Nationalrat Roger Nordmann (Präsident Swissolar), Patrick Hofstetter (WWF Schweiz) und Kaspar Schuler (Greenpeace Schweiz) vor dem Plakat, das einen Kohle-Bahnwagen symbolisiert. ©Bild: T. Rütti

Petition eingereicht: Abgabe für Dreckstrom gefordert

(©TR) Pro Solar, WWF Schweiz und Greenpeace fordern eine Dreckstrom-Abgabe. Im Hinblick auf eine Strommarktliberalisierung sowie die bevorstehenden parlamentarischen Debatten zur Energiestrategie reichten diese drei Organisationen der Bundeskanzlei eine entsprechende Petition mit über 30‘000 Unterschriften ein.

Die am 29. September 2014 der Bundeskanzlei in Bern eingereichte Petition «Kein Dreckstrom aus der Dose!» setzt nach Meinung von Pro Solar, WWF Schweiz und Greenpeace Schweiz ein ganz klares Signal: Die Bevölkerung favorisiert eine konsequente Umstellung der Stromversorgung aus fossilen Energiequelle und Atomkraftwerken zugunsten von Strom aus erneuerbaren Energien.

Der Petitionstext im Wortlaut
«Dreckstrom aus Kohle, Gas und Uran droht die Schweiz zu überschwemmen. Dreckstrom macht die Energiewende kaputt – und er schadet Mensch und Umwelt. Darum fordern wir Unterzeichnenden, dass die Schweiz eine Dreckstrom-Abgabe einführt. Wir wollen sauberen Schweizer Strom. Mit einer Dreckstrom-Abgabe gilt das Verursacherprinzip. Und Strom aus Sonne, Wind oder Wasser bekommt eine faire Chance.» Zur Übergabe der seit Mitte Juni, zum Teil auch übers Internet gesammelten 30‘000 Unterschriften posierten Nationalrat Roger Nordmann (Präsident Swissolar), Patrick Hofstetter (Leiter Klima & Energie WWF Schweiz) und Kaspar Schuler (Greenpeace Schweiz, Leiter Büro Genf) vor einem Plakat, das den Kern der Petition symbolisieren sollte: Ein mit Kohle gefüllter Bahnwagen, stellvertretend für die ca. 100 Wagenladungen, die Tag für Tag in Rauch aufgehen. 

Der Ausstoss von 16'000 t CO2, Tag für Tag 
Laut Pro Solar, WWF Schweiz und Greenpeace Schweiz wollen die über 30‘000 Unterzeichner indirekt auch verhindern, dass in typischen Steinkohlekraftwerk weiterhin Unmengen an Kohle verfeuert werden. Gewusst, dass dies täglich durchschnittlich 16‘000 t CO2 ausstossen? Eindrücklich belegen dies zwei authentischen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen/Deutschland:

  • Das Steinkohlekraftwerk Heyden hat einen Tagesverbrauch von 132 Waggons zu je 60 Tonnen Kohle. Täglicher CO2-Ausstoss: 21‘000 Tonnen. Der Jahresausstoss entspricht ca. 18 Prozent der Schweizer CO2-Emmissionen.
  • Das zweitgrösstes Braunkohlekraftwerk der Welt, das Braunkohlekraftwerk Neurath, hat eines Tagesverbrauch von ca. 100‘000 Tonnen – fast 1000 Waggons! – und kommt auf einen jährlichen CO2-Ausstoss von 31 Mio. Tonnen. Zum Vergleich: die Schweiz kommt gesamthaft auf 42 Mio. Tonnen.

Die Energiewende ist bedroht
Laut Pro Solar, WWF Schweiz und Greenpeace Schweiz ist die Energiewende bedroht. Wieso dem so ist, erörterte SP-Nationalrat Roger Nordmann gegenüber den Medien: «Bereits heute fliesst aus Schweizer Steckdosen zu mehr als 50 Prozent Strom aus Kohle-, Atom- oder Gaskraftwerken. Mit der geplanten vollständigen Öffnung des Strommarkts droht dieser Anteil durch Importe weiter zu wachsen. Denn insbesondere in Deutschland produzieren die Kohlekraftwerke Dreckstrom, der zu Dumpingpriesen angeboten wird. Solche Dreckstrom-Importe gefährden die einheimische Wasserkraft und behindern den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien sowie als Folge davon den raschen Ausstieg der Schweiz aus der Atomenergie», so der Swissolar-Präsident. Dies seien die Überlegungen, die zur Lancierung einer Petition bezüglich einer Abgabe auf Strom aus Uran, Kohle und Gas geführt hätten. «Wasserkraft und Photovoltaik sind zuverlässige Standbeine der zukünftigen Stromproduktion – neben Windenergie, Geothermie und Biomasse. Dreckstrom, egal ob er importiert wird oder aus eigenen Kraftwerken stammt, hat hier keinen Platz», so Nationalrat Nordmann.

Dreckstrom-Schlupfloch
mit Abgaben stopfen
Ein Ziel der Energiewende ist bekanntlich die Umstellung auf 100 Prozent einheimische erneuerbare Energie. Diese Umstellung gelingt aber nie und nimmer, wenn die Schweiz von billigem Dreckstrom überschwemmt wird, wie gegenüber den Journalisten betont wurde. Das verzerre nicht nur den Markt, es komme die Gemeinschaft am Ende auch teuer zu stehen. Unisono stellten sich Nordmann, Hofstetter und Schuler hinter eine Aussage, wonach Umwelt und Allgemeinheit die Leittragenden seien, die für die ungedeckten Kosten der Dreckstrom-Produktion bezahlen müssten. Das sei ungerecht, denn die Zeche soll derjenige bezahlen, der sie verursacht habe.

Schweizerinnen und Schweizer wollen keinen Dreckstrom mehr

Patrick Hofstetter von WWF Schweiz konstatierte nicht ohne Stolz: «Die erfolgreiche Unterschriftensammlung hat unmissverständlich vor Augen geführt, dass die Schweizerinnen und Schweizer keinen Dreckstrom mehr wollen, der auf Kosten von Umwelt und Allgemeinheit produziert wird.» Eine Dreckstrom-Abgabe sei eine wirksame Gegenmassnahme. Kaspar Schuler von Greenpeace Schweiz warnte seinerseits vor den Folgen des billigen Dreckstroms: «Die Energiewende wird auf dem Strommarkt verzerrt, solange billiger Dreckstrom importiert oder als Atomkraft hier erzeugt wird. Das ‹Dreckstrom-Schlupfloch› kann mit einer gezielten Abgabe marktkonform, clever und schnell gestopft werden.»

Nationalrat debatiert in der Wintersession
Pro Solar (eine Initiative von Swissolar) will sich erklärtermassen weiterhin für die vollständige Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien stark machen. Die nächste Hürde steht schon kurz bevor: Der Nationalrat behandelt die Energiestrategie noch in dieser Wintersession. Ein wichtiges Thema ist, wie sich Investitionssicherheit für die rund 30‘000 Photovoltaik-Projekte auf der KEV-Warteliste schaffen lässt. Anschliessend geht die Vorlage in den Ständerat. Für 2016 ist mit einer Volksabstimmung zu rechnen.

Nicht mehr und nicht weniger als ein PR-Gag

Ein Fake ist ein am Montag aufgetauchter Twitter-Account, der wie eine echte «Weltwoche»-Titelseite aussieht. Doch die Story «Energiekonzerne planen heimisches Kohlekraftwerk» ist offensichtlich ein fingierter PR-Gag. 

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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