Kommentar: Kritik an Solarstromspeicherstudie der HTW Berlin

(©RP) Kürzlich haben Forscher der HTW Berlin eine Studie mit dem Titel "Dezentrale Solarstromspeicher für die Energiewende" publiziert (siehe ee-news.ch vom 29.6.15 >>). Darin wird behauptet, PV-Speichersysteme könnten schon heute wirtschaftlich eingesetzt werden, vorausgesetzt dass die nutzbare Speicherkapazität nicht zu hoch gewählt wird. Dies ist befremdlich.


Denn aus den Daten der Forscher geht eindeutig hervorgeht, dass die Wirtschaftlichkeit eines Photovoltaik-Systems umso schlechter ausfällt, je grösser ein darin integrierter Solarstromspeicher dimensioniert wird; die beste Wirtschaftlichkeit wird ohne jeden Speicher erreicht. Daraus müsste man eigentlich unweigerlich folgern, dass das Hinzufügen eines Speichers zu einem Photovoltaik System definitiv unwirtschaftlich ist.

Nun verwenden die Autoren allerdings die Bezeichnung “PV-Speichersystem” in irreführender Weise für das PV-Gesamtsystem und nicht etwa für das Speichersystem als Zusatz zur PV-Anlage. Die genannte Aussage über die Wirtschaftlichkeit bezieht sich also auf das Gesamtsystem und ist so zu verstehen, dass ein genügend klein dimensionierter Speicher nicht ausreicht, um die (unter einigermassen günstigen Bedingungen erzielte) Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems zu ruinieren. Der Ansatz ist also eigentlich der einer Querfinanzierung des an sich unwirtschaftlichen Speichers durch finanzielle Überschüsse, die die eigentliche Photovoltaikanlage erwirtschaftet.

Der Betrachtung liegt im Übrigen auch die falsche Annahme zu Grunde, die Investitionskosten für einen Speicher seien proportional zur Speicherkapazität (nämlich 1500 Euro pro kWh). Dies ist insbesondere für sehr kleine Speicher, für die die genannte angebliche Wirtschaftlichkeit gilt, natürlich nicht der Fall; selbst wenn man die Batterien komplett aus dem System entfernen würde, würde der Rest des Speichersystems (mit zusätzlicher Steuerung für eine "netzdienliche Betriebsweise", also Elektronik und Software etc.) doch einiges kosten. Würde man dies korrekt berücksichtigen, käme man freilich auf andere Resultate.

Leider besteht durch solche Darstellungen nicht nur die Gefahr, dass Betreiber von Photovoltaikanlagen über die tatsächliche wirtschaftliche Situation getäuscht werden. Darüber hinaus wird unter anderem von Autoren der Studie auf der Basis solcher Berechnungen behauptet, der weitere Ausbau der Stromnetze insbesondere in Deutschland sei für die Energiewende nicht so wichtig, da man das Ziel (eine weitere starke Steigerung des Photovoltaik-Anteils an der Stromversorgung) mit Batteriespeichern besser erreichen könne. Wenn auf diese Weise ein Konsens für den Ausbau der Stromnetze erschwert wird, gleichzeitig die Speicher aus Kostengründen aber niemals das Erreichen des genannten Ziels ermöglichen können, ist das erste Opfer die Zukunft der Photovoltaik, das zweite die Windenergie und das dritte die Energiewende insgesamt.

©Kommentar: Rüdiger Paschotta, Autor des RP-Energie-Lexikons

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1 Kommentare

Geronimo Fuller

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Argumentation des Kommentators zur Nichtlinearität der Speicherkosten im Wesentlichen nur bei AC-gekoppelten Speichern gilt. An einem geeigneten Wechselrichter angeschlossene DC-Speichersysteme skalieren relativ linear.

Im übrigen hatte doch schon vor längerer Zeit eine Studie des BSWs zu Speichersystemen ergeben, dass die beste Wirtschaftlichkeit von elektrochemischen Stromspeichnern bei der Platzierung im Verteilnetz gegeben ist. Dort können sie zusätzlich helfen, ansonsten notwendigen Netzausbau zu verhindern oder zumindest zeitlich in die Zukunft zu verschieben und so zusätzliche Einspareffekte zu erzielen. Eine Funktion, die lokale Speicher im Haus hinter dem Stromzähler wegen der anderen Betriebsweise so nicht ohne weiteres erfüllen können.

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