mit Perowskitzellen jeweils einen Wirkungsgrad von annähernd 20 Prozent. Gegenüber den ersten Perowskitzellen vor fünf Jahren hat sich die Effizienz damit versechsfacht. Diese hohen Werte sind möglich, weil das Material organische und anorganische Bestandteile verbindet. Die organischen absorbieren viel Licht, die anorganischen transportieren die Ladungsträger verlustarm zu den Metallkontakten.

Wolframdiselenid und Molybdändisulfid
Perowskit ist aber nur eines von vielen interessanten Materialien für kommende Zellengenerationen. Forscher der Technischen Universität Wien haben soeben eine Zelle aus den Halbleitermaterialien Wolframdiselenid und Molybdändisulfid entwickelt, die jeweils nur aus drei Atomlagen bestehen. Beide Schichten wurden zunächst im Vakuum ausgeheizt und dann in gewöhnlicher Atmosphäre zusammengefügt, erklären die Forscher. Die Wolframdiselenid-Schicht übernimmt in dieser Zelle die Aufgabe, das Licht zu absorbieren. In der Grenzzone trennen sich die generierten Ladungsträger. Die positiv geladenen Elektronenlöcher bewegen sich im Wolframdiselenid, die negativ geladenen Elektronen wandern über die Molydänverbindung ab. Über Elektroden könnte die elektrische Energie abgegriffen werden.

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben unterdessen in Zusammenarbeit mit der Firma Evonik eine weitere Nanozelle entwickelt. Anstelle von Siliziumscheiben nutzen die Wissenschaftler Silizium in einer flüssigen chemischen Verbindung und tragen es als einen einigen hundert Meter dicken Film auf eine Glasscheibe auf. Mit 3.5 Prozent Effizienz liegt die Zelle zwar noch weit hinter konventionellen Lösungen. Doch die Jülicher Forscher glauben, dass die leicht herstellbaren Flüssigzellen noch effizienter werden können. In den Laboren läuft die Suche nach einem Ersatz für die klassischen Siliziumzellen auf Hochtouren.

©Text: Sascha Rentzing

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1 Kommentare

Aktie

Die Kostendegression in der Photovoltaik sind beeindruckend.
Bei weiter sinkenden Kosten wird die Photovoltaik in wenigen Jahren boomen, da sie eine sehr günstige dezentrale Energieversorgung bereitstellen kann.
Aus diesem Grund suche ich nach Aktienanlagemöglichkeiten bei der Perowskit-Technologie:

Eine Aktienliste dazu gibt es hier:

http://www.trendlink.com/aktien/Perowskit-Solarzellen

kennt jemand noch weitere ? Danke!

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