Überbauung Sotchà in Scuol, Auf dem mittleren Gebäude sind 130 m2 PVT-Kollektoren installiert, welche je nach Situation zur Erdsondenregeneration, als direkte Quelle der Wärmepumpe oder zur Brauchwarmwasser-Erwärmung verwendet werden. ©Bild: SPF

Jährliche Bruttowärmeerträge (gefüllte Balken) und Bruttostromerträge DC (schraffierte Balken) für verschiedene flüssiggekühlte PVT-Kollektortypen bezogen auf die Kollektorbruttofläche. Ausführliche Erklärung siehe Textende. ©Bild: SPF

Luftansicht des Reka-Feriendorfs in Blatten bei Naters. 672 m2 PVT-Kollektoren auf vier Dächern werden zur Regeneration eines Erdsondenfeldes mit 31 Sonden à 150 m verwendet. ©Bild: Schweizer Reisekasse (Reka) Genossenschaft

292 m2 nicht-abgedeckte PVT- Kollektoren erwärmen einen Grundwassertank, der als Quelle einer Wärmepumpe dient. In den 8 Monaten von April 2016 bis November 2016 generierte die Anlage 419 kWh/m2 Wärme plus 136 kWh/m2 Strom. ©Bild: ZHAW Wädenswil.

Ein Teil der mit PVT-Kollektoren belegten Mehrfamilienhäuser im Baufeld 3 des Suurstoffi Areals in Rotkreuz. 3487 m2 PVT-Kollektoren auf 10 Dächer verteilt werden zur Regeneration eines Erdsondenfeldes eingesetzt. ©Bild: Zug Estates AG

SPF: Studie zu photovoltaisch-thermischen Kollektoren

(©DZ/SPF) Im Auftrag von EnergieSchweiz hat das SPF Institut für Solartechnik der Hochschule Rapperswil einen ausführlichen Bericht zur aktuellen Marktsituation und dem Stand der Technik von photovoltaisch-thermischen Solarkollektoren verfasst. Mittlerweile existieren zahlreiche marktreife und erprobte PVT-Produkte. Rund 300 installierter Anlagen gibt es in der Schweiz.


Die Solarstrahlung, die auf eine Photovoltaikzelle trifft, wird nur teilweise in elektrischen Strom umgewandelt, während ein grosser Anteil der einfallenden Solarenergie in Wärme umgewandelt wird. PhotoVoltaisch-thermische (PVT) Solarkollektoren, manchmal auch „Hybridkollektoren“ genannt, ermöglichen die gezielte Abführung und damit die Nutzung dieser Wärme. Sie erzeugen also Solarstrom und Solarwärme auf derselben Fläche und erreichen dadurch hohe flächenspezifische Solarerträge.

Insbesondere für Regeneration von Erdreich bei Erdsonden
Die angewandte Forschung beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit verschiedenen Konzepten von PVT-Kollektoren. Auch sind bereits seit einiger Zeit PVT-Produkte am Markt erhältlich. Während regelmässig neue Produkte auf den Markt kommen, haben sich manche Hersteller auch aus dem PVT-Bereich zurückgezogen. In den letzten Jahren wiederum hat der PVT-Markt an Dynamik gewonnen. Wichtige Gründe hierfür sind bei den stark abnehmenden Preisen und der zunehmenden Verbreitung der Photovoltaik zu suchen. So sind denn auch diejenigen PVT-Produkte, die vom Aufbau her einer Erweiterung von Standard-PV-Modulen entsprechen, am Markt klar am stärksten vertreten. In der Schweiz haben PVT-Kollektoren speziell auch im Zusammenhang mit dem steigenden Bedarf für Regeneration von Erdreich als Wärmequelle für Wärmepumpensysteme an Interesse gewonnen.

Drei Kategorien
In der Marktübersicht wurden die Produkte in drei Kategorien unterteilt: PVT-Kollektoren mit flüssigem Wärmeträgermedium, unterteilt in Produkte mit und ohne konvektionshindernde transparente Abdeckung und PVT-Kollektoren mit Luft als Wärmeträgermedium (typischerweise nicht-abgedeckt). 38 der insgesamt 53 identifizierten Produkte fallen in die Kategorie der flüssiggekühlten nicht-abgedeckten Kollektoren. Diese Bauart ist klar am stärksten verbreitet und ihr entsprechen auch die Produkte der 5 Schweizer Hersteller.

Nicht-abgedeckte flüssigkeitsgekühlte Kollektoren können vor allem in Niedertemperatur-Anwendungen effizient eingesetzt werden. Deren tiefe Stagnationstemperaturen (unterhalb von 90 °C) haben den Vorteil, dass es zu keiner Dampfbildung kommt und die thermische Belastung der eingesetzten Materialien gering ist.

Jährlich rund 160 kWh/m2 elektrische Energie
Im Schweizer Mittelland liefern gut ausgerichtete nicht-abgedeckte PVT-Kollektoren rund 160 kWh/m2 elektrische Energie pro Jahr. Der thermische Ertrag hängt stark von der Anwendung ab und reicht von rund 150 kWh/m2/yr in einem konventionellen solaren Brauchwarmwassersystem über 250 kWh/m2/yr für Brauchwarmwasser-Vorwärmung zu 300-400 kWh/m2/yr in Systemen mit Wärmepumpe, wo die Solarwärme etwa zur Erdreichregeneration oder zur Temperaturanhebung von Grundwasser eingesetzt wird. Auch der Einfluss der Modulkühlung auf den elektrischen Ertrag variiert mit der Betriebstemperatur. In Niedertemperatur-Anwendungen ergeben sich rund 5 % höhere elektrische Erträge als bei äquivalenten reinen PV-Anlagen.

Abgedeckte PVT-Kollektoren mit flüssigem Wärmeträgermedium können, ähnlich wie solarthermische Flachkollektoren, effizient für Anwendungen mit höherem Temperaturniveau eingesetzt werden, typischerweise solare Brauchwarmwasser-Systeme oder Systeme mit Heizungsunterstützung. Deren höhere Stagnationationstemperaturen (im Bereich von 150 °C) erfordern jedoch den Einsatz spezieller Materialien für die Verkapselung der PV-Zellen und spezielle Klebstoffe, oder aber Überhitzungsschutzmassnahmen (zusätzliche Wärmesenken) auf Systemebene, weshalb der Einsatz dieser Produkte deutlich komplexer ist.

Luft-PVT-Kollektoren bestehen typischerweise aus einem Standard-PV-Modul und einer auf dessen Rückseite aufgebrachten Kunststoffhalbschale, zwischen welchen die zu erwärmende Luft gezielt durchgeführt werden kann. Bei den meisten Luft-PVT-Systemen handelt es sich um offene Systeme, d.h. sie saugen Umgebungsluft an, welche von den Kollektoren erwärmt und zu einer Wärmesenke geführt wird. Dem gegenüber stehen Umluftsysteme, bei denen die Luft in einem geschlossenen Kreislauf zirkuliert. Häufig wird die erwärmte Luft direkt für Niedertemperatur-Anwendungen wie z.B. Trocknung von landwirtschaftlichen Produkten oder Gebäudebelüftung(-beheizung) verwendet. Es besteht aber auch ein wachsendes Interesse an Systemen, bei welchen die Luft als Wärmequelle einer Luft/Wasser-Wärmepumpe eingesetzt wird.

Grosse Unterschiebe bezüglich Qualität und Vollständigkeit von Produktdatenblättern
Bezüglich der Qualität und Vollständigkeit von Produktdatenblättern gibt es weiterhin relativ grosse Unterschiede. Während sich etwa die elektrischen Spezifikationen der Produkte in aller Regel auf die sogenannten Standard Testing Conditions (aus IEC Norm 61215) beziehen, werden die thermischen Leistungskennwerte oft auf unterschiedliche Randbedingungen bezogen (z.B. mit oder ohne gleichzeitige Stromgenerierung). Dies erschwert teilweise den direkten Vergleich von Produkten. Der SPF Bericht bietet hier Hilfestellung, indem verschiedene gängige Definitionen von Kennwerten genauer erläutert werden. Zudem wird die Fördersituation von PVT-Kollektoren erläutert.

Schweizweit 300 Anlagen
In der Schweiz gibt es aktuell rund 300 PVT-Anlagen, fast ausschliesslich nicht-abgedeckte flüssiggekühlte Kollektoren, mit einer Gesamtfläche von rund 15‘000 m2. Die jährlich neu installierte Fläche wird in der Studie auf 3‘000 m2 geschätzt, gegenüber rund 100‘000 m2 thermischen Kollektoren und 2‘200‘000 m2 PV-Modulen. Typische Anwendungen sind Brauchwarmwassererwärmung bzw. Vorwärmung (rund 30 % der Anzahl Anlagen), Anlagen für Brauchwarmwasser und Heizungsunterstützung (~ 15 %) sowie verschiedene Kombinationen mit Wärmepumpen, wobei Erdsondenregeneration mit 30 % der Anlagen die häufigste Variante darstellt. Sieben grössere PVT-Anlagen mit Flächen zwischen 50 m2 und 3500 m2 entstanden im Rahmen von Pilot- und Demonstrationsprojekten, welche vom Bundesamt für Energie finanziell unterstützt wurden. Diese Anlagen sind mit einem detaillierten Monitoringsystem ausgestattet. Die entsprechenden Resultate und Erfahrungen wurden von unterschiedlichen Forschungsgruppen analysiert und dokumentiert. Im SPF Bericht wird jede der Anlagen kurz vorgestellt.

Neben der Befragung von PVT-Herstellern aus der Schweiz und benachbarten Europäischen Ländern, wurde im Rahmen der Studie eine detaillierte Umfrage unter Planern, Installateuren und Systemanbietern aus der Schweizer Solarbranche durchgeführt. Von rund 600 angeschriebenen Solartechnik-Firmen haben gut 20 % an der Umfrage zum Thema PVT teilgenommen. Etwa 80 % davon haben bisher keine PVT-Anlagen realisiert, ca. 20 % waren bereits an der Realisierung einer oder mehrerer Anlagen beteiligt. Die meisten Firmen sind an PVT interessiert und der Technologie gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. Herausforderungen und Verbesserungspotenzial hinsichtlich einem vermehrten Einsatz von PVT sehen die Firmen insbesondere im Bereich der Wirtschaftlichkeit, beim Knowhow, bei der Bekanntheit von PVT sowie im Produktdesign.


Erklärung Grafik und Bilder links oben

Oberste Grafik: Jährliche Bruttowärmeerträge (gefüllte Balken) und Bruttostromerträge DC (schraffierte Balken) für verschiedene flüssiggekühlte PVT-Kollektortypen bezogen auf die Kollektorbruttofläche. (Standort: Zürich, Ausrichtung: Süden, Neigung: 45°). Die Prozentzahlen beziffern den elektrischen Mehr- bzw. Minderertrag gegenüber einem durchschnittlich hinterlüfteten reinen PV-Modul.

Oberstes Foto: Überbauung Sotchà in Scuol, Auf dem mittleren Gebäude sind 130 m2 PVT-Kollektoren installiert, welche je nach Situation zur Erdsondenregeneration, als direkte Quelle der Wärmepumpe oder zur Brauchwarmwasser-Erwärmung verwendet werden. Diese Energieversorgungsanlage wird im Rahmen eines P&D-Projektes mit zwei anderen Energieversorgungsanlagen in benachbarten baugleichen Gebäuden verglichen.



©Text: Daniel Zenhäusern, SPF, Eva Augsten (freie Fachjournalistin)

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